Strafantrag durch Angehörige nach dem Tod des Verletzten

20. Mai 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird wegen Untreue (§ 266 StGB) verurteilt, da sie unberechtigt Geld vom Konto ihrer später verstorbenen Lebenspartnerin E abgehoben hatte, mit der sie in häuslicher Gemeinschaft lebte. Nach Es Tod hatte ihre Mutter M form- und fristgerecht Strafantrag gestellt. Andere Angehörige hatte E nicht.

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Einordnung des Falls

Strafantrag durch Angehörige nach dem Tod des Verletzten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Leben Täter und Opfer der Untreue in häuslicher Gemeinschaft, ist ein Strafantrag erforderlich (§ 266 Abs. 2 StGB).

Ja!

§ 266 Abs. 2 StGB verweist auf § 247 StGB, wonach ein Strafantrag erforderlich ist, wenn der Verletzte mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft lebt. Es handelt sich um ein absolutes Antragsdelikt, bei dem der Strafantrag nicht durch die Bejahung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ersetzt werden kann. Für die häusliche Gemeinschaft ist es gerade nicht erforderlich, dass ein Verwandtschaftsverhältnis vorlag, denn § 247 StGB erfasst gesondert Angehörige. Es kommt nur auf das tatsächliche Zusammenleben in einer Hausgemeinschaft an.Achtung: Die Terminologie bei den Antragsdelikten ist nicht einheitlich. Während der BGH (RdNr. 29) und die Praxis lediglich eine binäre Unterteilung in absolute und relative Antragsdelikte vornehmen, wird in der Literatur zum Teil zwischen absoluten, bedingten und relativen Antragsdelikten differenziert. Mehr dazu findest Du: hier.
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2. Mit dem Tod des Verletzten kann das Strafantragsrecht von ihm auf andere übergehen (§ 77 Abs. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Das Antragsrecht ist höchstpersönlich. Es erlischt grundsätzlich mit dem Tod des Verletzten, soweit es noch nicht ausgeübt ist. Nur in den Fällen, die das Gesetz bestimmt, geht es auf Angehörige über (§ 77 Abs. 2 S. 1 StGB), vorrangig auf den Ehegatten, den Lebenspartner und die Kinder, von denen dann jeder den Antrag selbstständig stellen kann (§ 77 Abs. 4 StGB). Nachrangig geht das Antragsrecht auf die Eltern, Geschwister oder Enkel des Verstorbenen über (§ 77 Abs. 2 S. 2 StGB).

3. Zur Zeit des Todes bestand eine Lebenspartnerschaft zwischen A und E. Kann in einem solchen Fall das Strafantragsrecht nur auf A übergehen?

Nein, das trifft nicht zu!

Das Strafantragsrecht geht vorrangig auf Ehegatten, Lebenspartner und Kinder über (§ 77 Abs. 2 S. 1 StGB). Hat der Verletzte weder einen Ehegatten, oder einen Lebenspartner noch Kinder hinterlassen oder sind sie vor Ablauf der Antragsfrist gestorben, so geht das Antragsrecht auf die Eltern über (§ 77 Abs. 2 S. 2 StGB). War aber ein Angehöriger an der Tat beteiligt, so scheidet er bei dem Übergang des Antragsrechts aus (§ 77 Abs. 2 S. 3 StGB). Angehörige ist auch die Lebenspartnerin (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB).Da A selbst Täterin war, scheidet sie von vorneherein als vorrangige Rechtsnachfolgerin aus.

4. M konnte vorliegend wirksamen Strafantrag wegen der zum Nachteil ihrer Tochter begangenen Untreue (§ 266 StGB) stellen.

Nein!

Gemäß § 77 Abs. 2 StGB geht das Antragsrecht auf die Angehörigen nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen über. Im Fall des § 266 Abs. 2 StGB sieht das Gesetz einen Übergang des Antragsrechtes jedoch nicht vor. Ms Strafantrag war daher unwirksam. In der Revisionsinstanz ist das Urteil aufzuheben und das Verfahren einzustellen (§ 354 Abs. 1 StPO). Fälle, in denen das Strafantragsrecht übergehen kann, finden sich etwa in § 194 Abs. 1 S. 6 StGB oder § 230 Abs. 1 S. 2 StGB. Immer im Auge haben sollte man auch das eigene Antragsrecht des Dienstvorgesetzten (§ 77a StGB)
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