Rechtskraftwirkung III

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B hat in einem früheren Prozess die Aufrechnung erklärt. Das Gericht hat den Aufrechnungseinwand wegen Verspätung nicht berücksichtigt.

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Einordnung des Falls

Rechtskraftwirkung III

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B kann die Gegenforderung erneut in einem nachfolgenden Prozess geltend machen, sofern keine entgegenstehende Rechtskraft besteht.

Ja, in der Tat!

Aus § 322 Abs.2 ZPO folgt, dass eine erneute Klage mit einer zur Aufrechnung gestellten Forderung insoweit zulässig ist, soweit über die Forderung nicht in einer der Rechtskraft fähigen Art und Weise entschieden worden ist.
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2. Da die Aufrechnung als verspätet zurückgewiesen worden ist, ist über die Gegenforderung in keiner der Rechtskraft fähigen Weise entschieden worden.

Ja!

Wenn eine Aufrechnungserklärung (Verteidigungsmittel des Beklagten) vom Gericht als verspätet zurückgewiesen wird (§ 296 ZPO), entfaltet sie (1) keine prozessrechtliche Wirkung und (2) hat die Zurückweisung analog § 139 BGB auch die materielle Unwirksamkeit der Aufrechnungserklärung zur Folge. In einem solchen Fall erfolgt daher keine Entscheidung über die Gegenforderung in der Sache (§ 322 Abs.2 ZPO). Dies gilt aber nur dann, wenn der Aufrechnungseinwand selbst zurückgewiesen worden ist. Nicht hingegen, wenn die der Gegenforderung zugrunde liegenden Tatsachen verspätet sind. Denn dann ist über die Gegenforderung gem. § 322 Abs.2 ZPO entschieden worden.

3. Ist B in einem Nachfolgeprozess wegen entgegenstehender Rechtskraft gehindert, seine Gegenforderung geltend zu machen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Es wurde hier über die Gegenforderung nicht rechtskräftig entschieden (§ 322 Abs. 2 ZPO), denn der Aufrechnungseinwand wurde lediglich als verspätet zurückgewiesen und über die Forderung nicht in der Sache entschieden. B ist durch die Erklärung der Aufrechnung in dem früheren Verfahren also nicht daran gehindert, die Forderung erneut einzuklagen. In der Zulässigkeit der Klage im nachfolgenden Prozess ist zu erläutern, ob die Forderung noch einmal geltend gemacht werden darf oder ob anderweitige Rechtskraft entgegensteht (§ 322 Abs. 2 ZPO). In der Begründetheit ist darzustellen, dass sich die Aufrechnung weder prozessual noch materiell-rechtlich (analog § 139 BGB) ausgewirkt hat und die Forderung daher nicht nach § 389 BGB erloschen ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ALE

Aleks_is_Y

23.4.2024, 16:33:48

Was bedeutet, dass die "Tatsachen als verspätet" zurückgewiesen werden? Und warum hat dies eine materielle Entscheidung über die Aufrechnung zur Folge?

TI

Timurso

24.4.2024, 11:27:31

Nach § 296 ZPO kann Parteivorbringen (also Tatsachen) unter bestimmten Voraussetzungen als verspätet zurückgewiesen werden. Dies hat zur Folge, dass sie in diesem Prozess keine Berücksichtigung finden. Dies hat auch keine materielle Entscheidung über die Aufrechnung zur Folge. Über die Aufrechnung wird dann in diesem Prozess nicht entschieden. Daher kann wegen der Hauptforderung ein neuer Prozess geführt werden.

ALE

Aleks_is_Y

5.5.2024, 15:27:08

Super! Vielen Dank für die Antwort! Ich habe mich mit meiner Frage auf einen der "Vertiefungskästen" der Aufgabe bezogen, dort lautet es nämlich: "Dies gilt aber nur dann, wenn der Aufrechnungseinwand selbst zurückgewiesen worden ist. Nicht hingegen, wenn die der Gegenforderung zugrunde liegenden Tatsachen verspätet sind. Dann ist über die Gegenforderung gem. § 322 II ZPO entschieden worden." Die Bedeutung dieser Vertiefung habe ich leider noch nicht verstanden.

Dominik

Dominik

15.5.2024, 12:04:38

@[Aleks_is_Y](225618), es ist wie oben von @[Timurso](197555) ausgeführt. Verspätetes Vorbringen der Parteien kann unter den Voraussetzungen des § 296 ZPO durch das Gericht zurückgewiesen werden und ist dann in der Entscheidung nicht zu berücksichtigen. In der Vertiefung ist die Aufrechnung selbst nicht verspätet, aber die sie begründenden Tatsachen sind verspätet. Beispiel: Der Beklagte ist zum Bestehen der Gegenforderung beweisbelastet. Ein Beweis wird erst nach mündlicher Verhandlung angeboten. Das Gericht entscheidet dann, dass die Gegenforderung nicht besteht.


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