Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2021
Schadensersatzanspruch nach Weiterverkauf eines vom sogenannten Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs
Schadensersatzanspruch nach Weiterverkauf eines vom sogenannten Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft 2014 bei H einen VW Golf für 20.000 €. 2015 erfährt K, dass der Golf vom „Dieselskandal“ betroffen ist, und verklagt VW auf Erstattung des Kaufpreises. Noch im Prozess verkauft K den Golf für angemessene 5.000 € an D. Zu diesem Zeitpunkt hat er aus dem Golf Nutzungen im Wert von 10.000 € gezogen.
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Einordnung des Falls
Schadensersatzanspruch nach Weiterverkauf eines vom sogenannten Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K kann von VW dem Grunde nach Ersatz für den gezahlten Kaufpreis verlangen, obwohl er das Fahrzeug bei H gekauft hat (§ 826 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. VW muss den Kaufpreis grundsätzlich nur Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des betroffenen Fahrzeugs erstatten.
Genau, so ist das!
3. K muss sich auf seinen Schadensersatzanspruch außerdem gezogene Nutzungen anrechnen lassen.
Ja, in der Tat!
4. Dass K das Fahrzeug nun an einen Dritten verkauft hat, lässt seinen Schaden insgesamt entfallen.
Nein!
5. Der Weiterverkauf an D führt aber dazu, dass nun die gesamte Differenz zwischen ursprünglichem Kaufpreis und Weiterverkaufspreis als anzurechnender Nutzungsvorteil gilt.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. Zusätzlich zu den gezogenen Nutzungen ist zumindest der Weiterverkaufserlös auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen.
Ja, in der Tat!
7. K kann von VW Zahlung von 5.000 € gemäß § 826 BGB verlangen.
Ja!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Ella
15.10.2021, 09:55:30
Folgt die Leistung Zug um Zug beim Anspruch des K aus
826aus der
Saldotheorie(gleichartige Ansprüche des K und von VW werden saldiert)?
Lukas_Mengestu
15.10.2021, 10:09:16
Hallo Ella, vielen Dank für Deine Frage und herzlich willkommen bei Jurafuchs! Bei der
Saldotheoriehandelt es sich um einen Lösungsansatz für die
Rückabwicklung nichtiger Verträgeim
Bereicherungsrecht. Es geht dabei insbesondere um die Frage, wie man mit dem Einwand der
Entreicherung(
§ 818 Abs. 3 BGB) umgeht, damit sich eine Partei nicht unbilligerweise darauf berufen kann, dass der
Leistungsgegenstanduntergegangen ist (zB die Kaufsache), aber trotzdem ihrerseits die eigene Leistung zurückverlangt (zB Kaufpreis). Die
Saldotheoriehat im vorliegenden Kontext allerdings keine Bedeutung. Die Zug-um-Zug Leistung entspringt vielmehr dem Gedanken des "Bereicherungsverbotes" im
Schadensrecht. Zwar soll der Geschädigte vollumfänglich für seinen Schaden kompensiert werden (Grundsatz der "Totalreparation"). Anders als zB im US-amerikanischen Recht soll der Geschädigte aber auch keinen Vorteil aus seiner Schädigung erlangen. Will er im Rahmen des Schadenserstzes nach
§ 826 BGBalso seinen Kaufpreis zurückhaben, so muss er seinerseits auch das Auto zurückgeben. Andererseits stünde er ja besser, als vor dem schädigenden Ereignis. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
jonas0108
21.8.2024, 14:10:20
Hallo, Der Schadensersatz kann doch nur Zug um Zug gegen
Rückübereignungdes Fahrzeugs verlangt werden, oder? Aber K hat das Fahrzeug ja bereits an D weiterverkauft und kann es daher gar nicht an VW zurückgeben. Wie wirkt sich das auf die Falllösung aus? Würde man dann sagen Anspruch besteht aber wegen
Verurteilung Zug um Zugnicht durchsetzbar? Vielen Dank für Eure Antwort im Voraus :)
Rechtsanwalt B. Trüger
10.10.2024, 13:04:41
Hi Jonas, Hier hat der ursprüngliche Käufer des VW den Wagen ja bereits verkauft und dafür 5.000 € erhalten (angemessen/Wert des VW). Das muss er sich ja gegen VW anrechnen lassen, weshalb VW (nach Abzug der 5.000 € und 10.000 € an gezogenen Nutzungen) nur noch 5.000 € zahlen musste. Hätte er den Wagen nicht weiterverkauft, hätte VW ihm ja 10.000 € zahlen müssen. D.h. Hier spart sich VW 5.000 € kriegt den Wagen aber nicht mehr Im anderen Fall hätten sie den Wagen zurückbekommen, müssten aber dafür 10.000 € zahlen. Die „Rückabwicklung“ Zug-um-Zug ist hier ja schlichtweg nicht mehr möglich, weshalb nur noch die Variante mit den 5.000 € bleibt Der gezielte Markterlös (5.000 €) tritt anstelle der herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs. Der BGH schreibt dazu: Verlangt der geschädigte Fahrzeugkäufer in einem sog. Dieselfall vom Fahr- zeughersteller Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises und hat er im Wege der Vorteilsausgleichung das erworbene Fahrzeug Zug um Zug an den Fahrzeughersteller herauszugeben und zu übereignen, tritt im Fall des Wei- terverkaufs im Rahmen der Vorteilsausgleichung der erzielte marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs.
jonas0108
10.10.2024, 20:18:14
Vielen Dank!