Erteilung der Prokura, § 48 Abs. 1 HGB

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Gesellschafter der XYZ-GmbH beschließen, dass dem langjährigen und vertrauenswürdigen leitenden Angestellten A Prokura erteilt werden soll. Der Geschäftsführer G erklärt gegenüber A, er erteile ihm hiermit für die XYZ-GmbH Prokura.

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Einordnung des Falls

Erteilung der Prokura, § 48 Abs. 1 HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Prokura ist eine Art der rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht.

Genau, so ist das!

Die Prokura (§§ 48ff. HGB) ist eine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht (§§ 164ff. BGB) mit gesetzlich geregeltem Umfang: Sie umfasst alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb (irgend-)eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 HGB). Sie ist weitreichend und schließt gewöhnliche und außergewöhnliche Geschäfte ein. Prokura kann nur ausdrücklich und durch einen Kaufmann erteilt werden (§ 48 Abs. 1 HGB) und bedarf der (deklaratorischen) Eintragung in das Handelsregister (§ 53 Abs. 1 HGB). Ihr Umfang ist im Außenverhältnis nicht beschränkbar (§ 50 Abs. 1 HGB).
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2. G ist befugt, A Prokura zu erteilen (§ 48 Abs. 1 HGB).

Ja, in der Tat!

Prokura kann vom Inhaber eines Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter erteilt werden. Ein Handelsgeschäft ist das Unternehmen eines Kaufmanns (§§ 1-6 HGB). Als Person des Vertretenen kommt daher nur ein Kaufmann in Betracht. Die XYZ-GmbH ist Kaufmann kraft Rechtsform (§ 6 Abs. 1 HGB, § 13 Abs. 3 GmbHG). Sie wird vertreten durch ihren Geschäftsführer G (§ 35 Abs.1 S. 1 GmbHG). G ist als gesetzlicher Vertreter der XYZ-GmbH befugt, Prokura für diese zu erteilen.

3. G hat A wirksam Prokura erteilt (§ 48 Abs. 1 HGB).

Ja!

Die Prokura wird durch einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Prokuristen (= Innenprokura, § 167 Abs. 1 Alt. 1 BGB) oder gegenüber dem Dritten, gegenüber dem die Vertretung stattfinden soll (=Außenprokura, § 167 Abs. 1 Alt. 2 BGB) erteilt. Sie kann auch durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Erteilung muss vom Inhaber des Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter ausdrücklich erklärt werden (§ 48 Abs. 1 HGB). Ausdrücklich bedeutet, der Wille, Prokura zu erteilen, muss zweifelsfrei aus der Erklärung hervorgehen. G hat gegenüber A ausdrücklich erklärt, ihm Prokura zu erteilen.

4. Die Prokura ist erst wirksam, wenn sie im Handelsregister eingetragen ist (§ 53 Abs. 1 S. 1 HGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Erteilung der Prokura, die Person des Prokuristen sowie alle sie betreffenden Besonderheiten und ihr Erlöschen sind eintragungspflichtige Tatsachen (§ 53 HGB). Die Eintragung im Handelsregister wirkt jedoch deklaratorisch und ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

/Q

/qwas

3.1.2024, 15:28:17

In der Antwort steht, dass eine Prokuraerteilung eine "einseitige, empfangsbedürftige WE" ist. Ist nicht jede WE einseitig?

Nils

Nils

30.1.2024, 04:11:03

Einseitige Rechtsgeschäfte (z.B. Anfechtung,

Auslobung

, Eigentumsaufgabe,

Testament

, Rücktritt, Kündigung, Widerruf usw.) sind solche Rechtsgeschäfte, die ihrer Art nach zur Wirksamkeit lediglich eine Willenserklärung erfordern. Mehrseitige Rechtsgeschäfte müssen für ihre Wirksamkeit dagegen immer aus mindestens zwei übereinstimmenden Willenserklärungen gebildet werden (z.B klassischer Vertrag, Beschlüsse, Ehe).

Nils

Nils

30.1.2024, 04:12:35

Einseitige Rechtsgeschäfte (z.B. Anfechtung,

Auslobung

, Eigentumsaufgabe,

Testament

, Rücktritt, Kündigung, Widerruf usw.) sind solche Rechtsgeschäfte, die ihrer Art nach zur Wirksamkeit lediglich eine Willenserklärung erfordern. Mehrseitige Rechtsgeschäfte müssen für ihre Wirksamkeit dagegen immer aus mindestens zwei übereinstimmenden Willenserklärungen gebildet werden (z.B klassischer Vertrag, Beschlüsse, Ehe).

Johannes Nebe

Johannes Nebe

2.8.2024, 15:15:20

@[/qwas](135153): Schon richtig, dass Willenserklärungen (jede für sich) einseitig sind. Für ein einseitiges Rechtsgeschäft riskiert man aber keine Missverständnisse, wenn man sagt, dass es einer einseitigen Willenserklärung bedarf (im Unterschied zu einer Willenserklärung auf beiden Seiten). Sprachlich gesehen handelt es sich aber nicht eine einseitige Empfangsbedürftigkeit (dann Adverb "einseitig"), auch nicht um die einseitige Form einer empfangsbedürftigen Willenserklärung (dann ohne Komma nach "einseitige"), sondern um eine Willenserklärung, die sowohl einseitig als auch empfangsbedürftig ist, also um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung (mit e und mit Komma).


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