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Jurafuchs

Die 20-jährige A möchte Verfassungsbeschwerde erheben. Ihr konservativer Vater meint, A sei dazu nicht alt genug.

Einordnung des Falls

Prozessfähigkeit: Grundfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Prozessfähigkeit im Zusammenhang eines Gerichtsverfahrens bedeutet die Fähigkeit, einen Prozess zu führen und Prozesshandlungen vorzunehmen.

Genau, so ist das!

Die Prozessfähigkeit beinhaltet die Fähigkeit, selbst oder durch einen selbst gewählten (bestellten) Vertreter einen gerichtlichen Prozess zu führen, also die maßgeblichen Prozesshandlungen (Klageerhebung bzw. Einlegung der Verfassungsbeschwerde, Anträge) vorzunehmen bzw. Prozesshandlungen entgegenzunehmen (z.B. gerichtliche Hinweise erhalten). Die Prozessfähigkeit wird auch Verfahrensfähigkeit genannt.

2. Enthält das BVerfGG eigene Regelungen zur Prozessfähigkeit in den Verfahren nach § 13 BVerfGG?

Nein, das trifft nicht zu!

Das BVerfGG enthält keine eigenen Regelungen zur Prozessfähigkeit der Beteiligten. Deshalb gelten im Grundsatz die Regelungen aus anderen Verfahrensordnungen für die Prozessfähigkeit (vgl. §§ 62 VwGO, 51 ZPO) im Rahmen der Verfassungsbeschwerde; sie werden im Verfassungsprozessrecht analog bzw. nach ihrem Rechtsgedanken entsprechend angewandt. Von diesem Grundsatz gibt es angesichts der Tatsache, dass die Verfassungsbeschwerde ein wichtiges Mittel zur Durchsetzung der Grundrechte ist, aber Ausnahmen. Diese werden wir Dir in den folgenden Einheiten vorstellen.

3. Ist A prozessfähig im Rahmen der Verfassungsbeschwerde?

Ja!

Das BVerfGG enthält keine eigenen Regelungen zur Prozessfähigkeit der Beteiligten. Deshalb sind im Grundsatz die Regelungen aus anderen Verfahrensordnungen (§§ 62 VwGO, 51 ZPO) entsprechend anwendbar. Danach ist insbesondere prozessfähig, wer nach dem bürgerlichen Recht geschäftsfähig ist. A ist 20 Jahre alt. Sie ist somit volljährig und damit voll geschäftsfähig (s. §§ 2, 106 BGB). An ihrer Prozessfähigkeit bestehen damit auch im Rahmen der Verfassungsbeschwerde keine Zweifel (vgl. § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

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JO

jomolino

17.12.2021, 18:23:51

Ist die Fähigkeit Prozesshandlungem vorzunehmen nicht die Postulationsfähigkeit? Das ist doch zu trennen von der Fähigkeit Bedeutung uns Tragweite des Grundrechts zu erkennen , mithin der Prozessfähigkeit?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.12.2021, 20:59:34

Hi nomamo, in der Tat ist die gängige Abgrenzung in der Literatur reichlich kryptisch: „Die Verfahrensfähigkeit (=Prozessfähigkeit) bezeichnet die Fähigkeit, Prozesshandlungen aus eigenem Recht selbst oder durch einen selbst gewählten Bevollmächtigten vor- und entgegenzunehmen.“ (Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge/Bethge, 60. EL Juli 2020, BVerfGG § 90 Rn. 169) „Von der Prozessfähigkeit (Verfahrensfähigkeit) zu unterscheiden ist die Postulationsfähigkeit. Dabei handelt es sich um die Fähigkeit, rechtserhebliche prozessuale Handlungen selbst vorzunehmen.“(Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge/Bethge, 60. EL Juli 2020, BVerfGG § 90 Rn. 175) Als Gedankenstütze kann man sich aber zur Unterscheidung merken, dass es bei der Prozessfähigkeit im Kern eigentlich um die Frage geht, ob ich eine Prozesshandlung physisch (=zB keine juristische Person, sondern nur ihr gesetzlicher Vertreter) und geistig ausführen kann (=keine Geschäftsunfähigen, beschränkt Geschäftsfähige nur soweit sie das Grundrecht ihrem Wesen nach begreifen). Dagegen geht es bei der Postulationsfähigkeit um die Frage, ob die Handlung auch rechtserheblich ist. Vereinfacht gesagt: Ich KANN die Handlung nicht nur ausführen, sie BEWIRKT auch etwas. Außer in den Fällen mit Anwaltszwang fallen Postulations- und Prozessfähigkeit immer zusammen. Beste Grüße Lukas – für das Jurafuchs-Team


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