Wiederholung Ortsteil: Weniger klarer Fall

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Lauras Freundin Madita (M) möchte auf ihrem Grundstück in der ländlichen Gemeinde H (25.000 Einwohner) auch ein Traumhaus errichten. Ein Bebauungsplan besteht nicht. Die nähere Umgebung weist fünf Gebäude auf, darunter vier Wohngebäude mit Verkaufsfläche im Erdgeschoss und eine Kirche.

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Einordnung des Falls

Wiederholung Ortsteil: Weniger klarer Fall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M ist der Meinung, dass sich ihr Grundstück innerhalb eines Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB befindet. Bestimmt sich das für einen Ortsteil erforderliche gewisse Gewicht nach einer bestimmten Anzahl an Gebäuden?

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Das für einen Ortsteil erforderliche gewisse Gewicht der vorhandenen Bauten beurteilt sich im Einzelfall nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der Gemeinde. Dabei lässt sich die erforderliche Anzahl der vorhandenen Bauten nicht generell festlegen. Maßgebend sind die örtlichen Verhältnisse, die Eigenart und Funktion der Bebauung sowie deren Verhältnis zur sonst vorhandenen Bebauung. Der Ortsteil steht im Gegensatz zur sogenannten Splittersiedlung sowie zur Streubebauung.
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2. Sobald sich in einem Bebauungskomplex mehr als fünf Gebäude befinden, ist von einem Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB auszugehen.

Nein!

Das für einen Ortsteil erforderliche gewisse Gewicht der vorhandenen Bauten beurteilt sich im Einzelfall nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der Gemeinde. Dabei lässt sich die erforderliche Anzahl der vorhandenen Bauten nicht generell festlegen. Maßgebend sind die örtlichen Verhältnisse, die Eigenart und Funktion der Bebauung sowie deren Verhältnis zur sonst vorhandenen Bebauung. Für die Annahme des gewissen Gewichts der Bebauung kann nicht allein auf die bloße Anzahl der vorhandenen Bauten abgestellt werden. ‌

3. Besitzt die vorhandene Bebauung in der Umgebung von Ms Grundstück nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten ein gewisses Gewicht?

Nein, das ist nicht der Fall!

Das für einen Ortsteil i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB erforderliche gewisse Gewicht der vorhandenen Bauten beurteilt sich im Einzelfall nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der Gemeinde. Dabei lässt sich die erforderliche Anzahl der vorhandenen Bauten nicht generell festlegen. Maßgebend sind die örtlichen Verhältnisse, die Eigenart und Funktion der Bebauung sowie deren Verhältnis zur sonst vorhandenen Bebauung. Die Ansammlung von fünf Gebäuden – vier Wohngebäude und einer Kirche – ist in Anbetracht der siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der mittelgroßen ländlichen Gemeinde H eher nicht von gewissem Gewicht. Zwar entspricht die Eigenart und Funktion der Bebauung einem im ländlichen Bereich häufig anzutreffenden Ortsbild. Allerdings befinden sich – gerade auch mit Blick auf die Zahl von 25.000 Einwohnern der Gemeinde – an dieser Stelle zu wenige Wohngebäude. Weniger als fünf zusammenstehende Wohnhäuser stellen typischerweise keinen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. S. 1 BauGB dar. Das bedeutet jedoch nicht im Umkehrschluss, dass mehr als fünf zusammenstehende Wohnhäuser einen Ortsteil darstellen. Maßgeblich bleibt hierbei die Einzelfallbetrachtung. Auf die Frage, ob hier eine organische Siedlungsstruktur vorliegt, die ein Ortsteil i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB voraussetzt, kommt es deshalb hier nicht an. An der organischen Siedlungsstruktur bestehen hier allerdings keine Zweifel: Die Bebauung ist weder völlig regellos noch von behelfsmäßigen Bauten geprägt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DerChristoph

DerChristoph

28.8.2023, 10:35:20

Hier passt die vorgegebene Antwort m.M.n. nicht zur Erläuterung. Nach letzterer hat die Bebauung kein erhebliches Gewicht, als richtige Antwort ist aber "ja" hinterlegt.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

28.8.2023, 16:56:55

Hallo DerChristoph, danke dir für den Hinweis! Da hat sich ein Bug eingeschlichen beim Upload der Aufgabe. Nun ist es richtig konfiguriert, ich bitte dies zu entschuldigen. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

30.8.2023, 15:37:40

In der Subsumtion und iE wird auf die Zahl der Bauten abgestellt, und in der Erklärung wird behauptet, die Zahl der Bauten sei nicht entscheidend... Was ist richtig?

BL

Blotgrim

9.1.2024, 09:51:02

In der Erklärung wird gesagt es darf nicht auf eine feste Zahl geschaut werden um eine Bebauung von gewissem Gewicht festzustellen. Man darf halt nicht sagen unter bspw. 10 Gebäuden haben wir nie eine Bebauung von gewissem Gewicht. Natürlich spielt aber die Anzahl der Gebäude eine Rolle, nur entscheiden wir ob es genug sind, um eine Bebauung von gewissem Gewicht anzunehmen, nicht anhand einer stumpfen Zahl sondern anhand der siedlungsstrukturellen Umstände. So kann in München eine Bebauung von 15 Gebäuden nicht ausreichen, um eine Bebauung von gewissem Gewicht anzunehmen, während es in irgendeinem Dorf mit 10.000 Einwohnern reichen würde. Ich hoffe ich habe das verständlich (und richtig ) erklären können 😅


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