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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Händler H bestellt bei Brillenproduzent P eine neue Ray Ban Clubmaster Sonnenbrille. Als H sie im Geschäft probehalber aufsetzt, bricht sie in der Mitte auseinander. Ursache ist ein Materialfehler. Als H bei P eine neue Brille verlangt, sagt P, das könne er vergessen, H werde von ihm niemals eine neue Brille erhalten, es sei sein Pech.

Einordnung des Falls

Erfüllungsverweigerung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag setzt immer eine fruchtlos verstrichene Frist voraus (§§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Rücktritt setzt voraus, dass der Käufer eine fruchtlos abgelaufene Frist gesetzt hat (§ 323 Abs. 1 S. 1 BGB) oder die Fristsetzung entbehrlich ist (§§ 323 Abs. 2, 326 Abs. 5, 440 BGB). Aus diesem Fristsetzungserfordernis ergibt sich der Vorrang der Nacherfüllung und das „Recht“ des Verkäufers zur zweiten Andienung: Er hat die Chance auf einen zweiten Erfüllungsversuch innerhalb der Frist. Eine Fristsetzung ist jedoch nur dann sinnvoll und erforderlich, wenn die Nacherfüllung noch möglich ist. Bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung ist daher die Fristsetzung entbehrlich (§ 326 Abs. 5 BGB), ebenso in den Fällen der § 440, 323 Abs. 2 BGB.

2. Um zurücktreten zu können, müsste H dem P eine Frist zur Nacherfüllung setzen (§ 323 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Beim Rücktritt vom Kaufvertrag kann eine Fristsetzung nach den §§ 323 Abs. 2, 326 Abs. 5, 440 BGB entbehrlich sein. Eine Fristsetzung ist etwa entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Eine solche Erfüllungsverweigerung liegt nur unter strengen Voraussetzungen vor: Das Verhalten des Schuldners muss unzweifelhaft als sein „letztes Wort“ zu verstehen sein, sodass eine Änderung seiner Haltung ausgeschlossen und die Fristsetzung als reine Förmelei erscheint.P hat von Anfang an seine endgültige Weigerungshaltung ausgedrückt, so dass ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung zur Nacherfüllung umstimmen ließe. Er hat damit „das letzte Wort“ gesprochen ernsthaft und endgültig die Leistung verweigert (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

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simon175

simon175

20.1.2023, 13:51:52

Liegen diese strengen Voraussetzungen auch vor, wenn der Verkäufer in seinen AGB ausdrücklich jede potentielle Nacherfüllung verweigert und zum Ausdruck bringt, dass er vom Recht der zweiten Andienung keinen Gebrauch machen möchte?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.1.2023, 15:44:02

Hallo simon175, danke für deine Frage. Für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern gilt gem. § 309 Nr. 8 b) bb) BGB folgendes: Eine Klausel ist unwirksam, sofern sie "die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt [...], sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten;". Das heißt auch bei Verbraucherverträgen ist es grundsätzlich möglich statt Nacherfüllung nur Minderung oder Rücktritt zuzulassen. Da für B2B Verträge diese Vorschrift nicht gilt und nur der Kerngedanke übertragbar ist, ist es erst Recht möglich für die Nacherfüllung in AGB entsprechend abweichendes zu regeln. Abweichendes könnte sich im Rahmen des § 327l BGB ergeben, sollte diese Norm von der Rechtsprechung als nicht dispositiv erkannt werden. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

13.9.2023, 20:48:18

Liebes Jurafuchs-Team, nicht böse gemeint, aber ihr könnt mich gerne einstellen bzw. ich bewerbe mich gerne um eine Stelle bei euch und kümmere mich gerne um die untergelaufenen Rechtschreibfehler... -.-

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.9.2023, 17:20:30

Hi Diaa, vielen Dank für den Hinweis. Wir sind die Aufgabe noch einmal durchgegangen und haben den Fehler beseitigt. Grundsätzlich durchläuft jeder unserer Fälle einen mehrstufigen Redaktionsprozess, um euch nicht nur inhaltlich, sondern auch redaktionell Content auf dem höchsten Niveau zu bieten. Sollte uns dabei im Einzelnen einmal ein Fehler unterlaufen, freuen wir uns über entsprechende Hinweise. Dann werden wir diese schnellstmöglich beseitigen. Vielen Dank für Deine Mithilfe und beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

24.9.2023, 10:41:30

Lieber @[Lukas_Mengestu](136780), ich bin mir eurer Anstrengungen um einer effiziente und lehrreiche Jurafuchsseite bewusst. Es war keinesfalls meinerseits böse gemeint. Ich würde mich schon sehr über eine Zusammenarbeit/Anstellung freuen. Ich habe leider die Ausschreibung nach wissenschaftlichem Mitarbeiter verpasst. Ich probiere mein Glück mit der nächsten Ausschreibung :)

DIAA

Diaa

24.9.2023, 10:42:00

....um eine....****

NIC

Nickname

26.5.2024, 21:16:08

Ich bin echt massiv irritiert. Im Sachverhalt steht, dass der H die Brille im Geschäft des P nur probehalber anzieht. Das Mängelgewährleistungsrecht ist ab Gefahrübergang, d.h. in der Regel mit der Übergabe der Sache, anwendbar gem. § 446 BGB. Zwar hat H die Brille hier zum Anprobieren bekommen, allerdings befindet er sich ja noch im Geschäft und es war eben nur probehalber. Dann liegt hier doch keine Übergabe (Besitzverlust auf Seiten des Veräußertes, Besitzverschaffung auf Erwerberseite, auf Veranlassung des Veräußerers) vor?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

27.5.2024, 09:43:02

Hi Nickname, kann es sein, dass Du beim Überfliegen des Sachverhaltes davon ausgegangen bist, dass ein Kunde die Brille zerstört hat? Dann läge in der Tat noch kein Gefahrübergang vor. Hier hat der Produzent aber die Brillen an den Händler H geschickt und dieser hat sie in seinem Geschäft einfach einmal anprobiert. Mit dem Versand der Ware kam es hier auch zum Gefahrübergang (§ 447 Abs. 1 BGB), sodass das Kaufmängelgewährleistungsrecht Anwendung findet :-) Beste Grüße, Lukas

BE

Bioshock Energy

28.5.2024, 14:07:39

Hallo, Ich glaube Nickname ging davon aus, dass der H die Brille im Geschäft des P anprobiert hat. Man kann den Sachverhalt beim ersten lesen durchaus so verstehen, hab ihn ehrlich gesagt auch erst so verstanden aber durch Lukas` Erklärung ist es jetzt auf jeden Fall klar. Vielleicht könnte man den Sachverhalt insofern abändern, dass man schreibt, dass der H die Brille "in seinem Geschäft" probehalber anprobiert, um Missverständnisse zu vermeiden.

NY

NY

31.5.2024, 13:14:04

Ist das hier nicht eher ein Fall von § 440 BGB, da der Verkäufer ja mangelhaft geliefert hat und dann die Nacherfüllung verweigert? Wie erkenne ich den Unterschied zwischen § 323 II Nr. 1 und § 440? Gelten die § 323 II Nr. 1 und 2 immer auch für die Nacherfüllung?

† 22. juli 2024

† 22. juli 2024

28.6.2024, 13:05:28

Hey, vielleicht kann ich dir ein Stück mehr Klarheit verschaffen bis eine ausführlichere Antwort kommt: § 440 bezieht sich auf eine Verweigerung der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 4 aufgrund unverhältnismäßiger Kosten für den V, obwohl sie noch möglich wäre.

§ 323 Abs. 2

Nr. 1 gilt ganz allgemein auf eine Verweigerung wie hier „hast du Pech gehabt/Mach ich einfach nicht“ und nicht weil eine Nacherfüllung mit unverhältnismäßigen Kosten für den V verbunden wäre. Viele Grüße und viel Erfolg im Studium weiterhin :)


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