Unternehmenserwerb mit Firmenfortführung / Haftungsausschluss, § 25 Abs. 2 HGB
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft ihre Käserei an K, welche diese mit V’s Einwilligung unter der bisherigen Firma fortführt. Um später keine bösen Überraschungen zu erleben, vereinbaren die beiden, dass K nicht für Altverbindlichkeiten der V haftet. Im Handelsregister wurde diese Vereinbarung nicht eingetragen und auch sonst niemandem mitgeteilt.
Einordnung des Falls
Unternehmenserwerb mit Firmenfortführung / Haftungsausschluss, § 25 Abs. 2 HGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Erwerber eines Unternehmens haftet für die vor dem Erwerb im Unternehmen begründeten Verbindlichkeiten (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB).
Ja!
2. K hat von V ein Handelsgeschäft erworben und führt dieses unter der bisherigen Firma fort (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB).
Genau, so ist das!
3. Der Haftung von K für die Altverbindlichkeiten aus dem Betrieb der V steht kein Haftungsausschlussgrund entgegen (§ 25 Abs. 2 HGB).
Ja, in der Tat!
4. K haftet für die noch im Betrieb der V begründeten Verbindlichkeiten (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB).
Ja!
5. K kann bei V für Altschulden, die sie trotz des Haftungsausschlusses beglichen hat, Regress nehmen.
Genau, so ist das!
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Vojtech
4.2.2022, 13:13:10
Erfolgt die Regressnahme über GoA (iVm. § 257 BGB)?
Victor
4.2.2022, 13:25:00
Nein der neue und alte Geschäftsinhaber sind Gesamtschuldner. Daher läuft dies über den Gesamtschuldnerausgleich: § 426 BGB als Regress
Vojtech
4.2.2022, 13:29:11
stimmt, vielen Dank ✌🏼
Dogu
1.3.2024, 10:43:38
Naja vorrangig muss ja auf die vertragliche Beziehung abgestellt werden. Daher ist ein Anspruch aus Vertrag bzw. SE-Pflicht bei Unmöglichkeit der Schuldbefreiung (wenn der Erwerbe selbst die Vbk tilgt) zu prüfen.
Matschegenga
3.4.2024, 10:51:08
Gesamtschuldner wären die beiden angesichts des Schuldbeitritts doch auch ohne Haftungsausschluss, sodass dieser nicht maßgeblich für den Regressanspruch aus § 426 BGB wäre? Für mich klingt es überzeugender, was Dogu andeutet: Demnach wäre aus der Klausel über den Haftungsausschluss ein vertraglicher Befreiungsanspruch des Erwerbers abzuleiten. Mit der Folge, dass der Erwerber nicht als Gesamtschuldner anteilig haftete, sondern vom Altinhaber vollständig von der Haftung für dessen Verbindlichkeiten zu befreien wäre.
Matschegenga
3.4.2024, 10:54:35
Ah, oder tatsächlich über § 426 II, I 1 BGB, aber die Gesamtschuldner sind nicht „im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet“, weil durch den Haftungsausschluss „ein anderes bestimmt ist“ iSd § 426 I 1 BGB: nämlich die vollständige Enthaftung des Erwerbers
![ahimes](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__asustkxviztdsgiaygthb.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
ahimes
20.5.2024, 18:04:44
Ob jurafuchs dazu Stellung nehmen kann bitte? Ich würde schon gerne genau wissen welche §§ für den Regressanspruch tatsächlich in Frage kommen:-)
Lisa.K
25.6.2024, 20:08:31
Hi, ich gebe auch einfach mal meinen Senf dazu in der Hoffnung, dass es weiterhilft: Das Verhältnis von GoA und Gesamtschuld ist umstritten. Eine Ansicht (u.a. Schulze/Fries, BGB, 12. Aufl. 2024, Vorbem. zu §§ 677 – 687, Rn. 11) sieht § 426 BGB im Sinne einer Sonderbestimmung im Innenregress als abschließend und damit vorrangig an. Eine andere Ansicht (u.a. BGH NJW-RR 2010, 831) vertritt ein Nebeneinander der Vorschriften. Letztere Ansicht grenzt einen Anspruch aus GoA jedoch insoweit ein, dass dieser nicht weitergehen darf als derjenige nach § 426 BGB. Was ihr in der Klausur vertritt, ist natürlich euch überlassen. Ich würde jedoch letztgenannter Ansicht folgen, um mir nichts abzuschneiden. Bei GoA müsstet ihr dann einen Anspruch aus §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB prüfen. Eine "Umdeutung" des Haftungsausschlusses in einen Befreiungsanspruch halte ich für fragwürdig, da es bei § 257 BGB um noch nicht erfüllte Verbindlichkeiten geht. Prüft ihr die Gesamtschuld, habt ihr zwei Anspruchsgrundlagen: 1. § 426 I BGB 2. § 426 II BGB (Rechtsfolge: Forderungsübergang kraft Gesetzes [cessio legis]) In beiden Anspruchsgrundlagen könnt ihr § 433 II BGB dazu zitieren. Im vorliegenden Fall kann K von V aufgrund des Haftungsausschlusses vollständigen Regress verlangen. Keine Garantie auf Richtigkeit, aber hoffentlich trotzdem hilfreich :)
![Lord Denning](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__ohiwwmjemjpqrdbjjkrph.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Lord Denning
17.7.2024, 15:35:45
Liebes Jurafuchs-Team, hier wäre eine von den grauen Boxen super, um die in Frage kommenden Regressansprüche (§ 426, aus SV, GoA etc.) festzuhalten. Das wäre super hilfreich. Vielen Dank schon mal im Voraus :)