Abwandlung: Schatzfund (§ 984 BGB)

4. Juli 2025

8 Kommentare

4,8(9.731 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E hat von V ein Grundstück gepachtet, wobei V dem E erlaubt hat, dort einen Swimmingpool zu errichten. Bei den Aushubarbeiten findet E mittelalterlichen Goldschmuck, der vor 700 Jahren dort vergraben wurde und nimmt ihn an sich. Landesrechtliche Fundregelungen bestehen nicht.

Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Abwandlung: Schatzfund (§ 984 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der mittelalterliche Schmuck ist ein Schatz i.S.v. § 984 BGB.

Genau, so ist das!

Ein Schatz ist eine Sache, die so lange verborgen war, dass ihr Eigentümer nicht mehr ermittelt werden kann (§ 984 BGB). Verborgen ist eine Sache, die nicht problemlos sinnlich wahrnehmbar ist. Weiterhin darf der ursprüngliche Eigentümer gerade deswegen nicht mehr ermittelbar sein, weil die Sache so lange verborgen war. Um § 984 BGB direkt anwenden zu können, muss der Schatz außerdem irgendwann einmal im Eigentum einer Person gestanden haben.Der Goldschmuck stand in der Vergangenheit im Eigentum einer Person und war in einem Grundstück vergraben, d.h. verborgen. Es ist nicht zu erwarten, dass der Eigentümer 700 Jahre später noch zu ermitteln sein wird.
Zivilrecht-Wissen in 5min testen
Teste mit Jurafuchs kostenlos dein Zivilrecht-Wissen in nur 5 Minuten.

2. Hat E den Schmuck entdeckt?

Ja, in der Tat!

Entdecken im Sinne des § 984 BGB bedeutet, die sinnliche Wahrnehmung des Schatzes. Insoweit deckt sich das Tatbestandsmerkmal mit dem „Finden“ nach § 965 BGB. Es ist hingegen nicht erforderlich, dass der Entdecker die Sache selbst durch eine eigene Handlung freilegt.Hier hat der E infolge von Aushubarbeiten den Goldschmuck wahrgenommen und damit entdeckt.

3. Für den Eigentumserwerb nach § 984 BGB ist es erforderlich, dass E den Schmuck ausgräbt und in seine Tasche steckt.

Nein!

Grundsätzlich ist es für den Schatzfund erforderlich, dass der Finder infolge der Entdeckung Besitz an der Sache begründet. Hierzu muss der Entdecker die Sache aber nicht zwingend vollständig ausgraben. Denn es soll kein Anreiz gesetzt werden, dass der Entdecker eine historisch bedeutsame Stätte zerstört.Hier hat E den Schmuck an sich genommen und so in jedem Fall Besitz daran begründet.

4. E ist Alleineigentümer des Goldschmucks geworden (§ 984 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Eigentumserwerb nach § 984 BGB setzt voraus, dass (1) ein Schatz vorliegt, (2) der entdeckt wird und den der Entdecker (3) in Besitz nimmt. Sind diese Tatbestandsmerkmale erfüllt, erwerben der Entdecker und der Eigentümer der Sache, in der der Gegenstand verborgen war, jeweils zur Hälfte das Eigentum an der Sache.E hat den Schmuck entdeckt und Besitz daran begründet. Der Schmuck ist ein Schatz i.S.v. § 984 BGB. Der Schmuck war im Grundstück des V verborgen. E und V erwerben somit jeweils zur Hälfte Miteigentum daran.Nach Art. 73 EGBGB bleiben abweichende Vorschriften der Länder unberührt. Die Eigentumsverhältnisse am Schatz bzw. einen Anspruch auf Finderlohn werden dabei sehr unterschiedlich geregelt. Überblick bei: Oechsler, in: MüKo-BGB, 9. A. 2023, § 984 RdNr. 12.
Dein digitaler Tutor für Jura
Zivilrecht-Wissen testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

J00P1950

J00P1950

2.4.2023, 15:25:55

Bei der dritten Frage steht, dass man bei Dinosaurierknochen §

984 BGB

analog für den Eigentumserwerb des „Entdeckers“ angewandt hat. Ich halte das für nicht richtig. Ich meine es ist eher so, dass sich bei solchen „Funden“ der Eigentumserwerb nach den landesrechtlichen Ausgrabungs- und Denkmal

schutzgesetz

en richtet. So wird beispielsweise - anhand des Hessischen Landesrechts verdeutlicht - unmittelbar das Land (= Hessen) Eigentümerin mit der Entdeckung eines Bodendenkmals, das als bewegliche Sache

herrenlos

oder so lange verborgen gewesen sind, dass ihre Eigentümerin oder ihr Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist (§ 25 Hessisches Denkmal

schutzgesetz

), wenn sie einen hervorragenden wissenschaftlichen Wert haben (Nr. 1), bei staatlichen Nachforschungen oder in Grabungsschutzgebieten entdeckt werden (Nr. 2) oder bei unerlaubten Nachforschungen entdeckt werden (Nr. 3). Das ist auch nachvollziehbar, damit solche Entdeckungen von überragendem historischen Wert in den Besitz der öffentlichen Hand fallen und nicht in die eines Privaten, der damit u.U. Handel betreibt. Infolgedessen ist auch die vierte Frage („E ist Alleineigentümer des Goldschmucks geworden [§

984 BGB

]?) nicht richtig. Entweder wandelt man den Fall um auf Gegenstände, die in jüngere Zeit vergraben wurden, oder man ergänzt die Lösung um die hier ausgeführten Gedanken zum Eigentumserwerb des Landes am Ende das Falles.

J00P1950

J00P1950

2.4.2023, 15:38:12

Siehe Palandt/Herrler, 82. Aufl. [2023], §

984 BGB

Rn. 2.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

4.4.2023, 15:48:02

Hallo Joop1950, klasse Hinweis. Bei dem Zusammenspiel von Landes- und Bundesrecht muss man sich allerdings klarmachen, dass im Grundsatz das Bundesrecht vorgeht (Art. 31 GG). Bereits seit dem Mittelalter galten zugunsten des Inhabers der Staatsgewalt bestimmte Hoheitsrechte (sog. "Regalien"), darunter auch das Eigentum an aufgefundenen Schätzen. Daran sollte durch die Einführung des BGB (1.1.1900) nichts geändert werden. Art. 73 EGBGB normiert insoweit, dass bestehende Regelungen zu Regalien unberührt bleiben sollten. Im Hinblick auf Fossilien billigt das BVerwG den Ländern auch eine eigene Regelungskompetenz zu, sodass auch weitergehende Regelungen erlassen werden können (BVerwG, Urteil vom 21-11-1996 - 4 C 33/94 = NJW 1997, 1171). Einen Überblick über die verschiedenen Gesetze findest Du bei MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl. 2023, BGB § 984 Rn. 12. Da sich die Landesgesetze im Hinblick auf Eigentumslage und Finderlohn stark unterscheiden, haben wir im Sachverhalt klargestellt, dass hier kein Landesrecht Anwendung findet. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

NC

nondum conceptus

26.4.2025, 12:05:48

Irgendwie ist mir leider noch nicht ganz klar, warum der E keinen generellen

Besitzwille

n im Bezug auf alle Gegenstände im Haus und auf dem Grundstück hat. Davon wäre doch auch der Schatz umfasst, sodass es keine "verlorene" Sache gibt. Habe einen Knoten. Kann mir jemand helfen?

LMA

Lt. Maverick

19.5.2025, 19:02:43

Es gibt zwei Gründe, wieso man nicht schon einen generellen

Besitzwille

n des Grundstückseigentümers annehmen dürfte: a) §

984 BGB

wäre damit obsolet, b) ein genereller

Besitzwille

setzt zwar nicht einmal die Kenntnis von der Sache, aber zumindest eine gewisse Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache voraus (die potentielle sinnliche Wahrnehmbarkeit wäre zumindest einmal Voraussetzung). Die Besonderheit beim Schatz ist, dass die Sache verborgen war. Niemand wusste also, dass die Sache dort tief in der Erde vergraben war und es grenzt an Zufall, dass sie entdeckt wurde. Anders als z.B. ein Ladenbesitzer, der regelmäßig damit rechnet, dass Kunden z.B. Habseligkeiten vergessen/verlieren, kann der Grundstückseigentümer einen solchen Willen nicht bilden, wenn er nicht jedenfalls von der möglichen Existenz des Schatzes ausgeht. Zudem erfordert der Besitz die

tatsächliche Sachherrschaft

. Wenn der Schatz so tief vergraben ist, dass man erst durch Einsatz schwerer Geräte drauf stößt, dann kann der normale Grundstückseigentümer kaum behaupten, dass er auf die Sache ohne Hindernisse hätte einwirken können (vgl. § 856 II BGB). Der Ring am Meeresgrund stellt auch keine

Besitzlockerung

mehr da. Das ist echter Verlust des Besitzes.

NC

nondum conceptus

26.4.2025, 12:14:38

Wie würde der Fall aussehen, wenn der Arbeitnehmer als

Besitzdiener

den Schatz sinnlich wahrnimmt. Nach § 965 BGB. Finder Isd § 965 ist, wer die Sache in Besitz nimmt. Bei einem

Besitzdiener

ist der Besitzherr Besitzer. Hier wird nur auf die sinnliche Wahrnehmung abgestellt, sodass hier der

Besitzdiener

Entdecker wäre.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Zivilrecht-Wissen testen