Öffentliches Recht

Grundrechte

Freiheit des Eigentums (Art. 14 GG)

Grundverständnis: Eigentum schützt auch die Nutzbarkeit

Grundverständnis: Eigentum schützt auch die Nutzbarkeit

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Unternehmer U hat auf seinem Grundstück eine Fabrik errichtet und betreibt diese. Bürgermeister B lässt die Fabrik schließen. U sieht sich in seinem Eigentumsrecht beeinträchtigt. B meint, das Eigentum bleibe doch unangetastet, schließlich stehe die Fabrik noch.

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Einordnung des Falls

Grundverständnis: Eigentum schützt auch die Nutzbarkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Art. 14 Abs. 1 GG erfasst alle vermögenswerten Rechte, die Berechtigten von der Rechtsordnung zur privaten Nutzung und freien Verfügung zugeordnet sind.

Ja!

Das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) ist ein normgeprägtes Grundrecht, d.h., dass die Reichweite der Eigentumsfreiheit durch einfachgesetzliche Regelungen definiert wird (Inhalts- und Schrankenbestimmungen (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG)). Zudem ist die Nutzung des Eigentums sozialpflichtig (Art. 14 Abs. 2 GG). Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst damit alle vermögenswerten Rechte, die Berechtigten von der Rechtsordnung zur privaten Nutzung und freien Verfügung zugeordnet sind.
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2. Art. 14 Abs. 1 GG erfasst nur den Bestand des Eigentums, nicht auch das Recht, das Eigentum zu nutzen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erstreckt sich nicht nur auf den Bestand. Er erfasst auch das Recht, im Rahmen der Gesetze das Eigentum zu nutzen, zu verwalten und darüber zu verfügen. Der sachliche Schutzbereich des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) schützt nicht nur Eigentum und Besitz des U an dem Grundstück und der Fabrik, sondern auch deren Nutzbarkeit.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Skywalker

Skywalker

5.4.2022, 16:11:39

Das sehen die Herren Kingreen/ Poscher etwas anders: Die sagen grundsätzlich ist nur der Bestand des Eigentums geschützt. Womit sie auch etliche Erfolgsaussichten oder Gewinnchancen aus dem Schutzbereich nehmen. Nur bei Grundstückseigentum ist dagegen auch die Nutzung geschützt. Ich denke auch, dass wenn man eine Abgrezung zur Nutzung machen will der Begriff "Bestand" nicht sehr zutreffend ist. Da könnte man besser das Wort "verfügen" benutzen. Und dann muss man immer noch darauf hinweisen, dass das nur für Grundstückseigentum gilt. Das Argument dazu ist übrigens , dass sonst etliche Freiheitsbeschränkungen, bei denen bewegliche Sachen genutzt wären auch ein Eingriff ins Eigentum wären.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.4.2022, 13:13:54

Vielen Dank, Skywalker. In der Tat differenzieren diese beiden bereits im Schutzbereich im Hinblick auf die Nutzung von Grundstückseigenum (Nutzung umfasst) und Eigentum an beweglichen Sachen, Fahrniseigentum. Bei letzteren solle bereits der Schutzbereich nicht eröffnet sein (Kingreen/Poscher, Grundrechte: Staatsrecht II, 36.A. 20. A. 2020, Eigentumsgarantie, RdNr. 1044, 1045). Das Bundesverfassungsgericht selbst formuliert dagegen deutlich weiter, wenn es in ständiger Rechtsprechung davon spricht: "Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, die geschützten vermögenswerten Rechte innezuhaben, zu nutzen, zu verwalten und über sie zu verfügen" (BVerfG NJW 2006, 1191, 1192). Auch andere Autoren beziehen die Nutzungsmöglichkeit unabhängig von der Einteilung in Fahrnis-/Grundeigentum in den Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG mit ein und lösen dies dann über die Konkurrenzen (zB Hufen, Staatsrecht II, 9.A. 2021, § 38 RdNr. 17, 19). Im Ergebnis gelangt man insoweit zu ähnlichen Ergebnissen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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