Strafrecht

BT 5: Verkehrsdelikte

Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB

§ 316 StGB: Keine relative Fahruntüchtigkeit

§ 316 StGB: Keine relative Fahruntüchtigkeit

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Trotz einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,3 Promille (‰) fährt T mit ihrem Motorrad zur Arbeit. Dabei begeht sie einige Geschwindigkeitsverstöße.

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Einordnung des Falls

§ 316 StGB: Keine relative Fahruntüchtigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T mit ihrem Motorrad zur Arbeit fuhr, hat sie ein „Fahrzeug im Verkehr geführt“ (§ 316 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Fahrzeuge sind vor allem Kfz aller Art, aber auch sonstige Fortbewegungsmittel (z.B. Fahrräder). Ein Fahrzeug führt, wer es unter Beherrschung seiner Antriebskräfte in Bewegung setzt oder das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung ganz oder zum Teil lenkt. Das Motorrad der T ist ein Kfz und daher unstrittig ein Fahrzeug. Da T ihr Motorrad unter Beherrschung der dafür erforderlichen technischen Funktionen bewegte, hat sie ein Fahrzeug geführt. Dies geschah im öffentlichen Verkehrsraum und damit im Straßenverkehr.
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2. T hat ihr Motorrad trotz sog. „absoluter Fahruntüchtigkeit“ im Verkehr geführt.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Fahruntüchtigkeit muss auf Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln beruhen. Nach Alkoholkonsum besteht für Kraftfahrer (auch von Motorrädern) eine unwiderlegliche Vermutung für die Fahruntüchtigkeit, wenn die BAK im Tatzeitraum einen Wert von 1,1‰ erreicht hat (absolute Fahruntüchtigkeit). Da T zur Tatzeit eine BAK von 0,3‰ aufwies, hat sie den für Kraftfahrer maßgeblichen absoluten Grenzwert nicht erreicht.

3. T hat ihr Motorrad trotz sog. „relativer Fahruntüchtigkeit“ im Verkehr geführt.

Nein!

Eine sog. relative Fahruntüchtigkeit liegt vor, wenn der Täter mindestens eine BAK von 0,3‰ aufweist und weitere Umstände vorliegen, die den Schluss rechtfertigen, dass der Täter alkoholbedingt nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen (sog. Ausfallerscheinungen). Je geringer die Alkoholisierung ist, desto gewichtiger müssen die Ausfallerscheinungen sein. T hat den Mindestwert zwar gerade so erreicht. Die von T begangenen Geschwindigkeitsverstöße sind aber keine typisch alkoholbedingten Fahrfehler. Vielmehr kommen diese auch bei nüchternen Fahrern häufig vor, so dass es sich nicht um eine alkoholbedingte Fahrunsicherheit handelt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AN

An

25.4.2024, 07:39:32

ich finde, dass man hier such argumentieren könnte, dass Alkohol grds. enthemmt und da,it ein zu schnell fahren und die damit einhergehenden Geschwindigkeitsverstöße durchaus auch auf den Alkoholkonsum zurückzuführen sein können. Was vor allem problematisch erscheint vor dem Hintergrund, dass bei höherer Geschwindigkeit auch eine schnellere Reaktionsfähigkeit zur Vermeidung von Unfällen nötig ist.

TI

Timurso

27.4.2024, 10:22:18

Das sagst du schon ganz richtig, sie KÖNNEN auf den Alkoholkonsum zurückzuführen sein. Damit man zur Bejahung des Merkmals "

Fahruntüchtigkeit

" und damit einer Verurteilung kommen kann, muss aber sicher feststehen (in dubio pro reo), dass dieser Zusammenhang besteht. Da eine Vielzahl von Geschwindigkeitsüberschreitungen regelmäßig auch ohne Alkoholkonsum geschehen, steht hier jedenfalls nicht zwangsläufig fest, dass diese alkoholbedingt sind.

AG

agi

14.10.2024, 20:56:04

Gefühlt 90% der Fahrer im Straßenverkehr halten sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzungen 😅 und das ohne Alkohol…

R.H.K.

R.H.K.

16.10.2024, 12:05:50

Ich finde auch, dass die nicht angepasste Geschwindigkeit als Ausfallerscheinung zu sehen ist. So unterstellt man jedem Verkehrsteilnehmer mit überhöhter Geschwindigkeit zu fahren. Also auch

Vorsatz

… Das ist meiner Meinung nach nicht richtig. In der Klausur ist bestimmt beides vertretbar :)

TI

Timurso

16.10.2024, 12:11:13

@[R.H.K.](216802) wie du auf diese Unterstellung kommst, erschließt sich mir nicht. Ich halte die Annahme von Ausfallerscheinungen in der Klausur in diesem Fall definitiv nicht für vertretbar, insbesondere im Hinblick auf "in dubio pro reo", siehe oben. Oder würdest du mir widersprechen, wenn ich behaupte, dass der überwiegende Teil der insgesamt begangenen Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht auf die Alkoholisierung oder sonstige

Fahruntüchtigkeit

der jeweiligen Fahrer zurückzuführen ist?


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