Zivilrechtliche Nebengebiete
Internationales Privatrecht
Besonderer Teil - Rom II-VO
Rechtswahl bei unerlaubte Handlungen
Rechtswahl bei unerlaubte Handlungen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A und B aus Bremen machen 2023 nach ihrem Abi ein Gap Year in Australien. Noch in der ersten Woche missachtet A das Linksfahrgebot und baut mit ihrem Mietwagen einen Unfall. Beifahrerin B wird verletzt. B verklagt A in Deutschland auf Schmerzensgeld. Welches Recht ist anzuwenden?
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Rechtswahl bei unerlaubte Handlungen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist die Rom II-VO anwendbar?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ist eine der speziellen Kollisionsnorm für die unerlaubte Handlung einschlägig (Art. 5 – 9 Rom II-VO)?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Vorrangig ist nach Art. 4 Rom II-VO an den Erfolgsort (Abs. 1) anzuknüpfen, hier also Australien.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Die Rom II-VO sieht eine Gesamtverweisung vor, sodass nun das anzuwendende Recht nach dem deutschen EGBGB zu bestimmen ist.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dogu
9.5.2024, 13:03:14
Wenn ich aber ein Jahr lang in Australien verbringe, so ist mein gewöhnlicher Aufenthalt zum Zeitpunkt des Schadenseintritts doch in Australien? Die Bestimmung des gew. Aufenthaltsorts wird in der Lösung etwas übersprungen.
Paulah
16.5.2024, 20:41:40
Nein, der gewöhnliche Aufenthalt ist nicht unbedingt in Australien. Der Begriff ist auszulegen. Es kommt darauf an, wo der Lebensmittelpunkt ist. Z. B. bei Austauschstudenten oder den ganzen "Travel and Work"-Leuten ist es nicht beabsichtigt, den dauerhaften Aufenthalt in Australien zu nehmen. Die Freunde und die Familie sind noch in Deutschland, es ist beabsichtigt, nach dem Australienaufenthalt in Deutschland zu studieren oder zu arbeiten. Das sind alles Indizien für einen schlichten Aufenthalt und keinen dauerhaften. Die übliche sechs Monate k ö n n e n ein Indiz für einen gewöhnlichen Aufenthalt sein, sind aber nicht allein ausschlaggebend.
Dogu
15.8.2024, 18:16:27
Das überzeugt mich nicht. Wenn das zeitliche Moment von zukünftigen Absichten verdrängt werden könnte, würde das letztendlich bedeuten, dass ein Arbeitnehmer, der für fünf Jahre befristet in einem anderen Land arbeitet, immer noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, solange er nur plant, nach DE zurückzuk
ehren. Wir reden hier nicht von sechs Monaten, sondern von eine ganzen Jahr. Irgendwo muss man ja die Grenze ziehen und die wäre hier erreicht.
Paulah
15.8.2024, 21:19:17
Prof. Lorenz hat in seinen Vorlesungen so einen Fall anhand einer in der Vorlesung anwesenden Erasmusstudentin, die für ein Jahr nach Deutschland gekommen ist, genau so begründet wie ich oben. Es geht in dem Fall nicht nur um "irgendwann will ich wieder zurück nach Deutschland", sondern auch darum, dass Bindungen weiter aufrecht erhalten werden. Der Sachverhalt ist hier vielleicht zu dünn, die Bezeichnung des Aufenthalts als Gap Year deutet meiner Meinung nach auf den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hin. Ich denke aber, dass eine andere Lösung mit entsprechender Begründung auch vertretbar ist.