Unproblematischer Fall
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
H wohnt in einem Mehrfamilienhaus, das Bauherrin B auf ihr Grundstück gebaut und eine Wohnung darin an H vermietet hatte. B will das Haus nun zu Geld machen und unterteilt es daher in 5 Wohnungen. Bezüglich der Wohnung, in der H wohnt, schließt B einen notariell beurkundeten Kaufvertrag mit C in Höhe von €400.000. H erklärt, er wolle die Wohnung gern für €400.000 kaufen.
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Einordnung des Falls
Unproblematischer Fall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B und H haben kein Vorkaufsrecht vereinbart, sodass H keinen Anspruch auf ein solches haben kann.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ein Vorkaufsrecht nach § 577 BGB setzt voraus, dass Wohnungseigentum nach Überlassung an den Mieter begründet worden ist oder begründet werden soll und ein Vorkaufsfall eingetreten ist.
Ja!
3. H ist Inhaber eines Vorkaufsrechts nach § 577 BGB und kann die Wohnung für €400.000 kaufen.
Genau, so ist das!
4. Das Mietvorkaufsrecht schützt den Mieter insbesondere vor Kündigungen wegen Eigenbedarfs durch den Erwerber.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Daniel
12.3.2022, 12:36:07
Steht eure Antwort nach der Frage nach Eigenbedarfskündigungen (bei der übrigens ein "vor" zu viel steht) nicht in Widerspruch zu § 577 Abs. 1 S. 2?
Lukas_Mengestu
14.3.2022, 13:43:48
Hallo Daniel, das müsstest Du mir noch einmal erklären. § 577 Abs. 1 S. 2 BGB betrifft ja den Sonderfall, dass der Vermieter die Wohnung an seine Familienangehörigen verkauft. Hier besteht kein Mietvorkaufsrecht. Im Regelfall wird die Wohnung aber an jemand Fremden verkauft. Dabei besteht die Gefahr, dass diese Person selbst einziehen möchte und eine Eigenbedarfskündigung aussprechen kann. Dem wird durch das Mietvorkaufsrecht theoretisch vorgebeugt. Praktisch werden aber die wenigsten Mieter die finanziellen Mittel haben, um hiervon tatsächlich Gebrauch zu machen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Daniel
14.3.2022, 19:23:08
Meine Frage bezieht sich auf die letzte Frage/These in diesem Fall. Laut der dortigen Antwort schütze das Vorkaufsrecht insbesondere vor Eigenbedarfskündigungen. Das leuchtet mir aber nicht ein. Denn sofern damit der Bedarf des Vermieters selbst gemeint ist, verkauft er die Wohnung ja gar nicht an sich selbst und es tritt gar kein Vorkaufsfall ein. Und sofern die Familien- oder Haushaltsangehörigen gemeint sind, ist ein Vorkaufsrecht ja durch § 577 I 2 BGB ausgeschlossen.
Lukas_Mengestu
14.3.2022, 19:51:30
Alles klar, danke Dir. Wie gesagt bezieht die These sich auf die Kündigung durch den Erwerber. Dieser könnte ja Eigenbedarf anmelden. Wenn der Mieter sein Vorkaufsrecht aber geltend macht, so wird er davor geschützt. Beste Grüße, Lukas
webuser 2014
16.3.2023, 11:49:51
577 BGB auch bei Verkauf oder nur bei Sondereigentum? Hätte H das Haus nicht per Grundbuch aufgeteilt, hätte der Mieter immer noch Vorkaufsrecht? Was für folgen für den Verkäufer gibt es, wenn du er den Mieter den Verkauf nicht mitteilt bis es zu spät ist?
Lukas_Mengestu
16.3.2023, 12:08:58
Hallo webuser 2014, ein Vorkaufsrecht setzt zunächst voraus, dass NACH Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet wurde (§ 577 Abs. 1 BGB). Bestand das Sondereigentum zuvor bzw. wird ein gesamtes Haus verkauft, so fehlt es an den Voraussetzungen des Vorkaufsrechts. Das Vorkaufsrecht wirkt aber nicht dinglich bzw. kann vor Ausübung auch nicht gesichert werden, zB durch Vormerkung. Verstößt der Verkäufer gegen das Vorkaufsrecht und übereignet er das Grundstück an einen Dritten, so kommt es im Hinblick auf die Folge ein wenig auf das Verhalten des Dritten an. Ist dieser nicht bereit die Wohnung (ggfs. zu einem höheren Preis) an den Verkäufer zurückzuübereignen, so liegt für diesen
subjektive Unmöglichkeit(§ 275 Abs. 1 BGB) vor. Er ist dann allerdings schadensersatzpflichtig. Dabei ist zu beachten, dass eine unvermietete Wohnung einen höheren Preis erzielt, als eine vermietete. Da der Mieter selbst bei einer Weiterveräußerung hätte ausziehen und die Wohnung unvermietet veräußern können, dürfte regelmäßig nach der
Differenzhypotheseein Schaden zu bejahen sein (zu den Einzelheiten der Berechnung auch (MüKoBGB/Häublein, 9. Aufl. 2023, BGB § 577 Rn. 41). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Frau_An
23.9.2023, 19:10:12
Mir ist aufgefallen, dass die Zeichnung den Rollen im SV nicht entspricht ^^
Rechtsanwalt B. Trüger
2.2.2024, 12:10:48
Ich verstehe nicht wieso er laut Lösung sicher für 400.000 € die Wohnung kaufen kann. Nur, weil die anderen beiden sich darüber geeinigt hatten? Hätte doch gut möglich sein können dass
Eigentümerund Vorkaufsberechtigter sich über eine ganz andere Summe z.B. 420.000 € geeinigt hätten oder spielt das hier keine Rolle?
ehemalige:r Nutzer:in
7.7.2024, 22:17:20
Hey, mit wirksamer Ausübung des Vorkaufsrechts kommt ein Vertrag zwischen noch
Eigentümerund Vorkaufsberechtigten zu den gleichen Konditionen wie der Vertrag zwischen noch
Eigentümerund dem dritten Käufer zustande § 464 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift über den Vorkauf findet laut § 577 Abs. 1 S. 3 auch in diesem Fall Anwendung. Dh der Vorkaufsberechtigte kann die Wohnung hier auch für die 400.000€ kaufen.