Strafrecht

Strafprozessrecht

Das Erkenntnisverfahren

Beschränkung der Verfolgung nach § 154a

Beschränkung der Verfolgung nach § 154a

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

Berufseinbrecher E gelangt in die Villa des O, indem er die Terassentür einschlägt. Er stiehlt dessen Stradivari-Geige im Wert von €500.000. Staatsanwältin S will Anklage erheben.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Beschränkung der Verfolgung nach § 154a

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wohnungseinbruchdiebstahl, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung stehen in Tateinheit zueinander (§ 52 StGB).

Ja, in der Tat!

Tateinheit liegt vor, wenn dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals verletzt. Wohnungseinbruchdiebstahl, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung wurden durch dieselbe Handlung im Rahmen einer Handlungseinheit verwirklicht (§ 52 StGB).
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Bei diesen einzelnen Delikten handelt es sich um eine einzige prozessuale Tat (§ 264 StPO).

Ja!

Eine Tat im prozessualen Sinne ist das gesamte Verhalten des Beschuldigten, soweit es mit dem in der Anklage beschriebenen Sachverhalt nach allgemeiner Lebensauffassung einen einheitlichen, inhaltlich zusammenhängenden Vorgang bildet. Entscheidende Kriterien hierfür sind: (1) Tatort, (2) Tatzeit (3) Tatopfer und (4) Tatbild. Dieser Tatbegriff ist weiter als der materielle Tatbegriff. Faustformel: Bei Tateinheit (§ 52 StGB) liegt regelmäßig auch eine Tat im prozessualen Sinne vor. Bei Tatmehrheit i.S.v. § 53 StGB ist zu prüfen, ob die selbständigen materiellen Taten einen einheitlichen Lebensvorgang bilden. Dies ist zu verneinen, wenn die einzelnen Delikte mit großem zeitlichen Abstand begangen wurden.

3. S kann die Verfolgung auf den Wohnungseinbruchdiebstahl beschränken (§ 154a Abs. 1 StPO).

Genau, so ist das!

Die Verfolgung von abtrennbaren Teilen oder mehreren Gesetzesverletzungen einer prozessualen Tat kann beschränkt werden, wenn die zu erwartende Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fällt (§ 154a Abs. 1 Nr. 1 StPO). Bei der Tat des E handelt es sich um eine prozessuale Tat mit drei Gesetzesverletzungen (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB, § 123 StGB, § 303 StGB). Der Hausfriedensbruch und die Sachbeschädigung fallen im Verhältnis zum Wohnungseinbruchdiebstahl nicht beträchtlich ins Gewicht.

4. Solange noch kein Urteil ergangen ist, kann S nach einer Beschränkung der Verfolgung gem. § 154a Abs. 1 StPO nochmal Ermittlungen aufnehmen.

Ja, in der Tat!

Allein die Beschränkung der Verfolgung nach § 154a Abs. 1 StPO führt nie zu einem Strafklageverbrauch. Solange kein Urteil ergeht, können die Ermittlungen wieder aufgenommen werden. Bei einer Einstellung nach § 154a bleibt aber die gesamte Tat angeklagt und Gegenstand der Urteilsfindung (§§ 155, 264 StPO) denn Begriff und Umfang der Tat liegen nicht im Ermessen der Staatsanwaltschaft. Das Gericht kann die Beschränkung jederzeit vornehmen und wieder aufheben. Nach einer rechtskräftigen Entscheidung über die Straftat tritt Strafklageverbrauch auch bezüglich des beschränkten Teils ein. Sowohl eine erneute Anklage nach rechtskräftigem Freispruch als auch eine Doppelbestrafung sind unzulässig (Art. 103 Abs. 3 GG, ne bis in idem).
Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* Nach dem Probeabo ab 7,99€ /Monat (weitere Infos). Ich akzeptiere die AGB und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Felix Finito

Felix Finito

19.4.2024, 17:31:19

In der 1. (?) Antwort der Aufgabe wurde bejaht, dass § 123 und § 244 StGB in Tateinheit zueinander stehen. Meines Wissens nach tritt der Hausfriedensbruch regelmäßig beim Wohnungseinbruchsdiebstahl im Wege der

Gesetzeskonkurrenz

(

Konsumtion

) zurück. Könntet ihr eure Lösung noch näher begründen?

Mi. S.

Mi. S.

30.7.2024, 11:57:35

Das würde mich auch interessieren!


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

Jurafuchs

Klageerzwingungsverfahren 1

T sagt zu O, dass er ihm die Zunge abschneiden werde, wenn O weiter so viel über ihn lästert. O verlangt von der Staatsanwältin S die Strafverfolgung, diese stellt das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts ein (§ 170 Abs. 2 StPO).

Fall lesen

Jurafuchs

Klageerzwingungsverfahren 2

Omi O stellt Strafantrag gegen den T. T hatte ihr unter Androhung von Gewalt den Gehstock weggenommen. O verlangt bei der Polizei die Strafverfolgung von T. Nach Ableistung von 100 Stunden gemeinnützigen Dienstes in einem Pflegeheim stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren gemäß § 153a StPO ein. O will dagegen vorgehen.

Fall lesen

Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* Nach dem Probeabo ab 7,99€ /Monat (weitere Infos). Ich akzeptiere die AGB und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.