Nichtigkeit bei nachträglicher Ohne-Rechnung-Abrede (§ 134 BGB)


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B hat seine Glastür zerbrochen und beauftragt U für die Reparatur. Nach Vertragsschluss schlägt U dem B vor, "Ohne-Rechnung" zu arbeiten. B freut sich über den günstigeren Preis. Nach der Abnahme stellt sich heraus, dass U die Tür nicht ordnungsgemäß repariert hat.

Einordnung des Falls

Nichtigkeit bei nachträglicher Ohne-Rechnung-Abrede (§ 134 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. U und B haben ursprünglich einen wirksamen Werkvertrag geschlossen.

Ja!

Der Vertragsschluss richtet sich nach den allgemeinen Regeln über das Zustandekommen von Verträgen (§§ 145ff. BGB). Bei dem Werkvertrag wird ein bestimmter Erfolg geschuldet (§ 631 Abs. 2 BGB). B beauftragt U für ihn die zerbrochene Glastür zu reparieren. Etwaige Wirksamkeitshindernisse waren zu diesem Zeitpunkt nicht ersichtlich.

2. Die „Ohne-Rechnung-Abrede“ von U und B verstößt gegen § 134 BGB iVm § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG.

Genau, so ist das!

Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG leistet Schwarzarbeit, wer Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei die steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Werkleistungen werden ohne Rechnung erbracht, um den entsprechenden Umsatz den Steuerbehörden zu verheimlichen. Ein beidseitiger Verstoß liegt vor, wenn der Unternehmer vorsätzlich gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstößt und der Besteller den Verstoß kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Ein solcher Verstoß führt zur Nichtigkeit (BGH NJW 2013, 3167 RdNr. 13). U hat B die „Ohne-Rechnung-Abrede“ vorgeschlagen und B nutzte den Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG bewusst aus, um Geld zu sparen.

3. Nur die nachträgliche „Ohne-Rechnung-Abrede“ verstößt gegen ein Verbotsgesetz und ist nichtig. Der Vertrag bleibt in seiner ursprünglichen Form wirksam.

Nein, das trifft nicht zu!

BGH Die Nichtigkeit einer nachträglichen „Ohne-Rechnung-Abrede“ erfasse den gesamten Vertrag, weil die Parteien an dem ursprünglichen Vertrag - so wie er geschlossen wurde - nicht mehr festhalten wollen. Die Parteien verstoßen bewusst gegen das Verbotsgesetz (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG). Telos des SchwarzArbG sei es, Schwarzarbeit zu verhindern. Dies sei nur effektiv möglich, wenn auch nachträgliche "Ohne-Rechnung-Abreden" zur Nichtigkeit des Vertrages führen (RdNr. 11).

4. Stehen B Gewährleistungsansprüche zu?

Nein!

Der Werkvertrag ist wegen des beiderseitigen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG) nichtig. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es, die Schwarzarbeit tatsächlich zu verhindern, sodass die Rechtsprechung bei Verstößen gegen das SchwarzArbG besonders streng ist.

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AM

Amo

16.1.2023, 15:16:07

Ein Werkvertrag kann doch nicht ursprünglich geschlossen worden sein, wenn §134 BGB eingreift. Das ist doch eine rechtshindernde Einwendungen?

CAN

cann1311

16.1.2023, 15:29:59

Vertragsschluss war normal, danach wurde erst die Abrede getroffen, welche nach 134 unwirksam ist. Und dann kommt 139 weil man denkt "ok ohne diesen Wunsch wäre der Vertrag nicht zustande gekommen" und wird im Nachhinein nichtig

AM

Amo

16.1.2023, 16:07:19

Ok stimmt, da steht ja nach Vertragsschluss 👍🏼


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