Fall: Nichtiger Arbeitsvertrag

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Z ist Zimtschnecken-Bäcker aus Schweden und in Prag für die Bäckerei B tätig. B entscheidet über Arbeitsort und -zeiten des Z, sowie über die Auswahl der Zutaten. Das Rezept konzipiert allerdings Z. Z erhält eine monatliche Vergütung. Allerdings ist der Arbeitsvertrag zwischen Z und B nichtig.

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Einordnung des Falls

Fall: Nichtiger Arbeitsvertrag

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Begriff des Arbeitnehmers ist anders auszulegen als im deutschen Arbeitsrecht.

Genau, so ist das!

Der Begriff des Arbeitnehmers im Sinne von Art. 45 AEUV ist ein Begriff des Unionsrechts und wird unionsrechtsautonom und einheitlich ausgelegt. Arbeitnehmer ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH jeder, der während einer bestimmten Zeit weisungsgebunden Leistungen von einem wirtschaftlichen Wert für einen anderen erbringt und dafür als Gegenleistung eine Vergütung erhält.
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2. Damit Z als Arbeitnehmer anzusehen ist, müsste er eine Tätigkeit für einen anderen nach dessen Weisung erbringen.

Ja, in der Tat!

Ob eine Weisungsgebundenheit vorliegt, ist durch eine wertende Gesamtbetrachtung des Rechtsverhältnisses zu ermitteln. Weisungen des Arbeitgebers beziehen sich üblicherweise auf Zeit, Ort und Inhalt der konkreten Arbeitsleistung. Die Gesamtbetrachtung muss im Ergebnis zur Annahme eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses führen. Vorliegend entscheidet B über alle wesentlichen Rahmenbedingungen der Erbringung der Arbeitsleistung. Z muss sich insofern nach B richten und ist damit weisungsgebunden. Die Tatsache, dass der Z hinsichtlich der Modalitäten der Tätigkeit gewisse Freiheiten hat, ändert nichts an der Weisungsgebundenheit der Tätigkeit.

3. Aufgrund der Nichtigkeit des Arbeitsvertrag fehlt es an der Weisungsgebundenheit des Z. Er ist daher nicht Arbeitnehmer i.S.d. Art. 45 AEUV.

Nein!

Es kommt bei der Beurteilung der Weisungsgebundenheit nicht auf die Wirksamkeit des zugrundeliegenden Vertrags an. Entscheidend ist viel mehr, dass die beschäftigte Person subjektiv den Willen hat, einer unselbstständigen Tätigkeit nachzugehen und weisungsgebunden zu handeln. Dieser subjektive Wille wird durch den objektiven Anhaltspunkt gestützt, dass die Beschäftigung in weisungsgebundener Weise bereits ausgeführt wurde. Z ist mit dem Willen tätig, seine vermeintlichen Pflichten gegenüber B zu erfüllen, und hat somit den Willen, weisungsgebunden tätig zu sein. Die bereits ausgeübte Tätigkeit des Z ist auch objektiv als weisungsgebunden einzuordnen. Auch diejenigen Beschäftigen, die ohne oder aufgrund eines fehlerhaften Arbeitsvertrags tätig werden, sind vom Schutzbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit umfasst.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BL

Blotgrim

26.6.2023, 23:12:03

Ich habe etwas Bauchschmerzen mit dem Ergebnis. Dehnt es den Schutzbereich nicht etwas sehr aus, wenn sich auch Menschen auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen können, die keinen gültigen Arbeitsvertrag haben?

BL

Blotgrim

26.6.2023, 23:12:33

Oder wird das anderweitig berücksichtigt/eingefangen?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

27.6.2023, 11:02:04

Hallo Blotgrim, danke für deine Anmerkungen. Um eine effektive Gewährleistung der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu ermöglichen, muss man bereits vorher ansetzen. Geschützt wird daher nicht nur die Beschäftigung, sondern vielmehr wird er freie Zugang zu einer Beschäftigung geschützt. Dies umfasst die Suche nach einem Job, die Bewerbung, die Anreise zu einem Bewerbungsgespräch, der Aufenthalt in der Zeit und so weiter. Ohne das wäre der Gewährleistungsgehalt wesentlich eingeschränkt. Es ist bekanntermaßen schwierig aus dem Ausland einen Job zu finden und Bewerbungsgespräche finden oft in Persona statt. Auch nach Beendigung der Beschäftigung wirkt der Schutz der Arbeitnehmerfreizügigkeit fort. Da sich mit einem Beschäftigungsverhältnis oftmals auch der soziale Lebensmittelpunkt verschiebt. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit schützt auch den Verbleib nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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