Besonders schwere Brandstiftung und Repräsentantenhaftung - Jurafuchs
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T betreibt mit der V ein Café im Haus des E. Im Café legt T (ohne Gefährdungsvorsatz) ein Feuer. T möchte der unwissenden V wegen des zerstörten Inventars Versicherungsleistungen verschaffen. Auch die Decke des Cafés und der Wohnungsboden darüber geraten in Brand. Dies nimmt T billigend in Kauf.
Einordnung des Falls
In diesem Beschluss beschäftigt sich der BGH mit der besonders schweren Brandstiftung und der Repräsentantenhaftung. Die Qualifikation der Ermöglichung einer anderen Straftat sei auch dann erfüllt, wenn die Brandlegung zum Zweck des Betrugs zum Nachteil einer Versicherung begangen sei. Der Versicherer ist im Fall einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalls nichts zur Leistung verpflichtet. Dabei müsse sich der Versicherungsnehmer auch das Verhalten von Repräsentanten zurechnen lassen. Dabei genüge jedoch die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache oder eine Lebensgemeinschaft nicht aus, um eine Repräsentantenstellung zu begründen.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat T sich wegen Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB strafbar gemacht, indem er in dem Café ein Feuer legte?
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Ja, in der Tat!
2. Hat T sich wegen schwerer Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht, indem er in dem Café ein Feuer legte?
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Ja!
3. Hat T sich wegen besonders schwerer Brandstiftung nach § 306b Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 StGB strafbar gemacht, weil er in der Absicht handelte, einen Versicherungsmissbrauch (§ 265 StGB) zu ermöglichen?
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Nein, das ist nicht der Fall!
4. Kommt als "andere Straftat" (§ 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB) aber ein Betrug in mittelbarer Täterschaft (§§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) gegenüber und zu Lasten der Versicherung zumindest in Betracht?
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Ja, in der Tat!
5. Wurde die Versicherung von der Zahlungsverpflichtung frei, mit der Folge, dass als Zieltat ein Betrug in mittelbarer Täterschaft vorliegt, da T Repräsentant der V ist?
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Nein!
6. Hat T sich wegen Versicherungsmissbrauchs (§ 265 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht, indem er in dem Café ein Feuer legte?
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Genau, so ist das!
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Julia
4.3.2022, 07:43:35
Könnt ihr mir erklären, warum die zeitliche Zäsur beim Versicherungsmissbrauch fehlt? Vielen Dank!
Victor
4.3.2022, 13:27:13
Durch das Inbrandsetzen ist auch zeitgleich der 265 StGB erfüllt. Es wird nicht etwas in Brand gesetzt um eine weitere Straftat zu ermöglichen. Es liegt nur eine Handlung vor und es soll auch nur bei dieser einen Handlung bleiben. Daher liegt gerade keine Zäsur vor. Anschaulicher vielleicht bei einem Mord um im Nachhinein dann noch einen Betrug zu ermöglichen.
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Im🍑nderabilie
8.3.2023, 14:03:11
Ich stehe total aufm Schlauch, warum ist in der letzten Frage auf einmal unbeachtlich, dass 265 hier keine „andere“ Tat ist?
![Lukas_Mengestu](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__x133cq1so0il85q8i03wkixhy.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Lukas_Mengestu
9.3.2023, 14:43:49
Hallo Imonderabilie, hier müsstest Du mir glaube ich noch einmal auf die Sprünge helfen. Dass § 265 StGB keine "andere Tat" darstellt, war zunächst für den Tatbestand des § 306b Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 StGB relevant. Der ist nur erfüllt, wenn eine "andere Tat ermöglicht" wurde. Jedenfalls der Versicherungsmissbrauch unterfällt dem nicht, da für diesen zunächst die gleiche Tathandlung zu erfolgen hat, nämlich u.a. die beschädigung, zerstörung, beeinträchtigung der versicherten Sache. Davon losgelöst ist die Frage, ob neben den Brandstiftungsdelikten auch der Versicherungsmissbrauch verwirklicht wurde (ja!) und die Frage, in welchem Konkurrenzverhältnis die Taten stehen. Der Versicherungsmissbrauch und die schwere Brandstiftung stehen insoweit in Idealkonkurrenz und wurden tateinheitlich verwirklicht (§ 52 StGB). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team