Taschengeldsurrogate

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die 10-jährige K bekommt im Monat €16 zu freier Verfügung. Davon kauft sie sich für €10 den Disneyfilm „Die Eiskönigin“ auf DVD. Nachdem sie ihn 10mal angesehen hat, tauscht sie mit Freundin F die DVDs und erhält den Film „Cinderella“. Fs Eltern sind einverstanden.

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Einordnung des Falls

Taschengeldsurrogate

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Kaufvertrag (§ 433 BGB) über die DVD „Die Eiskönigin“ ist wirksam.

Ja!

Auch ohne (ausdrückliche) Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, ist ein vom Minderjährigen geschlossener Vertrag wirksam, wenn er die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung vom Vertreter überlassen worden sind (§ 110 BGB). Taschengeld, das der gesetzliche Vertreter dem Minderjährigen zweckgebunden oder zu freier Verfügung überlassen hat, ist ein solches Mittel. Der Minderjährige muss damit die von ihm geschuldete vertragsmäßige Leistung „bewirkt“ haben. Erfüllung nach § 362 BGB muss eingetreten sein. K hat die DVD vollständig mit dem Taschengeld bezahlt, das ihr die E zur freien Verfügung überlassen haben.
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2. Der Tauschvertrag (§ 480 BGB) über die DVDs ist für K lediglich rechtlich vorteilhaft (§ 107 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Rechtsgeschäft ist Lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn es die Rechtsstellung des Minderjährigen ausschließlich verbessert. Dies wiederum ist der Fall, wenn durch das Rechtsgeschäft ausschließlich persönliche Rechte begründet oder persönliche Pflichten aufgehoben werden. Der Tauschvertrag über die DVDs begründet für K nicht nur einen Anspruch auf Übereignung von Fs DVD, sondern auch die Verpflichtung, die von ihrem Taschengeld gekaufte DVD an die F zu übereignen.

3. Der Tauschvertrag über die DVDs ist wirksam, weil K und F die DVDs bereits getauscht haben (§ 110 BGB).

Ja, in der Tat!

Gegenstände, die der Minderjährige mit Mitteln nach § 110 BGB erworben hat, nennt man Surrogate. Durch Auslegung der konkludenten Einwilligung (erstmalige Mittelüberlassung durch den gesetzlichen Vertreters) ist im Einzelfall zu ermitteln, ob auch das Surrogat noch ein Mittel im Sinne des § 110 BGB sein soll, über das der Minderjährige verfügen darf. Bei geringwertigen Surrogaten und der freien Mittelüberlassung wird dies in der Regel bejaht. Die von K gekaufte DVD stellt ein Surrogat dar, welches als geringwertiger Gegenstand von der Einwilligung nach § 110 BGB noch umfasst ist. Durch die Übereignung an F hat K ihre vertragsmäßige Leistung auch bewirkt. Durch die Mittelüberlassung willigt der gesetzliche Vertreter nicht nur konkludent in den Vertragsschluss ein, sondern auch in das dazugehörige Erfüllungsgeschäft des Minderjährigen (hier: Übereignung der DVD).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Blackpanther

Blackpanther

28.4.2022, 16:14:12

In der Erklärung zur letzten Frage steht, dass Surrogate nach Auslegung auch "Mittel" iSd § 110 sein können. Dies würde bedeuten, dass auch Surrogate *zweckgebundener* Mittel davon umfasst sind. Das erscheint mir zweifelhaft. Dürfte die Surrogat-Möglichkeit nicht eher nur bei zur freien Verfügung bereitgestellter Mittel anwendbar sein? Beispiel: Ob § 110 auch einschlägig wäre, wenn die Eltern ihrer Tochter das Geld nur zum Erwerb der Eiskönigin-DVD geben, wäre sie wohl nicht mit dem Tausch einverstanden, oder?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

28.4.2022, 19:00:57

Hallo Blackpanther, bei Surrogaten ist immer im Einzelfall zu prüfen, ob sie ebenfalls der (freien) Verfügung des Minderjährigen unterliegen. In der Tat wird man dies primär dann bejahen können, wenn die Mittel zur freien Verfügung standen (vgl. Spickhoff, in: MüKo-BGB, 9.A. 2021, § 110 RdNr. 32). Wir haben das noch präzisiert :-) Beste Grüße, Lukas - für das jurafuchs-Team

CH1RON

CH1RON

29.4.2022, 11:07:52

Ich habe gerade einen Pokal und erhalten, obwohl erst die Hälfte der Fälle bearbeitet wurde (die überarbeiteten Fälle wurden nicht gezählt?)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

29.4.2022, 15:42:48

Hallo CH1RON, vielen Dank für den Hinweis. Könntest Du mir das noch etwas näher beschreiben? Wichtig wären vor allem die folgenden Punkte: Hattest Du die Einheit bereits vorher bearbeitet? Ist der Fortschrittsbalken in der Übersicht vollständig, wenn Du die Einheit noch einmal löst?

Paulah

Paulah

7.7.2024, 10:13:05

Die Frage lautet: "Der Tauschvertrag über die DVDs ist wirksam, weil K und F die DVDs bereits getauscht haben (§ 110 BGB)" und die Antwort "Die Aussage stimmt." Das ist ziemlich unglücklich ausgedrückt. "Der Tauschvertrag über die DVDs ist wirksam" stimmt, aber nicht "weil K und F die DVDs bereits getauscht haben", sondern - wie es dann wieder richtig in der Erklärung steht - weil die DVD ein Surrogat ist. Demnach muss entweder der zweite Teil der Frage weg oder die Antwort muss lauten "Die Aussage ist falsch."

TI

Timurso

8.7.2024, 13:13:41

Beide sind imo richtig. § 110 BGB setzt voraus, dass die Leistung bewirkt ist. Daher wäre der Vertrag nicht wirksam, wenn der Austausch noch nicht stattgefunden hätte. Darauf wird in Satz 2 der Subsumtion auch kurz eingegangen, könnte man aber wohl etwas schöner darstellen.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

23.7.2024, 16:58:49

Hallo Paulah, vielen Dank für dein Feedback. In der Tat bin ich da bei Timurso und sehe die Aussage auch als korrekt an so wie sie ist. Die Leistung wurde mit Mitteln bewirkt die ihr - in diesem Fall als Surrogat - überlassen wurden. Mit dem Bewirken wird der Vertrag dann wirksam. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Paulah

Paulah

23.7.2024, 18:11:26

Danke, Nora! Ich hatte mich bei Timurso mit einem Like bedankt und hatte es mit seiner Antwort verstanden

Niklas3461

Niklas3461

21.8.2024, 10:55:34

Liebes Jura-Fuchs-Team, ich glaube bei der ersten Frage müsste der KV gem. § 433 durch Tauschvertrag gem. § 480 ersetzt werden. Ansonsten ist auch immer vom Tauschvertrag die Rede. Danke euch, für die ansonsten tolle Aufgabe. VG Niklas

TI

Timurso

21.8.2024, 12:00:29

Nein, die erste Frage zielt auf den Kaufvertrag ab. Hier gibt es zwei Verträge im Sachverhalt.


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