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Daimler-Thermofenster (BGH, Beschl. v. 19.01.2021 – VI ZR 433/19)
Daimler-Thermofenster (BGH, Beschl. v. 19.01.2021 – VI ZR 433/19)
29. Mai 2025
8 Kommentare
4,6 ★ (17.539 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft 2012 bei der Daimler AG (D) einen Mercedes-Benz mit Dieselmotor für €32.000. Das Auto unterliegt keinem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Die Abgasreinigung erfolgt über die Abgasrückführung. Dabei wird ein Teil der Abgase wieder der Verbrennung im Motor zugeführt. Hierdurch verringern sich die Stickoxidemissionen. Die Abgasrückführung wird bei kühleren Temperaturen reduziert, möglicherweise ab bestimmten Temperaturen sogar ganz abgeschaltet ("Thermofenster"). Diese Abschaltung kann zu einem erheblichen Anstieg der Stickoxidemissionen führen. K wertet dies als unzulässig.
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Einordnung des Falls
Daimler-Thermofenster (BGH, Beschl. v. 19.01.2021 – VI ZR 433/19)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat gegen D einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, wenn er von D vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurde.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Gegenstand der Sittenwidrigkeit bei § 826 BGB ist derselbe wie bei § 138 Abs. 1 BGB.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. D handelte schon deshalb sittenwidrig, weil sie das Thermofenster eingebaut hat.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Sofern D wusste, dass das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung ist und dies in Kauf nahm, kann darin grundsätzlich eine besondere Verwerflichkeit liegen.
Ja!
5. Die Entscheidung widerspricht der vorherigen BGH-Entscheidung zu VW, in der die Sittenwidrigkeit aufgrund einer Abschaltvorrichtung bejaht wurde (VI ZR 252/19).
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
lonin
13.5.2021, 13:09:39
Wahhhhhnsinn was deutsche Ingenieurskunst alles zu leisten Vermag <3
Philipp Paasch
19.6.2022, 21:53:58
Thermofenster hätten wir damals auch gebraucht.^^
Maxi97
8.4.2022, 02:36:12
Kurze Frage zu §
31 BGB. Ich hatte es immer so gelernt, dass
31 BGBimmer nur direkt für den Verein gilt, nicht auch für GmbH und AG (nur analog). Der Wortlaut ist doch ganz klar, unabhängig von der Gemeinsamkeit der körperschaftlichen Strukturierung.

Lukas_Mengestu
8.4.2022, 08:23:21
Hallo Maxi97, vielen Dank für den Hinweis! In der Tat spricht
§ 31 BGBnur von Vereinen, weswegen hier nur eine analoge Anwendung in Betracht kommt (vgl. Leuschner, in: MüKo-BGB, 9.A. 2021, § 31 RdNr. 3 f.). Wir haben das entsprechend präzisiert! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Philipp Paasch
19.6.2022, 22:00:03
Es ist m.E. wenn überhaupt umstritten, ob
§ 31 BGB analogangewendet werden muss (laut der Quelle wohl schon). Der Verein ist das Grundkonstrukt aller nicht-natürlichen Personen (mit natürlich unzähligen Ausnahmen). Eine GmbH oder eine AG sind daher lediglich privatwirtschaftliche Vereine (Nachweise bei Prof. Dr. Georg Borges). Auch bspw. ein Staatenbund wird als völkerrechtlich Verein bezeichnet (Nachweise bei Prof. Dr. Thomas Giegerich LL.M.) Mir dünkt daher, dass Eure vorherige Fassung, trotz des sehr guten Einwands des Kollegen @Maxi97, nicht falsch war.
Isa20
28.9.2024, 17:19:59
Ihr schreibt im Sachverhalt K hatte direkt von Daimler gekauft. Dann wären aber Ansprüche aus Gewährleistungsrecht zuerst zu prüfen und Ansprüche aus Delikt ggf gesperrt (mit Ausnahme des 826 natürlich). Das wird aber in der Lösung gar nicht angesprochen. 826 wurde in den Entscheidungen ja nur deswegen relevant weil meist kein direkter Vertrag mit dem Hersteller vorlag…