+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K will von V für €2000 eine Katze kaufen. K möchte in Raten zahlen, wofür V eine Sicherung verlangt. Ks Freundin B verbürgt sich formgerecht für K. Als K seine Raten nicht zahlt, begleicht B die restlichen Raten. Als B erfährt, dass die Sicherungsabrede zwischen K und V gegen AGB-Recht verstößt, will B ihr Geld von V zurück.
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Einordnung des Falls
Unwirksamkeit der Sicherungsabrede bei der Bürgschaft, wenn die Zahlung bereits erfolgt ist
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Bürgschaftsvertrag zwischen B und V ist wirksam.
Ja, in der Tat!
Ein Bürgschaftsvertrag ist ein Konsensualvertrag und kommt durch Angebot und Annahme zustande. In einem Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Die Bürgschaftserklärung ist schriftlich zu erteilen (§ 766 S. 1 BGB).
B und V haben sich formwirksam darüber geeinigt, dass B für die Forderung des V gegen den K in Höhe von €2000 bürgt. Somit ist der Bürgschaftsvertrag wirksam zustande gekommen. Die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede zwischen V und K wirkt sich nicht auf die Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrages aus. Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
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2. Muss B also aufgrund des wirksamen Bürgschaftsvertrages die fehlenden Raten an V bezahlen?
Nein!
Grundsätzlich besteht für den Bürgen die Möglichkeit, gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB die Einreden des Hauptschuldners geltend zu machen. Hierbei handelt es sich um eine Ausprägung des Akzessorietätsgedankens, nach dem der Bürge grundsätzlich nicht mehr als der Hauptschuldner leisten soll. Die herrschende Meinung leitet aus dem Akzessorietätsgedanken ab, dass sich der Bürge ebenfalls gegen die Unwirksamkeit des Sicherungsvertrags wenden kann (§ 821 BGB).
Der zwischen K und V geschlossene Sicherungsvertrag ist unwirksam. V ist in ungerechtfertigter Weise durch das Bestehen der Bürgschaft bereichert, sodass dieser die Durchsetzung zu unterlassen hat. B hätte gegen die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft die Einrede nach §§ 768 Abs. 1 S. 1, 821 BGB erheben können.
3. Kann B das gezahlte Geld gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückfordern?
Nein, das ist nicht der Fall!
Ein Anspruch aus condictio indebiti (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) setzt voraus, dass der Bereicherungsschuldner
(1) etwas (Bereicherungsgegenstand)
(2) durch Leistung des Anspruchsstellers und
(3) ohne Rechtsgrund erlangt hat. V hat Eigentum und Besitz an dem Geld erlangt. B hat V bewusst das Eigentum und den Besitz an dem Geld verschafft, um ihrer vermeintlichen Bürgschaftsverpflichtung nachzukommen. Es besteht jedoch ein wirksamer Rechtsgrund in Form des Bürgschaftsvertrages.
4. Kann B das Geld nach hM gemäß § 813 Abs. 1 S. 1 BGB zurückfordern?
Ja, in der Tat!
Nach hM steht dem Bürgen ein Kondiktionsanspruch nach § 813 Abs. 1 S. 1 BGB zu, wenn er trotz Bestehens der dauerhaften Einrede nach §§ 768 Abs. 1 S. 1, 821 BGB leistet. Es mache keinen Unterschied, ob der Bürge eine eigene Einrede geltend macht oder über § 768 Abs. 1 S. 1 BGB die Einrede des Hauptschuldners. Weder der Wortlaut noch die Gesetzessystematik erfordern eine solche Differenzierung.
B hat in Unkenntnis der bestehenden Einrede an K gezahlt und kann deshalb die geleisteten Zahlungen nach § 813 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen.
Die Gegenansicht (u.a. Lorenz, Schwab) lehnt die Anwendung des § 813 Abs. 1 S. 1 BGB ab. Die Anwendung der Norm stelle eine ungerechtfertigte Privilegierung des Bürgen dar. Es müsse genügen, dass der Bürge beim Hauptschuldner Regress nehmen kann (§ 670 BGB bzw. über die cessio legis, § 774 Abs. 1 S. 1 BGB).