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Klassisches Klausurproblem

Der HIV-Infizierte H ist angeklagt, da er mehrmals ungeschützten Geschlechtsverkehr ohne Aufklärung seiner Partner gehabt haben soll. In der Hauptverhandlung wird seine Ärztin A vernommen. A sagt aus, sie habe H über seine Erkrankung und die daraus resultierenden Folgen informiert, obwohl A nicht von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden wurde. A war nicht über ihr Zeugnisverweigerungsrecht (§ 53 StPO) belehrt worden, kannte dieses aber.

Einordnung des Falls

53er-Zeuge

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A ist Zeugin.

Ja!

Zeuge ist eine Person, die im Strafverfahren über ihre Wahrnehmung von Tatsachen durch eine Aussage berichten soll, ohne durch eine andere Verfahrensrolle davon ausgeschlossen zu sein (formeller Zeugenbegriff). Beweisgegenstand der Zeugenaussage sind nur vom Zeugen höchstpersönlich wahrgenommene Tatsachen, nicht Meinungen zur oder Schlussfolgerungen aus diesen Tatsachen. A sagt über die von ihr wahrgenommenen Geschehnisse in der Behandlung des H.

2. A hätte die Aussage verweigern dürfen.

Genau, so ist das!

Ärzte haben ein Zeugnisverweigerungsrecht über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Arzt anvertraut worden oder bekanntgeworden ist (§ 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO). Die Erkrankung, Behandlung und Aufklärung gehört zum Vertrauensverhältnis zwischen A und H.

3. A musste belehrt werden.

Nein, das trifft nicht zu!

Anders als bei § 52 StPO existiert eine Belehrungspflicht bei § 53 StPO nicht. Denn das Gesetz sieht die Kenntnis des Zeugen von seinem Zeugnisverweigerungsrecht als selbstverständlich an. Lediglich im Fall eines offensichtlichen Irrtums des Zeugen kann es die gerichtliche Fürsorgepflicht ausnahmsweise gebieten, den Zeugen zu belehren. A kannte sein Zeugnisverweigerungsrecht und musste nicht belehrt werden.

4. A durfte grundsätzlich nicht aussagen.

Ja!

Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient wird strafrechtlich durch § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB geschützt. Danach macht sich strafbar, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm als Arzt anvertraut worden ist. Deshalb durfte A nicht aussagen; sie hat sich daher mit ihrer Aussage wegen Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht.

5. Die Aussage der A ist verwertbar.

Genau, so ist das!

Nach hM besteht kein Verwertungsverbot wenn ein Zeuge entgegen § 53 StPO aussagt. Denn § 53 StPO beinhaltet das Recht, aber nicht die Pflicht zur Zeugnisverweigerung. Die Norm soll den Zeugen nur vor dem Konflikt zwischen Wahrheitspflicht einerseits und Schweigepflicht andererseits schützen. Bei einer eigenverantwortlichen Aussage hat die materiell-rechtliche Rechtswidrigkeit keine Auswirkung auf die prozessrechtliche Verwertbarkeit.

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Foxtrot Bravo

Foxtrot Bravo

18.1.2021, 08:50:52

Einmal 201 statt 203 geschrieben und verlinkt

Foxtrot Bravo

Foxtrot Bravo

18.1.2021, 08:52:42

Zur Praxis: würde dann umgehend ein Verfahren gegen A eingeleitet werden?

Fiat Iustitia!

Fiat Iustitia!

1.5.2021, 18:01:01

Legalitätsprinzip, die StA muss sogar ein Verfahren einleiten, sie bekommt ja unmittelbar Kenntnis von einer Straftat. Wenn der Arzt aber mit seiner Aussage maßgeblich zur Aufklärung des Verfahrens beigetragen hat, wird man wohl aus Opportunitätsgründen schon was machen können, vllt gegen Auflagen einstellen oderso dem Arzt wirds primär darum gehen kein Berufsverbot zu kassieren.

Marilena

Marilena

18.11.2021, 21:55:33

Vielen Dank für den Hinweis Foxtrot Bravo, wir haben den Fehler mit 201 korrigiert. Liebe Grüße für das Jurafuchs-Team Marilena

RAP

Raphaeljura

15.7.2023, 03:47:32

Ist die Aufzählung in § 53 I Nr. 3 StPO abschließend? Also haben andere Heilberufe kein zeugnisverweigerungsrecht?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

16.7.2023, 15:26:30

Hallo Raphaeljura, danke für deine Frage. 53 Abs. 1 S. 1 StPO nennt abschließend und ausdrücklich die Berufe, bei denen ein Zeugnisverweigerungsrecht existieren soll. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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