(Fall) Erbfähigkeit - Juristische Person
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
"Vom Tellerwäscher zum Millionär", doch vergessen hat M seine Herkunft nicht. Sein Vater war arm und obdachlos gestorben. Zeitlebens hat M eine enge Beziehung zur Obdachlosenhilfe O e.V. unterhalten. M vermacht den "Mitgliedern der Obdachlosenhilfe" die Erlöse aus seinen Rolls Royce.
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Einordnung des Falls
(Fall) Erbfähigkeit - Juristische Person
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die O ist erbfähig und hat Anspruch auf die Erlöse.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. O ist nur deshalb erbfähig, weil sie in das Vereinsregister eingetragen ist. Nicht eingetragene Vereine sind dagegen niemals erbfähig.
Nein!
3. M bedenkt testamentarisch „die Mitglieder der Obdachlosenhilfe“. Dies ist zu ungenau.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Laura
2.3.2024, 12:48:19
Ist es gängige Rechtsprechung das auch juristische Personen beerbt werden können oder übersehe ich eine entsprechende Norm? Der § 1923 spricht nämlich nur von lebenden Personen und das sind doch dann nur natürliche Personen oder?
Leo Lee
4.3.2024, 12:23:24
Hallo Laura, vielen Dank für diese sehr gute Frage! In der Tat wird in 1923 unmittelbar nichts wirklich gesagt zu jur. Personen. Jedoch folgt aus 1923, dass solche Personen erbfähig sind, die zum Zeitpunkt des Erbfalls rechtsfähig sind/waren. Bei nat. Personen mit Vollendung der Geburt (bzw. als
NASCITURUS) und bei jur. Personen mit deren Bestand. Denn jur. Personen können genauso Träger von Rechten/Pflichten sein (siehe etwa 13 I GmbHG oder 124 I HGB; bei GbR – bis zum MoPeG – als Außen-GbR durch den BGH anerkannt). Dieses Prinzip folgt aus der allg. Rechtsfähigkeit und wird durch verschiedene erbrechtliche Normen bestätigt, die von der Erbfähigkeit einer juristischen Person ausgehen (etwa § 2044 Abs. 2 S. 3, 2101 Abs. 2, 2106 Abs. 2 S. 2). Somit lautet die Antwort auf deine Frage: Es steht zwar nicht explizit drin; ergeben tut es sich allerdings aus anderen Gesetzen und der allg. Rechtsfähigkeitsl
ehre! Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Leipold § 1923 Rn. 36 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
robse27
29.7.2024, 14:35:35
Das sind doch zwei verschiedene Sachen, oder nicht (s. schon § 1939 („ohne ihn [den Bedachten] als Erben einzusetzen“). Finde es daher etwas verwirrend bzw. nicht ganz passend, wenn hier die Erbfähigkeit thematisiert wird. Könnte man vllt den Sachverhalt ggf. anpassen (dass O wirklich erben soll und nicht nur ein Vermächtnis zugesprochen bekommt)? LG :)
L.Goldstyn
6.8.2024, 21:48:06
Hallo robse27, ich sehe das ähnlich: Es wird hier durch die Aufgabe suggeriert, Erbfähigkeit und die Fähigkeit, Vermächtnisnehmer zu werden, sind identisch. Auch wenn das für den vorliegenden Fall keinen Unterschied macht (da es hier nur um die Frage der Rechtsfähigkeit geht), wäre es doch gut, wenn klar gestellt wird, dass die Fähigkeit, Vermächtnisnehmer zu werden, von der Erbfähigkeit zu unterscheiden ist.
Eike-Christian
3.9.2024, 12:39:19
Ich finde auch, dass der SV so nicht passt, weil er eindeutig ein Vermächtnis und keine Erbeinsetzung als Inhalt der letztwilligen Verfügung unterstellt. Man könnte höchstens schreiben, M „hinterlässt“ die Erlöse dem O. Dann sind wir aber schnell bei der Diskussion der Gesamtrechtsnachfolge (§§ 1922, 2032 BGB) und der Frage, ob hier in eine Einsetzung zu Bruchteilen (§ 2088 BGB) umgedeutet werden kann. Allerdings sind „die Erlöse“ (aus dem Verkauf?) schon deshalb problematisch, weil sie sich ohne
Testamentsvollstreckung praktisch nicht durchsetzen lassen. Die Erbengemeinschaft/der Erbe ist ja zunächst Eigentümer (§ 1922!) der Rolls Royce geworden.