+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird durch das Landgericht verurteilt. V hatte zunächst als Verletzter Strafantrag gestellt. Kurz danach hatte er bei der ermittelnden Polizeibeamtin angerufen und den Antrag zurückgenommen. Dies wurde in der Akte vermerkt. Nach einem Streit mit A hatte V dann erneut Strafantrag gestellt. A geht in Revision.

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Einordnung des Falls

Rücknahme des Strafantrags

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist der Strafantrag einmal gestellt, kann der Verletzte ihn nicht mehr zurücknehmen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Antrag kann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens zurückgenommen werden (§ 77d Abs. 1 S. 1, 2 StGB).Die Rücknahmemöglichkeit soll dem Antragsberechtigten ein möglichst weitgehendes Verfügungsrecht in der Frage der Durchführung eines Strafverfahrens einräumen. Sie dient damit zugleich der Verfahrensvereinfachung und erleichtert den Beteiligten, außergerichtlich zu einem Ausgleich der durch die Tat beeinträchtigten Interessen zu gelangen. Wie das Strafantragsrecht geht nach dem Tod des Verletzten das Recht zur Rücknahme auf die Angehörigen über (§ 77d Abs. 2 StGB). Hier bedarf es anders als beim Strafantragsrecht aber keiner ausdrücklichen Regelung (vgl. § 77 Abs. 2 StGB).
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2. Die Rücknahme muss in derselben Form erfolgen, wie der Antrag.

Nein, das trifft nicht zu!

Da eine dem § 158 Abs. 2 StPO entsprechende Vorschrift fehlt, ist die Rücknahme formfrei, also auch mündlich möglich. Sie muss nur (1) inhaltlich zweifelsfrei erkennen lassen, dass der Antragssteller die Verfolgung nicht mehr will. Sie muss außerdem (2) der mit der Sache befassten Stelle gegenüber erklärt werden. Das ist bis zur Anklageerhebung die ermittelnde Dienststelle der Polizei oder die Staatsanwaltschaft, danach das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist. Die der nicht befassten Stelle gegenüber abgegebene Rücknahmeerklärung wird erst wirksam, sobald sie bei der zuständigen Stelle durch Weiterleitung eingegangen ist.

3. Konnte V erneut Strafantrag stellen, nachdem er den Strafantrag zuvor zurückgenommen hat.

Nein!

Ein zurückgenommener Antrag kann nicht nochmals gestellt werden (§ 77d Abs. 1 S. 3 StGB). Ausgeschlossen ist deshalb auch ein Widerruf der Zurücknahme sowie eine Anfechtung wegen Willensmängeln. Zulässig ist nur, die Rücknahmeerklärung zurückzuziehen, noch bevor sie bei der zuständigen Stelle eingeht. Der zweite Strafantrag des V ist also unwirksam.Das Revisionsgericht muss mangels wirksamen Strafantrags das Urteil aufheben und das Verfahren einstellen (§ 354 Abs. 1 StPO), soweit der Antrag nicht durch die Bejahung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ersetzt werden kann.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FR

friedo

10.4.2024, 18:11:37

Wer trägt die Kosten, wenn der Strafantrag während des Verfahrens zurückgenommen wird?

LAT

latschbaden7069

7.7.2024, 15:07:39

Nach § 470 StPO grundsätzlich der Antragsteller.


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