+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A ist in der Buchhandlung der B als Verkäufer angestellt. Da er ein Gespür für Buchtrends hat, bevollmächtigt B ihn mit dem Wareneinkauf. A ruft bei Buchlieferantin L an. Er erklärt, dass er bei B für den Einkauf zuständig ist und bestellt dann 200 Exemplare von „Der Hobbit“.
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Einordnung des Falls
Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht: (Innen-)Vollmacht, ganz einfacher Grundfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat eine eigene Willenserklärung abgegeben (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB).
Ja!
Eine wirksame Stellvertretung setzt voraus, dass der Handelnde eine eigene Willenserklärung abgibt. Überbringt er dagegen lediglich die Erklärung seines Geschäftsherrn, liegt Botenschaft vor. Entscheidend ist, wie der Handelnde im Außenverhältnis auftritt. Hat er aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) ein gewisses Maß an Entschließungsfreiheit, spricht das gegen eine bloße Botenschaft.
Indem A erklärte, dass er für den Einkauf bei B zuständig ist, hat er verdeutlicht, dass er eine gewisse Entschließungsfreiheit hat. Aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers stellt seine Bestellung daher eine eigene Willenserklärung dar.
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2. A hat in fremdem Namen gehandelt (Offenkundigkeitsprinzip).
Genau, so ist das!
Eine weitere Voraussetzung der wirksamen Stellvertretung ist, dass die Willenserklärung in fremdem Namen abgegeben werden muss. Nach außen muss offenkundig sein, dass der Erklärende nicht für sich selbst, sondern für seinen Geschäftsherrn handelt. Auch hierfür ist der objektive Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) entscheidend. Das Handeln in fremdem Namen muss jedoch nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann sich auch aus den Umständen ergeben (§ 164 Abs. 1 S. 2 BGB).
A hat vor Abgabe seiner Willenserklärung (Bestellung) erklärt, dass er für B arbeitet. Er hat im Namen der B gehandelt.
3. Eine rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht wird Vollmacht (§ 166 Abs. 2 S. 1 BGB) genannt.
Ja, in der Tat!
Die Vollmacht ist in § 166 Abs. 2 S. 1 BGB als rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht legaldefiniert. Die Vollmachterteilung (Bevollmächtigung) ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie kann sowohl gegenüber dem Vertreter (Innenvollmacht) als auch gegenüber dem Geschäftspartner (Außenvollmacht) erklärt werden, gegenüber dem die Vertretung stattfinden soll (§ 167 Abs. 1 BGB). Sie bedarf (grundsätzlich) nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sie sich bezieht (§ 167 Abs. 2 BGB). Nach h.M. soll eine Vollmacht ausnahmsweise der Form des Rechtsgeschäfts bedürfen, für das sie bestimmt ist, wenn der Vertretene bereits durch die Bevollmächtigung ähnlich rechtlich gebunden wird wie bei der Vornahme des formbedürftigen Vertretergeschäfts. Dies soll insbesondere bei unwiderruflich erteilten Vollmachten der Fall sein.
4. A hat infolge der Bevollmächtigung mit Vertretungsmacht gehandelt (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB).
Ja!
Allein die Vollmachterteilung führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Vertreter mit Vertretungsmacht handelt. Vielmehr muss der Umfang der erteilten Vollmacht das getätigte Rechtsgeschäft erfassen. Je nach gewünschtem Umfang kann der Geschäftsherr eine Einzel-, Gattungs- oder Generalvollmacht erteilen. Während die Einzelvollmacht nur für ein einzelnes Rechtsgeschäft gilt, umfasst die Gattungsvollmacht eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften und die Generalvollmacht alle Rechtsgeschäfte.
B hat den A mit dem Wareneinkauf, das heißt, einer bestimmten Art von Rechtsgeschäften bevollmächtigt (Gattungsvollmacht). Die Bestellung bei L war hiervon erfasst.