Wiederholung Bebauungszusammenhang: Klarer Fall

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Laura (L) möchte auf ihrem Grundstück in der kleinen ländlichen Gemeinde G (10.000 Einwohner) ihren Alterssitz errichten. Ein Bebauungsplan besteht nicht. Die nähere Umgebung weist 16 Gebäude auf, darunter mehrere Wohngebäude, eine Kirche, eine Polizeistation sowie eine Metzgerei. Ls Grundstück grenzt von jeder Seite an ein Grundstück mit Wohnbebauung an. Baulücken sind nicht vorhanden.

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Einordnung des Falls

Wiederholung Bebauungszusammenhang: Klarer Fall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. L ist überzeugt, dass ihr Grundstück innerhalb eines Ortsteils gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB liegt. Hat L mit ihrer Aussage recht?

Genau, so ist das!

Ein Ortsteil i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Das für einen Ortsteil erforderliche gewisse Gewicht der vorhandenen Bauten beurteilt sich im Einzelfall nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der Gemeinde. Das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur erfordert eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereichs. Eine organische Siedlungsstruktur ist abzulehnen bei einer Anhäufung von behelfsmäßigen Bauten oder einer völlig regellosen Bebauung. Die Bauten weisen nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der kleinen ländlichen Gemeinde ein gewisses Gewicht auf. Auch handelt es sich um eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung und somit um eine organische Siedlungsstruktur. Das Grundstück der L liegt somit innerhalb eines Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB. Ist das Tatbestandsmerkmal des Ortsteils i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB in Deiner Klausur so unproblematisch wie hier, solltest Du Dich auch genau so kurz fassen. Die saubere Definition des Tatbestandsmerkmals hinterlässt aber einen sehr guten Eindruck bei Deinen Korrektoren.
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2. L vermutet, dass an die Lage ihres Grundstücks, neben der Eigenschaft als Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB, keine weiteren Anforderungen zu stellen sind. Ist ihre Vermutung korrekt?

Nein, das trifft nicht zu!

§ 34 Abs. 1 BauGB erfordert, dass sich das betreffende Grundstück in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil befindet. Der im Zusammenhang bebaute Ortsteil setzt sich aus den beiden Merkmalen Ortsteil (s.o.) und Bebauungszusammenhang zusammen, die kumulativ gegeben sein müssen. Ein Bebauungszusammenhang i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz eventuell vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Neben der Ortsteileigenschaft der näheren Umgebung muss für Ls Grundstück auch der Bebauungszusammenhang bejaht werden können.

3. L wendet sich an den Jurastudenten J und fragt, ob ein Bebauungszusammenhang von der Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit erfordert. J verneint dies. Zu Recht?

Nein!

Ein Bebauungszusammenhang ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz eventuell vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Gefordert wird eine tatsächlich aufeinanderfolgende, eben zusammenhängende Bebauung. - Dabei muss es sich um bauliche Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie ein Gebiet prägen können („maßstabsbildende Kraft“_)_. Für den Bebauungszusammenhang sind nur diejenigen baulichen Anlagen zu berücksichtigen, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. - Von einem Bebauungszusammenhang kann solange gesprochen werden, wie die aufeinanderfolgende Bebauung nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Zusammengehörigkeit bzw. Geschlossenheit vermittelt. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Der Bebauungszusammenhang erfordert neben einer tatsächlich aufeinanderfolgenden, also zusammenhängenden Bebauung auch, dass die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Der Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zusammengehörigkeit bestimmt sich nicht nach mathematisch-geographischen Maßstäben. Es kommt hingegen auf eine wertende Betrachtung des konkreten Sachverhalt im Einzelfall an. In vielen Klausuren zu § 34 BauGB kommt es darauf an, dass Du nach den Informationen des Klausursachverhalts wertend bestimmst, ob ein Bebauungszusammenhang vorliegt.

4. Liegt das Grundstück der L innerhalb eines Bebauungszusammenhangs gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB?

Genau, so ist das!

Ein Bebauungszusammenhang i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz eventuell vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Gefordert wird eine tatsächlich aufeinanderfolgende, eben zusammenhängende Bebauung. Dabei muss es sich um bauliche Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie ein Gebiet prägen können („maßstabsbildende Kraft“_)_. Für den Bebauungszusammenhang sind nur diejenigen baulichen Anlagen zu berücksichtigen, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Von einem Bebauungszusammenhang kann solange gesprochen werden, wie die aufeinanderfolgende Bebauung nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Zusammengehörigkeit bzw. Geschlossenheit vermittelt. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Der Bebauungskomplex mit 16 Wohngebäuden, Kirche, Polizeistation und Metzgerei beinhaltet optisch wahrnehmbare Gebäude mit maßstabsbildender Kraft, die dem Aufenthalt von Menschen dienen. Als solche folgen sie aufeinander und umschließen das Grundstück der L. Mangels Baulücken und aufgrund des geringen Abstands der Gebäude zueinander, vermittelt die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit. Das Grundstück der L steht mithin im Bebauungszusammenhang mit den übrigen Grundstücken des Ortsteils. Ein im Zusammenhang bebautet Ortsteil gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB liegt vor. Denke stets daran, dass nicht nur die angrenzende Umgebung, sondern das Grundstück, auf dem das Vorhaben errichtet werden soll, selbst einen Bestandteil des durch den Ortsteil vermittelten Bebauungszusammenhang bilden muss.
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