Erlaubtsein 1

6. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

X betreibt eine Musikschule. Die Regierungspartei hält Musik für Frevel und erlässt ein Gesetz, das den Betrieb von Musikschulen verbietet. X betreibt seine Musikschule weiterhin. Die Polizei will die Schule daraufhin schließen.

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Einordnung des Falls

Erlaubtsein 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG setzt voraus, dass die Tätigkeit erlaubt ist.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und in ideeller und materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. Das Erlaubtsein der Tätigkeit ist keine Voraussetzung. Andernfalls hätte es der einfache Gesetzgeber in der Hand, den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG zu verändern und eine berufliche Tätigkeit durch ein gesetzliches Verbot dem Schutz der Berufsfreiheit zu entziehen. Obwohl der Betrieb der Musikschule von X nicht erlaubt ist, fällt die Tätigkeit in den sachlichen Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Mephisto

Mephisto

29.12.2023, 14:04:05

a.A. zum Beispiel Epping, der vom Schutzzweck des Art. 12 I GG argumentiert und meint, dass dieser nicht die allgemeine berufliche Handlungsfreiheit schützt, sondern den Beruf an sich. Ein Verhalten, wie der Diebstahl (eine Handlung) ist unabhängig von einem Beruf verboten und wird nicht dadurch besonders schützenswert (durch Art.12 I GG), weil eine Person sich den Diebstahl als Beruf zu eigen macht. Dies sollte nach seiner Ansicht vielmehr durch Art. 2 I GG geschützt werden Vgl. ders, in: Grundrechte, Rn.380, 8- Aufl.

rex ipso iure

rex ipso iure

27.5.2024, 03:12:36

Inwiefern ist das eine andere Ansicht

Whale

Whale

20.7.2024, 10:02:36

In den Fällen vorher steht, dass Tätigkeiten, wenn sie schon ihrem Wesen nach als verboten anzusehen sind, weil sie schlechthin sozialschädlich sind, nicht dem Schutzbereich des Art. 12 I GG unterfallen. Könnte man da dann nicht auch das Argument heranziehen, dass es in der Macht des Gesetzgebers steht, auch hier bereits den Schutzbereich der Berufsfreiheit zu formen, indem dieser zB mittels Propaganda Narrativen schafft, die die Sozialschädlichkeit erst begründen und dann ein Gesetz dazu beschließt? Als Beispiel fallen mir da Clubs für Homosexuelle ein. Gerade erleben wir ja leider sehr viel Hass in einigen Ländern, was das angeht. Mir erscheint dieses Konstrukt der Sozialschädlichkeit zu instabil.

LELEE

Leo Lee

21.7.2024, 17:39:16

Hallo Whale, vielen Dank für die sehr gute und auch wichtige Frage! Vorab: Du liegst richtig mit deinem Gefühl, dass die Erforderlichkeit der „Sozialschädlichkeit“ keine wirklich stabile/feste ist, weshalb sie auch einer „Propaganda“ anheimfallen kann, wodurch dann wiederum der Schutzbereich beeinflusst werden kann. Beachte allerdings, dass immer noch eine sehr wichtige Kautel bei Art. 12 GG existiert: Der Gesetzgeber darf NICHT durch das einfache Recht den Beruf definieren. Alles was darüber hinausgeht, also die Einstellung der Gesellschaft ggü. bestimmten Berufen, wird nunmal durch den Zeitgeist geprägt und kann auch somit Gegenstand von Einflüssen (oder eben auch Propaganda sein). Das steht zwar in keinem Kommentar drin, jedoch scheint der Gedanke dahinter zu sein, dass die Gesellschaft es „selbst“ wissen muss, ob sie sich von solcher Propaganda beeinflussen lassen möchte oder nicht. Es ist eine sehr schwierige und – vor allem rechtspolitische – Frage. Hierzu kann ich i.Ü. noch die Lektüre vom Jarass/Pieroth GG 18. Auflage, Jarass Art. 12 Rn. 9 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Whale

Whale

22.7.2024, 11:01:34

Vielen Dank! Das passt ja dann in das Gesamtbild des BVerfG vom Menschen als mündigen Bürger.


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