Abwicklung wirksamer Verträge
19. Mai 2025
12 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Toni (T) hat mit Behörde B einen wirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen. Danach soll T einen weiteren Standort ihres Unternehmens eröffnen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Als T dies nicht tut, fordert B sie per Verwaltungsakt auf, dieser Verpflichtung nachzukommen.
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Einordnung des Falls
Abwicklung wirksamer Verträge
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B hat einen Erfüllungsanspruch aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag gegen T.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die §§ 54ff. VwVfG enthalten spezielle Regelungen zur Abwicklung eines wirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrags.
Nein!
3. Ansprüche aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag kann die Behörde durch den Erlass eines Verwaltungsakt durchsetzen.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. B kann die Vertragserfüllung im Rahmen einer allgemeinen Leistungsklage gegen T geltend machen.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
faref
29.8.2023, 18:23:57
Hallo! Ich dachte die Abwicklung des öffr. Vertrages ist (zumindest teilweise) in §61 VwVfG geregelt?

Sebastian Schmitt
23.4.2025, 17:09:09
Hallo @[faref](209461), inhaltlich hast Du insoweit völlig Recht, als § 61 VwVfG besondere Vorgaben enthält. Diese Vorgaben betreffen allerdings erkennbar nur die Zwangsvollstreckung, die zwangsweise Durchsetzung. Wir sagen in der Aufgabe aber nichts Gegenteiliges, sondern fragen nach "Regeln zur Abwicklung". Damit meint man typischerweise die
Erfüllungder gegenseitigen vertraglichen Pflichten, wie sie sich aus dem Vertrag ergeben, ergänzt zB um die Frage des SchE bei Verletzung dieser vertraglichen Pflichten. Die zwangsweise Durchsetzung wäre dann sozusagen die nächste "Stufe". Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Sambajamba10
26.12.2023, 15:04:20
Ich würde mich freuen, wenn noch einiges mehr zum öffentlich-rechtlichen Vertrag vor allem im Zusammenspiel mit den zivilrechtlichen Normen kommen würde. Gerade die Besonderheiten bezüglich §
134 BGBsollten auf alle Fälle noch erläutert werden

Linne_Karlotta_
14.10.2024, 11:56:02
Hallo Sambajamba10 , vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team

Sassun
3.11.2024, 11:55:57
Was wäre denn bitte der
SchadeniSd §§ 280 ff. BGB (iVm § 62 S. 2 VwVfG), wenn der Bürger seine Pflichten nicht erfüllt?

Sassun
11.11.2024, 11:28:57
Vllt habe ich die Frage missverständlich formuliert. Ich meine den Prüfungspunkt IV.
SchadeniSv §§ 249 ff. BGB. Es bräuchte schließlich eine unfreiwillige Vermögenseinbuße, die im Wege der
Differenzhypotheseermittelt wird. Mir erschließt sich nicht wie dieser beim ÖR Vertrag hergeleitet werden soll. Außer natürlich es wurden bereits Ausgaben getätigt im Vertrauen der Bürger würde seine Pflicht erfüllen. Wobei ich dann aber eher von Aufwendungen ausginge.

Sebastian Schmitt
24.4.2025, 10:45:26
Hallo @[Sassun](247789), hier gilt nichts grds anderes als bei den übrigen zivilrechtlichen Fällen. Der Hinweis von @[juramaus1](272816) war recht allgemein gehalten, Du möchtest es aber anscheinend konkreter wissen, jedenfalls verstehe ich so Deine Frage. Gerade Dein zuletzt genannter Absatz in Deinem präzisierenden Hinweis ist schon ein gutes Beispiel. Es mag sich zwar auf den ersten Blick um "Aufwendungen" handeln. Auch im ZivilR können aber ja Aufwendungen als SchE ersatzfähig sein, wenn sie von der geschädigten Partei vernünftigerweise im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung getätigt werden durften. In anderen Sachverhaltskonstellationen mag zB der Staat auch mal Einmalzahlungen versprochen haben, damit ein wichtiges Unternehmen nicht ins Ausland abwandert/schließen muss und Arbeitsplätze verloren gehen. Hat das Unternehmen damit zusammenhängende Pflichtverletzungen seinerseits zu vertreten (wandert es zB trotzdem ab), können auch daraus Ansprüche des Staats auf SchE entstehen, je nach der konkreten Fallgestaltung. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Findet Nemo Tenetur
1.2.2025, 21:15:28
Wenn man sagt, der Unterschied besteht nur im Vertragsgegenstand, sodass die Rückabwicklung einfach übers Zivilrecht laufen kann und eine eigene Verwaltungsregelung unnötig ist, wieso gilt das dann nicht auch für die Durchsetzung, also den Gerichtsprozess? Also wieso ist man da dann nun doch wieder in der VwGO und nicht in der ZPO?

Sebastian Schmitt
24.4.2025, 10:13:55
Hallo @[Findet
Nemo Tenetur](254807), einfache Antwort: weil eine Meinungsverschiedenheit über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag immer noch eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit iSd § 40 I 1 VwGO ist und wir dementsprechend grds vor den Verwaltungsgerichten landen. Der Gesetzgeber verweist eben nur in § 62 S 2 VwVfG für inhaltliche Fragen auf das BGB, nicht aber für Rechtswegfragen auf die ordentliche Gerichtsbarkeit. Für die schwierige Antwort müsste man sich die Gesetzgebungsmaterialien im Detail anschauen und prüfen, ob man dafür eine nähere Begründung findet. Auf den ersten Blick findet man zB hier aber nichts Konkretes: https://dserver.bundestag.de/btd/07/009/0700910.pdf. Sofern man überhaupt fündig wird, liefe das vermutlich auf eine recht zeitraubende rechtshistorische Recherche hinaus. Nach Schoch/Schneider/Bauer, VerwaltungsR, Werkstand 5. EL Juli 2024, § 62 VwVfG sei eben "der Vertrag ein Institut der allgemeinen Rechtslehre ist, der in allen Teilen der Rechtsordnung über weite Strecken gleichen Basisregeln folgt [...], und der rechtstechnische Grundstock dieser Regeln im BGB eingehender aufbereitet ist." Für ZPO und VwGO wird man das differenzierter betrachten müssen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team