Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO): Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art


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Bundespräsident P möchte die Nationalhymne ändern. P verfügt, dass „Highway to Hell“ die neue Hymne ist, was die Bundeskanzlerin gegenzeichnet (Art. 58 S. 1 GG). Der Bundestag sieht sich übergangen und will vor dem Verwaltungsgericht dagegen klagen.

Einordnung des Falls

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO): Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Streitigkeit zwischen dem Bundespräsident P und dem Bundestag ist nichtverfassungsrechtlicher Art.

Nein, das ist nicht der Fall!

Sowohl der Kläger - der Bundestag - als auch der Beklagte - Bundespräsident P - sind Verfassungsorgane. Zudem streiten sich die Beteiligten über das Recht des Bundespräsidenten, ohne Zustimmung des Bundestages die Hymne zu ändern. Die Streitigkeit ist sowohl unter formellen als auch unter materiellen Gesichtspunkten verfassungsrechtlicher Art; doppelte Verfassungsunmittelbarkeit liegt vor. Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht ist nicht eröffnet.

2. Es liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor.

Ja, in der Tat!

Gegenstand der Klage muss eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit sein (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO), damit der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Nach der Sonderrechtstheorie ist eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich, wenn die streitentscheidenden Normen öffentlich-rechtlich sind. Es kommt darauf an, ob dem Rechtsstreit eine Norm zugrunde liegt, deren Rechte und Pflichten sich allein an einen Träger hoheitlicher Gewalt gerade in seiner Eigenschaft als Hoheitsträger richten. Hier geht es um verfassungsrechtliche Normen der Kompetenzzuweisung für die Änderung der Nationalhymne, die sich ausschließlich an Träger hoheitlicher Gewalt richten.

3. Für die Streitigkeit zwischen Bundespräsident P und dem Bundestag gibt es eine aufdrängende Sonderzuweisung zum Verwaltungsrechtsweg.

Nein!

Aufdrängende Sonderzuweisungen haben Vorrang vor der Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Für die Streitigkeit zwischen P und dem Bundestag gibt es keine aufdrängende Sonderzuweisung. Es kommt auf die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO an. Aufdrängende Sonderzuweisungen gibt es z.B. für Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen (§ 126 Abs. 1 BBG bzw. § 54 Abs. 1 BeamtStG für Beamte (des Bundes bzw. des Landes)) oder für die Entscheidung über Eintragungen in die Handwerksrolle (§§ 8 Abs. 4, 12 HwO). Liegt keine aufdrängende Sonderzuweisung vor, genügt die Feststellung: "Aufdrängende Sonderzuweisungen sind nicht ersichtlich.“

4. Die Streitigkeit muss zudem nichtverfassungsrechtlicher Art sein.

Genau, so ist das!

Neben ihrer öffentlich-rechtlichen Natur muss eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art sein (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO), damit der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Eine verfassungsrechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sowohl der Kläger als auch der Beklagte am Verfassungsleben unmittelbar Beteiligte (insbesondere Verfassungsorgane) sind (formeller Gesichtspunkt) und sich die Beteiligten um die Abgrenzung verfassungsrechtlicher Kompetenzen streiten (materieller Gesichtspunkt) (sog. doppelte Verfassungsunmittelbarkeit).

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LO

Lorenz

31.5.2024, 13:32:01

Man könnte nicht ergänzen, dass stattdessen ein Organstreit naheliegt.

LO

Lorenz

31.5.2024, 13:32:16

*noch


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