Rücknahme des Strafantrags

20. Mai 2025

6 Kommentare

4,9(3.776 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird durch das Landgericht verurteilt. V hatte zunächst als Verletzter Strafantrag gestellt. Kurz danach hatte er bei der ermittelnden Polizeibeamtin angerufen und den Antrag zurückgenommen. Dies wurde in der Akte vermerkt. Nach einem Streit mit A hatte V dann erneut Strafantrag gestellt. A geht in Revision.

Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Rücknahme des Strafantrags

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist der Strafantrag einmal gestellt, kann der Verletzte ihn nicht mehr zurücknehmen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Antrag kann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens zurückgenommen werden (§ 77d Abs. 1 S. 1, 2 StGB).Die Rücknahmemöglichkeit soll dem Antragsberechtigten ein möglichst weitgehendes Verfügungsrecht in der Frage der Durchführung eines Strafverfahrens einräumen. Sie dient damit zugleich der Verfahrensvereinfachung und erleichtert den Beteiligten, außergerichtlich zu einem Ausgleich der durch die Tat beeinträchtigten Interessen zu gelangen. Wie das Strafantragsrecht geht nach dem Tod des Verletzten das Recht zur Rücknahme auf die Angehörigen über (§ 77d Abs. 2 StGB). Hier bedarf es anders als beim Strafantragsrecht aber keiner ausdrücklichen Regelung (vgl. § 77 Abs. 2 StGB).
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Rücknahme muss in derselben Form erfolgen, wie der Antrag.

Nein, das trifft nicht zu!

Da eine dem § 158 Abs. 2 StPO entsprechende Vorschrift fehlt, ist die Rücknahme formfrei, also auch mündlich möglich. Sie muss nur (1) inhaltlich zweifelsfrei erkennen lassen, dass der Antragssteller die Verfolgung nicht mehr will. Sie muss außerdem (2) der mit der Sache befassten Stelle gegenüber erklärt werden. Das ist bis zur Anklageerhebung die ermittelnde Dienststelle der Polizei oder die Staatsanwaltschaft, danach das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist. Die der nicht befassten Stelle gegenüber abgegebene Rücknahmeerklärung wird erst wirksam, sobald sie bei der zuständigen Stelle durch Weiterleitung eingegangen ist.

3. Konnte V erneut Strafantrag stellen, nachdem er den Strafantrag zuvor zurückgenommen hat.

Nein!

Ein zurückgenommener Antrag kann nicht nochmals gestellt werden (§ 77d Abs. 1 S. 3 StGB). Ausgeschlossen ist deshalb auch ein Widerruf der Zurücknahme sowie eine Anfechtung wegen Willensmängeln. Zulässig ist nur, die Rücknahmeerklärung zurückzuziehen, noch bevor sie bei der zuständigen Stelle eingeht. Der zweite Strafantrag des V ist also unwirksam.Das Revisionsgericht muss mangels wirksamen Strafantrags das Urteil aufheben und das Verfahren einstellen (§ 354 Abs. 1 StPO), soweit der Antrag nicht durch die Bejahung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ersetzt werden kann.
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FR

friedo

10.4.2024, 18:11:37

Wer trägt die Kosten, wenn der Strafantrag während des Verfahrens zurückgenommen wird?

LAT

latschbaden7069

7.7.2024, 15:07:39

Nach § 470 StPO grundsätzlich der Antragsteller.

ALE

Aleks_is_Y

12.3.2025, 16:10:39

Also besser keine Strafanträge zurückziehen, könnte teuer werden...

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

4.5.2025, 07:13:38

Interessante Aussage. Welche Motivation gibt man denn dem Antragsteller, den Antrag zurückzunehmen, wenn er dann SICHER nach 470 die Kosten tragen muss und für den Fall des Freispruchs die Staatskasse nach 467 trägt, er also bei AntragsNICHTrücknahme überhaupt kein Risiko eingeht? Rücknahme=Kostentragung sicher, Nichtrücknahme=Kosten Verklagter oder Staatskasse. Wird der Antragsteller, der meist keinen Anwalt hat, von Polizei und StA über die Kostentragungspflicht eigentlich belehrt?

LAT

latschbaden7069

4.5.2025, 11:16:29

@[Peter360](300539) Ich denke § 470 StPO ist grundsätzlich für

absolute Antragsdelikte

gedacht. Du hast natürlich recht, wenn du sagst, der Antragsteller stünde aus Kostensicht besser dar, wenn er den Antrag einfach nicht zurücknehmen würde. Es geht hier jedoch um die Fälle, in denen der Antragsteller den Antrag, aus welchen persönlichen Gründen auch immer, während des Verfahrens zurücknimmt und das Verfahren wegen des fehlenden Antrags einzustellen wäre (Prozesshindernis da

absolutes Antragsdelikt

). Die Motivation des Antragstellers wäre daher genau, die Einstellung des Verfahren zu erwirken, indem er seinen Antrag zurücknimmt. Die persönlichen Gründe, die dahinter stehen, sind natürlich vielschichtig. Denkt man z.B. an den Haus- und Familiendiebstahl nach

§ 247 StGB

, so wäre es beispielsweise denkbar, dass sich Antragsteller und Be

schuld

igter zwischenzeitlich ausgesöhnt haben. Kurz: § 470 StPO regelt eigentlich die Fälle, in denen den Antragsteller die finanziellen Folgen der Rücknahme egal sind, weil er aus der Motivation heraus handelt, das Verfahren sicher zur Einstellung zu bringen. Da ohne seine Antragstellung das Verfahren gar nicht erst fortgeführt wäre, hat er die Kosten zu tragen.

MO

Moritz94

28.4.2025, 21:59:37

Bitte bei der letzten Frage dieser Aufgabe den Punkt durch ein Fragezeichen ersetzen.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle