+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Lernplan ZR Handels- und Gesellschaftsrecht (100%)
Lernplan Examen - alle (100%)

Die Gesellschafter der XYZ-GmbH beschließen, dass dem langjährigen und vertrauenswürdigen leitenden Angestellten A Prokura erteilt werden soll. Der Geschäftsführer G erklärt gegenüber A, er erteile ihm hiermit für die XYZ-GmbH Prokura.

Einordnung des Falls

Erteilung der Prokura, § 48 Abs. 1 HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Prokura ist eine Art der rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Genau, so ist das!

Die Prokura (§§ 48ff. HGB) ist eine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht (§§ 164ff. BGB) mit gesetzlich geregeltem Umfang: Sie umfasst alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb (irgend-)eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 HGB). Sie ist weitreichend und schließt gewöhnliche und außergewöhnliche Geschäfte ein. Prokura kann nur ausdrücklich und durch einen Kaufmann erteilt werden (§ 48 Abs. 1 HGB) und bedarf der (deklaratorischen) Eintragung in das Handelsregister (§ 53 Abs. 1 HGB). Ihr Umfang ist im Außenverhältnis nicht beschränkbar (§ 50 Abs. 1 HGB).

2. G ist befugt, A Prokura zu erteilen (§ 48 Abs. 1 HGB).

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Ja, in der Tat!

Prokura kann vom Inhaber eines Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter erteilt werden. Ein Handelsgeschäft ist das Unternehmen eines Kaufmanns (§§ 1-6 HGB). Als Person des Vertretenen kommt daher nur ein Kaufmann in Betracht. Die XYZ-GmbH ist Kaufmann kraft Rechtsform (§ 6 Abs. 1 HGB, § 13 Abs. 3 GmbHG). Sie wird vertreten durch ihren Geschäftsführer G (§ 35 Abs.1 S. 1 GmbHG). G ist als gesetzlicher Vertreter der XYZ-GmbH befugt, Prokura für diese zu erteilen.

3. G hat A wirksam Prokura erteilt (§ 48 Abs. 1 HGB).

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Ja!

Die Prokura wird durch einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Prokuristen (= Innenprokura, § 167 Abs. 1 Alt. 1 BGB) oder gegenüber dem Dritten, gegenüber dem die Vertretung stattfinden soll (=Außenprokura, § 167 Abs. 1 Alt. 2 BGB) erteilt. Sie kann auch durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Erteilung muss vom Inhaber des Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter ausdrücklich erklärt werden (§ 48 Abs. 1 HGB). Ausdrücklich bedeutet, der Wille, Prokura zu erteilen, muss zweifelsfrei aus der Erklärung hervorgehen. G hat gegenüber A ausdrücklich erklärt, ihm Prokura zu erteilen.

4. Die Prokura ist erst wirksam, wenn sie im Handelsregister eingetragen ist (§ 53 Abs. 1 S. 1 HGB).

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Erteilung der Prokura, die Person des Prokuristen sowie alle sie betreffenden Besonderheiten und ihr Erlöschen sind eintragungspflichtige Tatsachen (§ 53 HGB). Die Eintragung im Handelsregister wirkt jedoch deklaratorisch und ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung.

Jurafuchs kostenlos testen


/Q

/qwas

3.1.2024, 15:28:17

In der Antwort steht, dass eine Prokuraerteilung eine "einseitige, empfangsbedürftige WE" ist. Ist nicht jede WE einseitig?

Nils

Nils

30.1.2024, 04:11:03

Einseitige Rechtsgeschäfte (z.B. Anfechtung, Auslobung, Eigentumsaufgabe, Testament, Rücktritt, Kündigung, Widerruf usw.) sind solche Rechtsgeschäfte, die ihrer Art nach zur Wirksamkeit lediglich eine Willenserklärung erfordern. Mehrseitige Rechtsgeschäfte müssen für ihre Wirksamkeit dagegen immer aus mindestens zwei übereinstimmenden Willenserklärungen gebildet werden (z.B klassischer Vertrag, Beschlüsse, Ehe).

Nils

Nils

30.1.2024, 04:12:35

Einseitige Rechtsgeschäfte (z.B. Anfechtung, Auslobung, Eigentumsaufgabe, Testament, Rücktritt, Kündigung, Widerruf usw.) sind solche Rechtsgeschäfte, die ihrer Art nach zur Wirksamkeit lediglich eine Willenserklärung erfordern. Mehrseitige Rechtsgeschäfte müssen für ihre Wirksamkeit dagegen immer aus mindestens zwei übereinstimmenden Willenserklärungen gebildet werden (z.B klassischer Vertrag, Beschlüsse, Ehe).


© Jurafuchs 2024