Zivilrechtliche Nebengebiete
Erbrecht
Gewillkürte Erbfolge
Höchstpersönlichkeit – Materielle Höchstpersönlichkeit, § 2065 Abs. 1 BGB (Fall 1)
Höchstpersönlichkeit – Materielle Höchstpersönlichkeit, § 2065 Abs. 1 BGB (Fall 1)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die schwerreiche Katzenliebhaberin E setzt ihre Tochter T als Erbin unter der Bedingung ein, dass T ihren Job aufgibt und sich nach dem Erbfall in Vollzeit um die 12 Katzen der E kümmert. Außerdem bestimmt E, dass der örtliche Katzenschutzverein der Nachfolge der E nochmal zustimmen soll, um das Wohl der Katzen zu gewährleisten.
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Einordnung des Falls
Höchstpersönlichkeit – Materielle Höchstpersönlichkeit, § 2065 Abs. 1 BGB (Fall 1)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. E ist testierfähig.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Testament ist nach § 2065 Abs. 1 BGB nichtig, weil die Gültigkeit der Verfügung vom Einhalten der Bedingung durch T abhängt.
Nein!
3. Das Testament ist nach § 2065 Abs. 1 BGB nichtig, weil die Gültigkeit der Verfügung von der Zustimmung des Katzenschutzvereins abhängt.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Helena
6.2.2022, 19:37:00
Wäre dieses
Testamentnicht zusätzlich auch gemäß §138 nichtig? Es erscheint mir sittenwidrig, von jemanden zu verlangen, seinen Job aufzugeben für eine Erbschaft.
Victor
6.2.2022, 21:51:31
Sehe ich nicht so. Sie macht ja auch ein berechtigtes Interesse an der Jobaufgabe geltend, damit gerade die Katzen voll versorgt werden können. Zudem muss die T ja nicht erben, wenn sie nicht möchte. Die Testierfreiheit geht grds. ziemlich weit.
Lukas_Mengestu
8.2.2022, 11:55:57
Hallo ihr beiden, das ist in der Tat eine spannende Frage. Wie Victor schon zurecht eingeworfen hat, hat der Erblasser grundsätzlich eine sehr weitgehende Testierfreiheit, weswegen man mit der Annahme der Sittenwidrigkeit recht vorsichtig agieren muss - insbesondere vor dem Hintergrund des sehr schwammigen Maßstabes. Im Hinblick auf dieses restriktive Verständnis könnte man hier guten Gewissens die Sittenwidrigkeit ablehnen. Dass die Gerichte hier teilweise großzügiger im Hinblick auf die Handlungsfreiheit der potentiellen Erben agieren, zeigt ein Fall, der dem OLG Frankfurt (Beschl. v. 5.2.2019, 20 W 98/17) zur Entscheidung vorlag. Der Erblasser hatte hier seine Enkel unter der Bedingung als Erben eingesetzt, dass sie ihn jedenfalls 6x im Jahr besuchen sollten. Während dies vom Ausgangsgericht noch unbeanstandet gelassen worden war, sah das OLG hier eine unzulässige Druckausübung. Diese Auffassung wurde im Schrifttum zwar nicht überall geteilt (vgl. Armbrüster, in: MüKO-BGB, 9.A. 2021, § 138 RdNr. 110), zeigt aber, dass man in diesen Konstellationen recht großen argumentativen Freiraum hat. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team