Taschengeldsurrogate

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die 10-jährige K bekommt im Monat €16 zu freier Verfügung. Davon kauft sie sich für €10 den Disneyfilm „Die Eiskönigin“ auf DVD. Nachdem sie ihn 10mal angesehen hat, tauscht sie mit Freundin F die DVDs und erhält den Film „Cinderella“. Fs Eltern sind einverstanden.

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Einordnung des Falls

Taschengeldsurrogate

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Kaufvertrag (§ 433 BGB) über die DVD „Die Eiskönigin“ ist wirksam.

Ja!

Auch ohne (ausdrückliche) Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, ist ein vom Minderjährigen geschlossener Vertrag wirksam, wenn er die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung vom Vertreter überlassen worden sind (§ 110 BGB). Taschengeld, das der gesetzliche Vertreter dem Minderjährigen zweckgebunden oder zu freier Verfügung überlassen hat, ist ein solches Mittel. Der Minderjährige muss damit die von ihm geschuldete vertragsmäßige Leistung „bewirkt“ haben. Erfüllung nach § 362 BGB muss eingetreten sein. K hat die DVD vollständig mit dem Taschengeld bezahlt, das ihr die E zur freien Verfügung überlassen haben.
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2. Der Tauschvertrag (§ 480 BGB) über die DVDs ist für K lediglich rechtlich vorteilhaft (§ 107 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Rechtsgeschäft ist Lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn es die Rechtsstellung des Minderjährigen ausschließlich verbessert. Dies wiederum ist der Fall, wenn durch das Rechtsgeschäft ausschließlich persönliche Rechte begründet oder persönliche Pflichten aufgehoben werden. Der Tauschvertrag über die DVDs begründet für K nicht nur einen Anspruch auf Übereignung von Fs DVD, sondern auch die Verpflichtung, die von ihrem Taschengeld gekaufte DVD an die F zu übereignen.

3. Der Tauschvertrag über die DVDs ist wirksam, weil K und F die DVDs bereits getauscht haben (§ 110 BGB).

Ja, in der Tat!

Gegenstände, die der Minderjährige mit Mitteln nach § 110 BGB erworben hat, nennt man Surrogate. Durch Auslegung der konkludenten Einwilligung (erstmalige Mittelüberlassung durch den gesetzlichen Vertreters) ist im Einzelfall zu ermitteln, ob auch das Surrogat noch ein Mittel im Sinne des § 110 BGB sein soll, über das der Minderjährige verfügen darf. Bei geringwertigen Surrogaten und der freien Mittelüberlassung wird dies in der Regel bejaht. Die von K gekaufte DVD stellt ein Surrogat dar, welches als geringwertiger Gegenstand von der Einwilligung nach § 110 BGB noch umfasst ist. Durch die Übereignung an F hat K ihre vertragsmäßige Leistung auch bewirkt. Durch die Mittelüberlassung willigt der gesetzliche Vertreter nicht nur konkludent in den Vertragsschluss ein, sondern auch in das dazugehörige Erfüllungsgeschäft des Minderjährigen (hier: Übereignung der DVD).
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