Beschädigung der Mietsache

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M mietet von V eine Wohnung. Im Laufe der Mietzeit beschädigt sie fahrlässig einen Heizkörper, wobei die Beschädigung rein äußerlich ist. Nach Ablauf des Mietvertrages gibt M die Wohnung an V zurück. Wegen der Beschädigung verlangt V anschließend Schadensersatz, nachdem er ohne vorherige Fristsetzung zur Mängelbeseitigung den Schaden selbst beseitigt hat.

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Einordnung des Falls

Beschädigung der Mietsache

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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M hat den vertragsgemäßen Gebrauch überschritten, indem sie die Heizung beschädigte.

Ja!

Zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört die Einhaltung der Obhuts- und Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Mietsache. Der Mieter muss die Mietsache schonend und pfleglich behandeln und alles unterlassen, was zu einem Schaden an ihr führen kann. Die Obhutspflicht beginnt unabhängig vom Mietvertragsbeginn bereits mit der Überlassung und besteht auch während der Abwesenheit des Mieters; sie endet erst mit Rückgabe des Besitzes. Indem M die Heizung beschädigte, verletzte sie ihre Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Mietsache und überschritt den vertragsgemäßen Gebrauch.
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2. V hat grundsätzlich gegen M einen Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB.

Genau, so ist das!

§ 823 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) einen Verletzungserfolg (2) durch ein zurechenbares Verhalten des Schädigers, der dabei (3) rechtswidrig und (4) schuldhaft gehandelt haben muss. Zudem muss ein Schaden entstanden sein. Das Eigentum des V – die Heizung – wurde fahrlässig und zurechenbar durch das Verhalten der M verletzt, wodurch V ein Schaden entstanden ist.

3. V hat gegen M einen Schadensersatzanspruch nach den §§ 280ff. BGB, obwohl er M keine Frist gem. § 281 BGB gesetzt hat.

Ja, in der Tat!

Bei der Beschädigung der Mietsache handelt es sich nicht um die Verletzung einer Hauptleistungspflicht. Denn diese besteht in der Rückgabe der Mietsache (§ 546 Abs. 1 BGB), nicht aber der Rückgabe im vertragsgemäßen Zustand. Vielmehr ist die Beschädigung eine Sorgfaltspflichtverletzung (§ 241 Abs. 2 BGB), sodass es sich um einen Schadensersatz neben der Leistung handelt, der keine Fristsetzung erfordert. Dafür spricht auch, dass der im Moment der Beschädigung gleichzeitig verwirklichte § 823 Abs. 1 BGB ansonsten auch dem Fristsetzungserfordernis unterworfen werden müsste. V hat gegen M einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

celina99

celina99

25.7.2022, 22:38:24

Kann hier als weiterer Grund die endgültige Verweigerung der Nachbesserung durch Auszug, genannt werden?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

27.7.2022, 16:11:56

Hallo celina99, damit musst Du etwas aufpassen. Auf § 281 Abs. 2 BGB kannst Du nur abstellen, wenn Du § 281 BGB in diesem Kontext grundsätzlich für anwendbar hälst, den Schadensersatzanspruch also auf §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB stützt. Allein in der Rückgabe der Mietsache die endgültige Verweigerung zu sehen, fände ich dann aber schwierig. Denn nach Ablauf der Mietsache ist der Mieter ja genau hierzu verpflichtet (§

546 BGB

) und würde sich bei verspäteter Rückgabe ggfs. ebenfalls schadensersatzpflichtig machen. Der BGH geht dagegen einen anderen Weg und stützt den Schadensersatzanspruch allein auf §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB (zu den Argumenten vgl. RdNr. 20 ff. des Urteils). Da es dann keiner

Fristsetzung

nach § 281 BGB bedarf, muss auch nicht deren Entbehrlichkeit geprüft werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

JURAFU

jurafuchsles

29.7.2022, 09:56:45

Worin liegt dann hier das Schuldverhältnis zwischen den Parteien? Weil der Mietvertrag ja beendet ist?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.8.2022, 15:59:49

Hallo jurafuchsles, das Schuldverhältnis im weiteren Sinn (Mietvertrag) erlischt erst, wenn sämtliche daraus resultierenden schuldrechtlichen Forderungen/Ansprühce erloschen sind, wobei hierzu auch NEben-/Rücksichtsnahmepflichten iSd § 241 Abs. 2 BGB zählen. Hier erfolgte die Beschädigung zwar noch während des laufenden Mietvertrages. Aber auch wenn die Beschädigung erst nach Ablauf des Mietvertrages und vor Rückgabe der Mietsache erfolgt wäre, läge noch ein Schuldverhältnis vor. Denn die aus dem Mietvertrag resultierenden Pflichten umfassen auch noch die Rückgabe bzw. die pflegliche Behandlung bis zur erfolgten Rückgabe. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

31.8.2023, 09:30:13

wie kommt ihr auf die Pflicht der

Fristsetzung

, wenn nur §§ 280 I, 241 II als AGL gelten?

LELEE

Leo Lee

31.8.2023, 10:56:01

Hallo Diaa, in der Tat mag dies auf den ersten Blick verwirrend erscheinen. Wir haben jedoch diese Frage inkludiert, um nochmal den systematischen Unterschied zw. 281 und 280 I, 241 II und die Abgrenzung zw. Haupt- und Nebenpflichten zu erläutern (deshalb die negative Formulierung). D.h., wenn die Hauptpflicht betroffen wäre, müsste eine Frist gesetzt werden. Da die Hauptleistung hier nur die Rückgabe ist (und nicht die "Nichtbeschädigung"), musste keine Frist gesetzt werden :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

EVA

evanici

3.9.2023, 14:51:51

Wieso muss man denn überhaupt auf § 241 II abstellen? Dem

Wortlaut

nach ist ja bereits in § 535 der "vertragsgemäße Gebrauch" erwähnt, von dem man ja eigentlich auch bereits auf die Vertragsgemäßheit des Gebrauchs als Pflicht des Mieters schließen könnte. In Verbindung mit § 538 könnte man das doch eigentlich noch verstärken, da ein Vertretenmüssen bei darüber hinaus gehendem Gebrauch eine Pflichtverletzung darstellen kann (?), die Pflicht also der vertragsgemäße Gebrauch "direkt" ist.

F. Rosenberg 🦅

F. Rosenberg 🦅

28.9.2023, 10:39:18

Dass die Hauptleistungspflicht des Mieters (iSd § 241 I) in der Entrichtung der Miete liegt, ergibt sich aus der Formulierung. Vergleich mal § 535 II mit § 433 II. § 535 II erwähnt nur die Entrichtung der Miete. Im Kaufrecht hingegen hat der Käufer zwei Hauptleistungspflichten (Kaufpreiszahlung und Abnahme der

Kaufsache

); dies steht aber auch ausdrücklich in § 433 II.

F. Rosenberg 🦅

F. Rosenberg 🦅

28.9.2023, 10:50:05

Ich muss mich korrigieren und feststellen, dass der Mieter zwei Hauptleistungspflichten hat: neben der Entrichtung der Miete (§ 535 II) auch die Rückgabe der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses (§ 546 I).

Dogu

Dogu

20.6.2024, 17:39:39

@F. Rosenberg: Bist Du Dir mit der Rückgabe sicher? Hauptleistungspflicht würde ja bedeuten, der Vertrag wird zu diesem Zweck abgeschlossen. Das ist ja bei der Rückgabepflicht nicht der Fall, sondern eher ein "Nebeneffekt".


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