Zivilrecht

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Die echte GoA

Unberechtigte GoA und EBV + Herausgabe der Sache (Bereicherungsrecht)

Unberechtigte GoA und EBV + Herausgabe der Sache (Bereicherungsrecht)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Da das Blumenbeet seines Nachbarn N von Unkraut übersät ist, beschließt G es zu jäten und findet dabei einen 20-Euro-Schein, den N dort verloren hat. N wollte eigentlich nicht, dass G sich um das Beet kümmert. Normalerweise jätet sein Enkel E es und bekommt dafür von N etwas Geld.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Unberechtigte GoA und EBV + Herausgabe der Sache (Bereicherungsrecht)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Jäten des Beetes erfüllt die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB.

Genau, so ist das!

Nach § 677 BGB setzen Ansprüche aus echter GoA (egal, ob berechtigt oder unberechtigt) voraus, dass ein Geschäftsführer (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Fremdgeschäftsführungswillen ausführt, (3) ohne vom Geschäftsherrn beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Eigentümer des Beetes ist der N. Das Jäten ist somit ein reines Geschäft des N und daher für G fremd. Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet. N hat den G weder dazu beauftragt, noch war der G gegenüber N sonst dazu berechtigt.
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2. Das Jäten des Beetes stellt eine berechtigte GoA im Sinne des § 683 S. 1 BGB dar.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine GoA ist nach § 683 S. 1 BGB berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn ist dabei stets vorrangig zu prüfen. Sein mutmaßlicher Wille wird erst relevant, wenn sein wirklicher Wille nicht ermittelbar ist, weil er diesen nicht geäußert hat. Der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn ergibt sich in der Regel aus seinem objektiven Interesse. N hatte mit seinem Enkel E die Absprache, dass dieser das Unkraut für ihn jätet. Damit hatte er den Willen geäußert, dass dieser und kein anderer für ihn jäten soll. Sein wirklicher Wille stand somit dem Jäten durch G entgegen.

3. N hat einen Anspruch gegen G aus § 985 BGB auf Herausgabe des Geldscheins.

Ja!

Ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB setzt voraus, dass der Anspruchssteller Eigentümer der Sache und der Anspruchsgegner Besitzer ohne Besitzrecht ist. N ist Eigentümer des Geldscheins. G hat ihn nun in seinem Besitz. Die Besitzerlangung erfolgte in Ausführung einer unberechtigten GoA. Eine solche räumt dem Geschäftsführer anders als eine berechtigte GoA kein Recht zum Besitz ein.

4. Die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 681 S. 2, 667 BGB auf Herausgabe des Geldscheins sind erfüllt.

Genau, so ist das!

Nach §§ 681 S. 2, 667 BGB ist der Geschäftsführer einer GoA verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. G hat den Geldschein beim Jäten und somit aus der Geschäftsbesorgung erlangt.

5. Die Anspruchsvoraussetzungen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB auf Herausgabe des Geldscheins sind erfüllt.

Ja, in der Tat!

Nach § 812 Abs. 1 BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ihm zur Herausgabe verpflichtet. N hat den Geldschein an sich genommen und damit unmittelbaren Besitz an ihm in sonstiger Weise erlangt. Dies geschah im Rahmen der Ausführung einer unberechtigten GoA. Da nur eine berechtigte GoA einen Rechtsgrund darstellt, hat N den Besitz somit rechtsgrundlos erlangt.

6. Die Herausgabeansprüche nach §§ 681 S. 2, 667 BGB und § 812 Abs. 1 S.1 Alt. 2 BGB bestehen neben dem Herausgabeanspruch nach § 985 BGB.

Ja!

Die Sperrwirkung des § 993 Abs. 1 HS 2 BGB bezieht sich nur auf Ansprüche auf Nutzungsherausgabe und Schadensersatz. Dies bedeutet, dass die Ansprüche auf Herausgabe des Geldscheins nach §§ 681 S. 2, 667 BGB und § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB nicht vom EBV gesperrt werden und neben dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB bestehen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Porenta

Porenta

2.9.2024, 15:59:41

Wie wäre eine solche Fallkonstellation zu lösen, wenn der Geschäftsführer nicht einen 20 Euro schein findet, sondern einen Schatz. Hat er dann dennoch seinen Finderanteil?


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