§ 136a Quälerei / Fortwirkung
18. April 2025
15 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B wird beschuldigt, sein von ihm geliebtes Kind erstochen zu haben. In der Vernehmung sagt B aus, sich an nichts erinnern zu können. Polizist P droht, B zur Leiche seines Kindes zu führen, falls er sich nicht dazu einlasse. Da er den Anblick nicht ertragen könnte, gesteht B. Am nächsten Tag gesteht er vor dem Ermittlungsrichter R – dieses Mal ohne vorherige Drohung – noch einmal.
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Einordnung des Falls
§ 136a Quälerei / Fortwirkung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Vernehmungspersonen dürfen Vernommene nicht mit Zwang zu einer Einlassung bringen.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Es handelt sich hier um eine verbotene Vernehmungsmethode.
Genau, so ist das!
3. Die geständige Einlassung vor P ist unverwertbar.
Ja, in der Tat!
4. Das Geständnis vor R ist verwertbar, weil hierbei keine verbotene Vernehmungsmethode angewendet wurde.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Tr(u)mpeltier junior
16.1.2021, 00:30:13
Zwei Anmerkungen zur terminologie: 1) ggfs könnte man Aussage durch
einlassungersetzen. zumindest in den assessorklausuren wird darauf Wert gelegt, dass man zwischen den
Einlassungen des beschuldigten und Aussagen von Zeugen unterscheidet. 2) zudem könnte man noch zwischen der geständigen
einlassunggegenüber dem Polizisten und dem Geständnis ggü dem Richter unterscheiden.

Fiat Iustitia!
1.5.2021, 17:36:44
1) kann ich komplett bestätigen. Habe es leider letztens selbst erfahren müssen, dass man sich mit einer terminologische Ungenauigkeit,wie in meinem Fall "die
Einlassungdes Zeugen Z" , den Korrektor (der in 90% der Fälle Praktiker ist) schon zu Beginn zum Feind macht! Daher bitte korrigieren

Lukas_Mengestu
17.5.2021, 17:08:51
Danke euch, haben wir nun entsprechend korrigiert! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Juraluchs
26.2.2023, 12:18:42
Im Erklärungstext zur ersten Frage geht ihr davon aus, dass § 136a analog auf VE angewandt wird. Im Abschnitt Selbstbelastungen habt ihr in einem Fall zu VE die Analogiefähigkeit der Norm abgelehnt. Ich denke es wäre gut, das aufeinander abzustimmen.

Nora Mommsen
26.2.2023, 12:58:08
Hallo Juraluchs, danke dir für die Nachfrage. Ich nehme an, du beziehst dich auf den Fall mit Mafia-Pate P. Dort wird durchaus die analoge Anwendbarkeit des
§ 136a StPObejaht, allerdings ist der Fall keiner der einer Täuschung gleichkommt. Dieser Begriff ist auch bei analoger Anwendung restriktiv auszulegen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

FW
26.9.2024, 11:04:32
Wie wird denn sowas in der Praxis vor Gericht dann gehandhabt? Erfährt der Richter auch davon? Weil an sich ist das ja wirklich sinnlos, da der Richter weiß, dass der Angeklagte gestanden hat, jetzt jedoch das Geständnis nicht mehr berücksichtigen darf. Diese Kenntnis lässt sich jedoch nicht mehr aus der Erinnerung und löschen und im Endeffekt kann der Richter den Angeklagten dann ja wiederum im Rahmen der „freien Beweiswürdigung nach eigener Überzeugung“,
261 StPOverurteilen.

AdvocatusGermaniae
19.1.2025, 11:32:33
Servus! Würde die
qualifizierte Belehrungin diesem Fall deswegen ein Geständnis verwertbar machen, weil er dann wüsste, dass es nicht verwertet wird. Grundsätzlich ist diese ja nötig, wenn zuvor nicht belehrt wurde und der Beschuldigte davon ausgeht, "dass sie es eh schon wissen". Wurde hier schon belehrt? Wenn ja, wäre es ja ein Sonderfall der qualifizierten Belehrung mit der Folge, dass sie auch gilt, wenn zuvor belehrt wurde, aber eben eine
Drohungausgesprochen wurde. Ich würde mich über Antworten sehr freuen! Grüße
JulianF
20.2.2025, 13:48:47
In solchen Fällen besteht das Problem der
Fortwirkungdoch nicht darin, dass die „lähmende Wirkung“ der Vernehmungsmethode fortwirkt und deshalb die
qualifizierte Belehrungnötig ist, sondern dass der Beschuldigte nicht weiß, dass er von der früheren Aussage mangels deren Verwertbarkeit noch abrücken kann. Eine
qualifizierte Belehrungmit dem Hinweis auf die Unverwertbarkeit der früheren Aussage würde doch an der faktisch „lähmenden Wirkung“ des ersten Druckmittels überhaupt nichts ändern können.