Ermessensnichtgebrauch (Fall 2)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Ein Gesetz sieht für einige Hunderassen (im Gesetz aufgelistet) einen Leinenzwang vor. H geht mit seinem Kampfhund, der auf der Liste steht, ohne Leine spazieren. Polizistin P denkt, dass es sich nicht um einen Kampfhund handele und dass sie deswegen nicht einschreiten dürfe.

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Einordnung des Falls

Ermessensnichtgebrauch (Fall 2)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P hätte einschreiten können, um die Einhaltung des Gesetzes sicher zustellen.

Ja, in der Tat!

Nach den landesrechtlichen Generalklauseln können die Ordnungsbehörden und die Polizei notwendige Maßnahmen ergreifen, um eine Gefahr abzuwehren, sofern keine besondere Rechtsgrundlage für die Maßnahme besteht (vgl. z.B. § 11 NPOG, Art. 11 PAG, § 3 SOG). Eine Gefahr ist eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird. Zur öffentlichen Sicherheit gehört vor allem auch die objektive Rechtsordnung. Die Polizei kann also Einschreiten, um Gesetzesverstöße zu verhindern bzw. zu unterbinden. Indem H seinen leinenpflichtigen Hund nicht anleint, verstößt er gegen das Gesetz zum Leinenzwang. Der Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung erfüllt den Tatbestand der landesrechtlichen Generalklausel zur Gefahrenabwehr. P hätte handeln dürfen.
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2. Ps Ermessensentscheidung, nicht einzuschreiten, ist gerichtlich überprüfbar.

Ja!

Entscheidungen, die auf der Grundlage von Rechtsnormen ergehen, die Ermessen der Behörde vorsehen, sind (gerichtlich) auf Ermessensfehler überprüfbar (vgl. § 114 VwGO). Der Polizei steht grundsätzlich ein Entschließungs- und Auswahlermessen zu, d.h. sie kann entscheiden ob und wie sie tätig wird. Allerdings ist die Entscheidung nur dann rechtmäßig, wenn dieses Ermessen im Einzelall fehlerfrei ausgeübt wird. Ps Entscheidung, nicht einzuschreiten, ist auf das Vorliegen von Ermessensfehlern überprüfbar.

3. P hat das bestehende Entschließungsermessen fehlerfrei ausgeübt. Es war rechtmäßig, dass sie nicht eingeschritten ist.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ermessensentscheidungen sind nur dann rechtmäßig, wenn das Ermessen „pflichtgemäß“, d.h. fehlerfrei, ausgeübt wurde. Ein Ermessensfehler in Form eines Ermessensnichtgebrauch liegt vor, wenn die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen keinen Gebrauch macht. Dies ist einerseits der Fall, wenn sie annimmt, sie sei zum Handeln verpflichtet. Andererseits liegt ein Ermessensnichtgebrauch auch dann vor, wenn die Behörde annimmt, sie dürfe nicht handeln, weil sie nicht erkennt, dass der Tatbestand einer Ermessensnorm erfüllt ist. P erkennt hier nicht, dass der Tatbestand der gefahrenabwehrrechtlichen Generalklausel erfüllt ist, da sie davon ausgeht, dass Mangels Verstoß gegen das Gesetz keine Gefahr besteht. Indem sie davon ausgeht, sie dürfe nicht einschreiten, handelt sie ermessensfehlerhaft.
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