Referendariat

Die ZVR-Klausur

Einziehungsklage

Mehrere Pfändungsgläubiger klagen

Mehrere Pfändungsgläubiger klagen

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G1, G2 und G3 (Gläubiger) bekommen am gleichen Tag die Vermögensauskunft bezüglich S (Schuldner) erteilt. Alle Gläubiger beantragen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über die Lohnforderung des S. Die Beschlüsse werden dem Arbeitsgeber D (Drittschuldner) am 12.06.23 zugestellt.

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Einordnung des Falls

Mehrere Pfändungsgläubiger klagen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Pfändung durch mehrere Gläubiger auf einmal ist stets unwirksam.

Nein, das trifft nicht zu!

Gemäß § 853 ZPO ist die Mehrfachpfändung grundsätzlich möglich. Wenn die Gläubiger gemeinsam gegen den Drittschuldner klagen, dann sind sie prozessual notwendige Streitgenossen gemäß § 62 ZPO, denn eine Entscheidung kann nur gesammelt für oder gegen alle Gläubiger ergehen. Das ergibt sich aus § 856 Abs. 2, 4, 5 ZPO. Jedenfalls müssen andere Gläubiger der Mehrfachpfändung durch den Drittschuldner benannt werden, sie werden dann beigeladen, § 856 Abs. 3 ZPO. G1, G2 und G3 können gemeinsam die Einziehungsklage betreiben gegen D. Sie sind dann prozessual notwendige Streitgenossen gemäß § 856 Abs. 2, 4, 5 iVm § 62 ZPO.
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2. Dass die Beschlüsse alle am gleichen Tag zugestellt wurden, ist für die Lösung des Falls ohne Bedeutung.

Nein!

In der Zwangsvollstreckung geht es um Geschwindigkeit, denn der Rang richtet sich nach dem Prioritätsgrundsatz, § 804 Abs. 3 ZPO. Die Pfändungs-und Überweisungsbeschlüsse werden jeweils erst mit Zustellung gegenüber dem Drittschuldner wirksam. Weicht auch nur die Uhrzeit der Zustellung ab, besteht nach dem Prioritätsgrundsatz ein vorrangiges Pfändungspfandrecht für den, dessen Beschluss als erstes zugestellt ist. („Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“) Der Zustellungszeitpunkt muss auf der Zustellungsurkunde deshalb auf die Minute genau angegeben werden, § 121 Abs. 1 S. 3 GVGA. Ist der Gerichtsvollzieher mit der Zustellung mehrerer Pfändungsbeschlüsse an denselben Drittschuldner beauftragt, stellt er sie alle zum gleichen Zeitpunkt zu, § 121 Abs. 1 S. 5 GVGA. G1, G2 und G3 wurde der Beschluss jeweils gleichzeitig zugestellt. Der Prioritätsgrundsatz § 804 Abs. 3 ZPO greift nicht ein.

3. In dieser Konstellation kann der Antrag einer Einziehungsklage nur darauf lauten, den Drittschuldner zu verurteilen, den Schuldbetrag zu hinterlegen.

Genau, so ist das!

Dass der Antrag lediglich auf Hinterlegung lauten kann, §§ 853, 856 ZPO, dient dem Schutz des Drittschuldners. Wer bevorrechtigt ist oder eine rangbessere Forderung hat, ist oft schwierig zu beurteilen. Der Drittschuldner soll davor geschützt werden, an einen nicht so berechtigten Gläubiger zu zahlen. Denn dies befreit den Drittschuldner nicht von seiner Schuld und er könnte mehrfach in Anspruch genommen werden. Ausformuliert würde hier der Antrag lauten: G1, G2 und G3 beantragen, dass der Beklagte [Drittschuldner D] verurteilt wird, den Schuldbetrag zu hinterlegen. Für die Formulierung des Antrags hilft dir Thomas/Putzo, § 856, RdNr. 1.

4. Die Folge der erfolgreichen Klage ist ein Verteilungsverfahren gemäß §§ 872ff. ZPO.

Ja, in der Tat!

Die Verteilung des hinterlegten Geldes erfolgt dann nach einem Verteilungsplan, die den Rang auflistet, § 874 ZPO. Die Verteilung auf der gleichen Rangstufe bedeutet nicht zwangsläufig Verteilung nach Kopfteilen. Vielmehr wird der Erlös bei gleichzeitiger Pfändung nach dem Verhältnis der Forderungen proportional verteilt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PI

Pit

12.4.2024, 13:34:10

Die Situation, dass Forderungen gleichrangig sind, ist dann nur in der Konstellation mit einem

Gerichtsvollzieher

, der für mehrere Gläubiger gleichzeitig eine Pfändung vornimmt denkbar oder gäbe es noch weitere Situationen? - Falls nicht, dann ist diese Konstellation eher selten oder?


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