Öffentliches Recht

Europarecht

Arbeitnehmerfreizügigkeit, Art. 45 AEUV

Grundfall: Kriterien der Arbeitnehmereigenschaft

Grundfall: Kriterien der Arbeitnehmereigenschaft

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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F ist französische Staatsbürgerin und als Food-Fotografin in Bulgarien bei der Z-Agentur tätig. Z gibt F die Einsatzzeit und den Einsatzort sowie das inhaltliche Programm vor und stellt das Equipment. Gleichwohl hat F die Möglichkeit eigene kreative Impulse zu setzen. F erhält eine monatliche Vergütung i.H.v. EUR 2000 brutto.

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Einordnung des Falls

Grundfall: Kriterien der Arbeitnehmereigenschaft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Begriff des Arbeitnehmers ist genauso auszulegen wie im nationalen Recht.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Begriff des Arbeitnehmers im Sinne von Art. 45 AEUV ist ein Begriff des Unionsrechts und wird unionsrechtsautonom und einheitlich ausgelegt. Andernfalls würde die Gewährleistung der Arbeitnehmerfreizügigkeit zur Disposition der Mitgliedstaaten stehen.
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2. Die Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 45 AEUV setzt voraus, dass F Arbeitnehmerin ist.

Ja!

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist Arbeitnehmer jeder, der während einer bestimmten Zeit weisungsgebunden Leistungen von einem wirtschaftlichen Wert für einen anderen erbringt und dafür als Gegenleistung eine Vergütung erhält.

3. F erbringt als Fotografin eine Tätigkeit für einen anderen nach dessen Weisung.

Genau, so ist das!

Ob eine Weisungsgebundenheit vorliegt, ist durch eine wertende Gesamtbetrachtung des Rechtsverhältnisses zu ermitteln. Weisungen des Arbeitgebers beziehen sich üblicherweise auf Zeit, Ort und Inhalt der konkreten Arbeitsleistung. Die Gesamtbetrachtung muss im Ergebnis zur Annahme eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses führen. Z gibt der F den Ort und die Zeit des Einsatzes vor, bestimmt das grobe inhaltliche Programm und stellt das Equipment. Die Tatsache, dass F sich trotzdem noch kreativ ausleben kann, ändert nach wertender Gesamtbetrachtung nichts an dem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis.

4. Die Arbeit der F stellt ferner eine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert dar.

Ja, in der Tat!

Der EuGH verlangt für die Arbeitnehmereigenschaft i.S.d. Art. 45 AEUV, dass es sich um eine tatsächliche Tätigkeit wirtschaftlicher Art handelt, die sich nicht als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt. Die von F erbrachte Tätigkeit als Fotografin erfolgt zum Erwerbszwecke und hat nicht nur untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung. Untergeordnet ist die Wirtschaftlichkeit der Tätigkeit beispielsweise bei einer Beschäftigung nicht zu Erwerbszwecken, sondern zu z.B Resozialisierungs-, Rehabilitations- oder therapeutische Zwecken.

5. F erhält für ihre Tätigkeit eine Vergütung als Gegenleistung.

Ja!

Die geleistete Vergütung darf nicht nur symbolischen Charakter haben, sondern muss sich als Entgelt für die vom Beschäftigten geleistete Arbeit darstellen. Es ist dabei unerheblich, ob die Vergütung in Geld und/oder Sachleistungen besteht. Die monatliche Zahlung von EUR 2000 stellt sich unproblematisch als Entgelt für die fotografische Tätigkeit der F und damit als Vergütung dar. F ist damit Arbeitnehmerin i.S.d. Art. 45 AEUV.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RAP

Raphaeljura

1.9.2023, 04:24:19

dann würden Praktikanten (ohne Vergütung) nicht darunter subsumiert?

MLENA

MLena

21.9.2024, 11:21:51

Entscheidend ist, ob der Praktikant tatsächlich Aufgaben ausführt und dabei der Weisung eines Arbeitgebers unterliegt, also in den Betrieb eingegliedert ist. Ein unbezahltes Praktikum, das inhaltlich wie eine reguläre Arbeitsleistung strukturiert ist, kann daher durchaus als Arbeitsverhältnis betrachtet werden, wenn es die Merkmale eines Arbeitnehmers erfüllt (siehe z.B. das Urteil in der Rechtssache Lawrie-Blum, EuGH 1986). Die Vergütung ist kein zwingender Bestandteil der Definition, sondern eher ein Indiz, soweit ich mich erinnere.


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