Zivilrecht

Werkrecht

Zustandekommen und Beendigung

2. Kündigung durch den Besteller, § 648 S. 1 BGB

2. Kündigung durch den Besteller, § 648 S. 1 BGB

12. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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B ist Innenarchitekt. In seiner schicken Küche lässt er sich von dem Fliesenleger U bunte Fliesen verlegen. Nachdem U fertig ist, gefallen B die Farben doch nicht mehr. B erklärt die Kündigung.

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Einordnung des Falls

2. Kündigung durch den Besteller, § 648 S. 1 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Besteller kann den Werkvertrag vor Vollendung jederzeit ohne besondere Gründe kündigen (§ 648 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Grundsätzlich kann eine Vertragspartei jede Art von Vertrag kündigen, wenn ein Rücktrittsgrund vorliegt (§ 346 Abs. 1 BGB). Das ist beispielsweise bei einem vereinbarten Rücktrittsrecht oder bei nicht vertragsgemäßer Leistung der Fall (§ 323 Abs. 1 BGB). Der Besteller eines Werkvertrags kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit kündigen (§ 648 Abs. 1 BGB). Die Kündigung wirkt dabei ex nunc, also für die Zukunft.
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2. Trotz Kündigung bleibt der Vergütungsanspruch des Werkunternehmers bestehen.

Ja!

Wenn der Besteller kündigt bleibt Vergütungsanspruch des Unternehmers bestehen (§ 648 S. 2 BGB). Er muss sich jedoch das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ 648 S. 2 BGB).Damit unterscheidet sich die Kündigung im Werkvertragsrecht grundlegend von der im Dienstvertragsrecht (§ 627 BGB), bei der ein Vergütungsanspruch entfällt.

3. B hat wirksam gekündigt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine wirksame Kündigung setzt voraus, dass der Besteller vor Vollendung des Werks die Kündigung erklärt (§ 648 S. 1 BGB).B ist Besteller des Werkvertrags. Er hat die Kündigung gegenüber U erklärt. U ist bereits fertig mit dem Verlegen der Fliesen. Das Werk ist daher vollendet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IUS

iustus

31.5.2021, 21:31:30

Ist „Vollendung“ iSv

tat

sächliche Fertigstellung zu begreifen ohne Abnahme oder bedarf es auch noch die Abnahme? Weil es gibt ja auch noch die Abnahme durch Vollendung.

Tigerwitsch

Tigerwitsch

1.6.2021, 13:10:54

Ob eine Vollendung des Werkes vorliegt, die das freie Kündigungsrecht des Bestellers ausschließt, ist nach den für § 646 BGB geltenden Kriterien zu beurteilen (vgl. nur Busche, in: MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, § 648 Rn. 11). Danach hat das Werk im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt worden zu sein. Die Vollendung stellt einen

tat

sächlichen Vorgang dar, dh grundsätzlich sind alle geschuldeten Leistungen erbracht (Busche, aaO, § 646 Rn. 3). Das gilt selbst dann, wenn das vollendete Werk noch mit Mängeln behaftet ist (Voit, in: Hau/Poseck [Hrsg.], BeckOK BGB, 58. Edition Stand 01.05.2020, § 646 Rn. 5; Palandt/Sprau, § 646 Rn. 1 f.) Teilweise wird vertreten, dass der Besteller auch noch im Zeitraum zwischen Vollendung und (

tat

sächlicher) Abnahme kündigen kann (so Voit, aaO, § 648 Rn. 3 m.w.N.: Vollendung des Werkes sei vollständige mangelfreie Herstellung, die erst mit Abnahme erreicht sei; vgl. auch Peters, in: Staudinger [Hrsg.], BGB, Neubearbeitung 2019, § 648 Rn. 14).

Isabell

Isabell

25.3.2022, 21:58:54

Genau deswegen finde ich das "jederzeit" aus der Frage davor irreführend. Denn jederzeit heißt, dass es gerade keine zeitliche Beschränkung gibt, während es hier eben doch die Beschränkung "vor Vollendung" gibt.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

28.3.2022, 11:34:06

Hi Isabell, in der Frage am Anfang wird letztlich nur der Gesetzeswortlaut wiederholt. Auch dort findet sich die Einschränkung "vor Vollendung" auch wenn diese nicht durch besondere Formatierung von uns hervorgehoben wurde. Ist es so etwas klarer? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Isabell

Isabell

31.3.2022, 16:40:57

Unglaublich, was solche Hervorhebungen ausmachen. Dankeschön!

EVA

evanici

1.9.2023, 16:29:49

Ich tue mir ein bisschen schwer mit der Formulierung, dass eine Vertragspartei grundsätzlich jede Art von Vertrag kündigen kann, wenn ein Rücktrittsgrund vorliegt (Erklärung in einer der ersten Fragen). Ich meine, grundsätzlich geht es ja grob jeweils um die Vertragsbeendigung, aber kann man Kündigung und Rücktritt auch angesichts der Rechtsfolgen über einen Kamm scheren (ex nunc vs. ex tunc)? Könntet ihr das noch ein wenig spezifizieren?

LELEE

Leo Lee

2.9.2023, 20:09:22

Hallo evanici, beachte, dass hier zwar die Voraussetzungen, jedoch nicht die Rechtsfolgen über einen Kamm geschert werden. Denn wie bei der Kündigung wirkt auch der Rücktritt ex nunc! Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB 8. Auflage, Gaier Vor § 346 Rn. 17 und 36 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Nils

Nils

7.10.2024, 18:00:00

Ich bin auch der Meinung, dass eigentlich nur Dauerschuldverhältnisse gekündigt werden können. Das sieht auch § 314 Abs. 1 S. 1 BGB ausdrücklich vor: „Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.“

HockHex

HockHex

10.10.2024, 00:42:25

Aber ein Werkvertrag kann ja dauerschulverhältnishaften Charakter haben, bzw. wird diesen idR sogar haben (siehe das erste Beispiel mit den drei rot zu streichenden Räumen). Ansonsten gilt das von Leo Lee gesagte, das über einen Kamm scheren bezieht sich auf die Rechtsfolgen. Die Kündigung ist eben das Pendant zum Rücktritt bei Dauerschuldverhältnissen und weil ein Werkvertrag oft Elemente von beidem hat gibt es beide Möglichkeiten.


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