Wiederholung Ortsteil: Noch weniger klarer Fall

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Rebecca (R), die beste Freundin von Laura und Madita, möchte auf ihrem Grundstück in der Nachbargemeinde N (2.000 Einwohner) auch ein Traumhaus errichten. Ein Bebauungsplan besteht nicht. In der näheren Umgebung stehen ohne erkennbare Struktur in willkürlicher Entfernung voneinander 25 Wohngebäude.

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Einordnung des Falls

Wiederholung Ortsteil: Noch weniger klarer Fall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. R ist der Meinung, dass sich ihr Grundstück innerhalb eines Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB befindet. Hat die umliegende Bebauung ein gewisses Gewicht, um einen Ortsteil darzustellen?

Ja, in der Tat!

Ein Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Das für einen Ortsteil erforderliche gewisse Gewicht der vorhandenen Bauten beurteilt sich im Einzelfall nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der Gemeinde. Dabei lässt sich die erforderliche Anzahl der vorhandenen Bauten nicht generell festlegen. Maßgebend sind die örtlichen Verhältnisse, die Eigenart und Funktion der Bebauung sowie deren Verhältnis zur sonst vorhandenen Bebauung. Die Ansammlung von 25 Wohngebäuden ist in Anbetracht der siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der sehr kleinen ländlichen Gemeinde – gerade auch mit Blick auf die Zahl von 2.000 Einwohnern der Gemeinde – erkennbar von gewissem Gewicht.
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2. Darüber hinaus setzt ein Ortsteil i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB eine organische Siedlungsstruktur voraus. Ist eine organische Siedlungsstruktur bereits ausgeschlossen, wenn zwischen den einzelnen Gebäuden ein gewisser Abstand besteht?

Nein!

Das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur erfordert eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereichs. Eine organische Siedlungsstruktur ist abzulehnen bei einer Anhäufung von behelfsmäßigen Bauten oder einer völlig regellosen Bebauung. Es ist nicht erforderlich, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Eine Übereinstimmung mit einem städtebaulichen Ordnungsbild ist ebenfalls nicht erforderlich. Dabei kann es auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sein, dass die Gebäude in gewissem Abstand zueinander errichtet wurden, was gerade im ländlichen Bereich oft vorkommt. Das Gegenstück zur organischen Siedlungsstruktur ist die Splittersiedlung. Eine Splittersiedlung ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung besteht, wenn die Bebauung kein System erkennen lässt oder wenn durch eine weitere Bebauung die Zersiedelung der Landschaft begünstigt wird und sich das Gebiet zu einer zusammenhanglosen oder aus anderen Gründen unorganischen Streubebauung entwickelt.

3. Weist die Bebauung in der Umgebung von Rs Grundstück eine organische Siedlungsstruktur auf?

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur erfordert eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereichs. Eine organische Siedlungsstruktur ist abzulehnen bei einer Anhäufung von behelfsmäßigen Bauten oder einer völlig regellosen Bebauung, insbesondere bei einer Splittersiedlung. Die Bebauung in der näheren Umgebung von Rs Grundstück entspricht keiner organischen Siedlungsstruktur. Vielmehr handelt es sich um eine völlig regellose Bebauung, die kein System erkennen lässt, mithin eine Splittersiedlung. Mangels organischer Siedlungsstruktur befindet sich Rs Grundstück – ungeachtet des gewissen Gewichts des umgebenden Bebauungskomplexes – nicht innerhalb eines Ortsteils i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB. Splittersiedlungen sind in baurechtlichen Klausuren relativ selten und meist leicht zu erkennen – so wie hier. Wenn Du hier die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB abgelehnt hast, ist Deine Klausur aber nicht vorbei: Du prüfst dann weiter mit § 35 BauGB. Wenn kein Bebauungsplan vorliegt, liegen Splittersiedlungen im Außenbereich.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BL

Blotgrim

9.1.2024, 10:04:25

Wo genau ist der Unterschied zwischen der organischen Siedlungsstruktur und dem Bauzusammenhang. Denn so wie ich die Siedlungstruktur verstanden habe, geht es ja auch darum dass nicht alles regellos und kreuz und quer gebaut wird. Aber braucht nicht auch der

Bebauungszusammenhang

den Eindruck von Einheitlichkeit, was durch regelose und kreuz und quer gebaute Gebäude nicht vorliegen würde?

0815jurafuchs

0815jurafuchs

2.10.2024, 10:42:29

Hallo Blotgrim, so wie ich es verstanden habe ist bei einer organischen Siedlungsstruktur eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereichs erforderlich. Nehme ich mal die metapher eines Organismus, wäre mE erforderlich dass sich die bauten in funktion und gestaltung ähneln. Die Intensit Hieran kann es fehlen etwa bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten oder einer völlig regellosen oder funktionslosen Bebauung

0815jurafuchs

0815jurafuchs

2.10.2024, 10:50:21

Hallo Blotgrim, das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur erfordert ja eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereichs. Lege ich hier mal die Metapher eines biologischen Organismus zugrunde und übertrage dies auf die vorhandene Bebauung, bedeutet dies meines Erachtens dass die vorhandenen baulichen Anlagen ihrer Funktion und ihrer Errichtungsweise nach ähnlich sein sollten. Über die Intensität der Bebauung sagt dies aber noch nichts aus. Ob die Anzahl der vorhandenen Gebäude und ihre Anordnung den Eindruck von Zusammengehörigkeit vermitteln trotz bestehender Baulücken, wäre dann Gegenstand der Prüfung des

Bebauungszusammenhang

s.


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