Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Geschäftsfähigkeit
vertragsmäßige Leistung ist durch den beschränkt Geschäftsfähigen noch nicht voll bewirkt worden, zB Ratenzahlung
vertragsmäßige Leistung ist durch den beschränkt Geschäftsfähigen noch nicht voll bewirkt worden, zB Ratenzahlung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die 17-jährige K geht zum Elektrofachmarkt und vereinbart mit Verkäufer V einen Ratenkauf über eine Kamera für €400. Die erste Rate von €100 kann K sofort bezahlen, da sie ihr Taschengeld angespart hat, welches ihr ihre Eltern zu freier Verfügung überlassen. Drei weitere Raten stehen noch aus.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
vertragsmäßige Leistung ist durch den beschränkt Geschäftsfähigen noch nicht voll bewirkt worden, zB Ratenzahlung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein Kaufvertrag (§ 433 BGB) über die Kamera wäre für K lediglich rechtlich vorteilhaft (§ 107 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Kaufvertrag über die Kamera ist wirksam, da K die erste Rate von ihrem Taschengeld bezahlt hat (§ 110 BGB).
Nein!
3. Der Kaufvertrag über die Kamera ist schwebend unwirksam. Er wird jedoch wirksam, wenn K die letzte Rate bezahlt.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
TubaTheo
12.5.2023, 10:16:07
Die Eltern haben ja jetzt hier der K die 100 Euro zur freien Verfügung überlassen. Könnten sie den Kaufvertrag trotzdem noch genehmigen, womit wieder § 108 I BGB greift und der Kaufvertrag auch ohne vollständige Bewirkung der Leistung (die restlichen 300 Euro) ex tunc wirksam wird? Danke schonmal im Voraus für die Antwort :)
TubaTheo
12.5.2023, 10:22:40
Hat sich erledigt. Das Problem wird in der nächsten Frage behandelt. Trotzdem danke.
Johannes Nebe
2.8.2023, 13:06:52
Dieser Fall könnte streitig sein. Denn die Überlassung des Taschengeldes „zur freien Verfügung“ ist keine völlig unbedingte Überlassung. Hier ist es auch ohne weitere Angaben fraglich, ob die Eltern wollen, dass K über Monate hinweg keine anderen Ausgaben tätigen darf, sondern alles verfügbare Geld zur Ratenzahlung der Kamera aufwendet. Es müssen auch erzieherische Gesichtspunkte berücksichtigt werden.
Lukas_Mengestu
2.8.2023, 15:32:34
Hi Johannes, vielen Dank für Deinen Hinweis! In der Tat ist die "freie Verfügung" der Eltern kein Blankoschein, d.h. auch hier ist die Überlassung des Taschengeldes implizit an eine Zwecksetzung gebunden. Im konkreten Fall ist die Überlassung also auszulegen und zu prüfen, ob der Einsatz der (impliziten) Zwecksetzung entspricht. Die Überlassung von Taschengeld an einen 10-jährigen wird zB regelmäßig nicht dazu erfolgen, dass er sich damit pornographisches Material besorgt. Wir haben hier einen Vertiefungshinweis mit aufgenommen. Im konkreten Fall halte ich dies allerdings für unproblematisch. Der Kauf einer teuren Kamera ist per se nicht ausgeschlossen, sofern K dies mit den bereitgestellten Mitteln bewirken kann. Auch das Ansparen des Taschengeldes kann dazu dienen, den Einsatz mit Geld zu erlernen, sodass es grundsätzlich nicht darauf ankommen kann, dass der erworbene Gegenstand den wöchentlichen/monatlichen Taschengeldsatz nicht übersteigt. K ist hier rechtlich auch nicht daran gehindert, andere Ausgaben zu tätigen. Denn der Abschluss des Ratenkaufs wird ja erst wirksam, wenn er tatsächlich alle Raten bezahlt hat. Mangels wirksamen Vertragschlusses hat V bis dahin keinen Anspruch auf die vereinbarten Raten. Er könnte allenfalls die Kamera zurückverlangen (gegen Rückzahlung der bereits geleisteten Raten). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team