Zivilrecht

Examensrelevante Rechtsprechung ZR

Entscheidungen von 2022

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Kenntnis eines Mangels der Kaufsache bei vollmachtloser Vertretung

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Kenntnis eines Mangels der Kaufsache bei vollmachtloser Vertretung

9. Mai 2023

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs-Illustration zum Fall zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Kenntnis eines Mangels der Kaufsache bei vollmachtloser Vertretung (BGH, Urt. v. 06.05.2022 - V ZR 282/20): Ein Käufer bringt eine Genehmigung zum Briefkasten. Er wird das Schreiben ein.

V und K schließen am 03.04. einen Kaufvertrag über das Haus der V. Für K tritt ein vollmachtloser Vertreter auf. Am 15.04. verfasst K eine Genehmigungserklärung. Am 06.05. erfährt K, das Haus ist mangelhaft. Am 29.05. schickt K die Genehmigungserklärung an V mit dem Hinweis, sich Mängelrechte vorzubehalten.

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Einordnung des Falls

Der BGH hatte zu entscheiden, wann der maßgebliche Zeitpunkt für die Kenntnis eines Mangels der Kaufsache bei vollmachtloser Vertretung sei. Es kommt maßgeblich auf den Zeitpunkt der Abgabe der Genehmigungserkärung an. Erst hiermit wird der Wille zu dem Vertragsschluss nach außen bekundet. Im Zeitpunkt der Abgabe der Genehmigungserklärung hatte K Kenntnis vom Mangel. Dass Sie die Genehmigungserklärung bereits deutlich früher verfasst hatte, ist unerheblich. Zögert K die Abgabe der Erklärung selbst hinaus, muss sie sich die zwischenzeitlich erlangte Kenntnis zurechnen lassen.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K verlangt von V Schadensersatz. Könnte K ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen, §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB?

Ja, in der Tat!

Die Mängelgewährleistungsrechte des Käufers sehen in § 437 Nr. 3 BGB die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatz vor. Die richtige Anspruchsgrundlage ist laut BGH im vorliegenden Fall § 437 Nr. 3 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB. Voraussetzungen des Anspruchs sind (1) Kaufvertrag, (2) mangelhafte Kaufsache bei Gefahrübergang, (3) kein Ausschluss der Mängelgewährleistung, (4) Vertretenmüssen und (5) Schaden. Im Originalfall war das Vorliegen des Sachmangels sogar streitig, es kam aber letztlich nicht darauf an. Der BGH geht – wie wir – davon aus, dass es sich um einen behebbaren Sachmangel handelte, weshalb § 281 Abs. 1 BGB – und nicht etwa § 283 oder § 311a BGB – anwendbar ist. Für den richtigen Einstieg in Deine Klausur solltest Du unbedingt Zeit darauf verwenden, die richtige Anspruchsgrundlage zu identifizieren.
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2. Für Ks Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB müsste ein Kaufvertrag bestehen. Kommt der Kaufvertrag zwischen K und V bereits durch die Willenserklärung des vollmachtlosen Vertreters zustande?

Nein!

Der Kaufvertrag kommt zustande durch übereinstimmende Willenserklärungen im Sinne von Angebot und Annahme. Tritt bei Vertragsschluss ein vollmachtsloser Vertreter auf, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab (§ 177 Abs. 1 BGB). Durch den Vertragsschluss unter Beteiligung des vollmachtlosen Vertreters der K kam der Vertrag zunächst noch nicht zustande, sondern war bis zur Genehmigung durch K schwebend unwirksam.

3. Kommt der Kaufvertrag unter Beteiligung eines vollmachtlosen Vertreters durch den Zugang der Genehmigungserklärung zustande?

Genau, so ist das!

Tritt bei Vertragsschluss ein vollmachtsloser Vertreter auf, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab (§ 177 Abs. 1 BGB). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Genehmigung eine bedingungsfeindliche Willenserklärung. Wird die Genehmigung unter eine Bedingung gestellt, ist sie unwirksam. Der Vertretene hat es mit der Erteilung seiner Genehmigung in der Hand, den schwebend unwirksamen Vertrag wirksam werden zu lassen. Der Schwebezustand kann aber auch vom Vertragspartner beendet werden, der sein Gegenüber zur Abgabe der Genehmigung bewegen kann (§ 177 Abs. 2 BGB).

4. Hat K ihre Genehmigung unter eine Bedingung gesetzt, indem sie ihre Genehmigungserklärung mit dem Hinweis versah, sich Mängelrechte vorzubehalten?

Nein, das trifft nicht zu!

Ob eine Bedingung vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Bei Willenserklärungen richtet sich die Auslegung nach §§ 133, 157 BGB. K hat die Genehmigung lediglich mit einem Vorbehalt versehen. Es liegt deshalb nahe, dass K die Genehmigung nicht von dem Bestehen der Mängelrechte abhängig machen wollte. Vielmehr wollte sie den Vertrag genehmigen und sich gleichzeitig bestimmte gesetzliche Rechte vorbehalten. Zwingend ist diese Auslegung jedoch nicht. Deutet man den Hinweis der K dahingehend, dass sie sich nur dann an den Vertrag gebunden sehen will, wenn ihr Mängelrechte zustehen, könnte man in der Erklärung auch eine Bedingung erkennen. Ob Ks Vorbehalt zur Erhaltung der Rechte führt, ist eine von der Wirksamkeit des Kaufvertrages zu trennende Frage.

5. Die K hat die Verpflichtung des vollmachtlosen Vertreters genehmigt. Existiert damit ein wirksamer Kaufvertrag?

Ja!

Tritt bei Vertragsschluss ein vollmachtsloser Vertreter auf, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab (§ 177 Abs. 1 BGB). Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück (§ 184 Abs. 1 BGB). K hat durch ihre Genehmigungserklärung den zunächst schwebend unwirksamen Vertrag genehmigt. Der Vertrag ist damit rückwirkend (§ 184 Abs. 1 BGB) zustande gekommen. Laut Sachverhalt lag auch ein Mangel vor.

6. Könnte der Anspruch jedoch ausgeschlossen sein, wenn K bei Vertragsschluss den Mangel kennt?

Genau, so ist das!

Nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ist dem Käufer ein Berufen auf Mängelgewährleistungsrechte versagt, wenn er „bei Vertragsschluss des Mangel kennt“. § 442 Abs. 1 BGB trägt dem Umstand Rechnung, dass der Käufer nur dann schutzwürdig ist, wenn er keine Kenntnis vom Mangel hatte, der ihn zur Mängelgewährleistung berechtigen soll. § 442 Abs. 1 BGB ist ein überaus beliebtes Klausurproblem.

7. Am 03.04. kannte K den Mangel noch nicht. Kommt es hier für die Kenntnis nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 03.04. an?

Nein, das trifft nicht zu!

Nach dem Wortlaut des § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ist dem Käufer ein Berufen auf Mängelgewährleistungsrechte versagt, wenn er „bei Vertragsschluss den Mangel kennt“. Bei der Anwendung von § 442 Abs. 1 S. 1 BGB muss jedoch auch dessen Sinn und Zweck berücksichtigt werden: Nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Käufer nur dann schutzwürdig ist, wenn er keine Kenntnis vom Mangel hat in dem Zeitpunkt, in dem er seinen Willen zum Kauf bekundet. Andernfalls verhält er sich widersprüchlich. Typischerweise ist das der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Bei gestreckten Geschäften sowie bei Geschäften unter Beteiligung vollmachtloser Vertreter ist dies jedoch anders. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses - 03.04. - hatte K keine Kenntnis vom Mangel. Nach dem Wortlaut von § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ist ihm die Geltendmachung von Mängelgewährleistungsrechten nicht versagt. Aber nach Sinn und Zweck muss es auf einen späteren Zeitpunkt ankommen (teleologische Reduktion): Am 03.04. gibt es – mangels Genehmigung – noch keine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung der K. K hat es vielmehr noch „in der Hand“, den Vertragsschluss herbeizuführen oder nicht. Deshalb ist hier auch nicht maßgeblich, dass unter Anwendung von § 184 Abs. 1 BGB die Genehmigung auf den ursprünglichen Vertragsschluss zurückwirkt.

8. Kommt es hier für die Kenntnis nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB darauf an, ob K im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Vertrags - also mit Zugang ihrer Genehmigungserklärung vom 29.05. - Kenntnis von dem Mangel hatte?

Nein!

Nach dem Wortlaut ist für die Kenntnis der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Bei einem Vertragsschluss unter Beteiligung eines vollmachtlosen Vertreters ist § 442 Abs. 1 S. 1 BGB jedoch teleologisch zu reduzieren: § 442 Abs. 1 S. 1 BGB will ausschließen, dass ein Käufer seinen Willen zum Kaufvertrag in Kenntnis eines Mangels bekundet und anschließend Mängelrechte geltend macht (widersprüchliches Verhalten). Anknüpfungspunkt des widersprüchlichen Verhaltens ist die Willensbekundung des Käufers zum Abschluss des Kaufvertrags. Maßgebliche Willensbekundung für einen Vertragsschluss unter Beteiligung eines vollmachtlosen Vertreters ist die Abgabe der Genehmigungserklärung des Vertretenen. Erlangt der Käufer nach Abgabe der Willensbekundung, aber vor ihrem Zugang Kenntnis vom Mangel, ist ein Berufen auf Mängelrechte nicht widersprüchlich. Erhält der Käufer hingegen vor Abgabe der Willensbekundung Kenntnis von Mangel, verhält er sich widersprüchlich wenn er sich danach auf Mängelrechte beruft. Will der Käufer den Kaufvertrag trotz des Mangels der Kaufsache abschließen, kann er keine Mängelrechte geltend machen. . Maßgeblich ist, ob K zum Zeitpunkt der Abgabe ihrer Genehmigungserklärung – also am 29.05. – Kenntnis vom Mangel hatte.

9. Kann K weiterhin ihre Mängelrechte geltend machen, weil sie keine Kenntnis von dem Mangel hatte, als sie die Genehmigungserklärung am 15.04. verfasste?

Nein, das ist nicht der Fall!

Es kommt maßgeblich auf den Zeitpunkt der Abgabe der Genehmigungserkärung an. Erst hiermit wird der Wille zu dem Vertragsschluss nach außen bekundet. Im Zeitpunkt der Abgabe der Genehmigungserklärung hatte K Kenntnis vom Mangel. Dass Sie die Genehmigungserklärung bereits deutlich früher verfasst hatte, ist unerheblich. Zögert K die Abgabe der Erklärung selbst hinaus, muss sie sich die zwischenzeitlich erlangte Kenntnis zurechnen lassen.

10. Scheidet eine Anwendung von § 442 Abs. 1 S. 1 BGB hier aus, weil die K sich ihre Mängelrechte vorbehalten hat?

Nein, das trifft nicht zu!

Dass K sich ihre Mängelrechte hat vorbehalten wollen, ändert nichts an der Widersprüchlichkeit ihres Verhaltens. Wäre K wegen des Mangels mit dem Vertrag nicht einverstanden gewesen, hätte K den Vertrag nicht genehmigen dürfen. Dies hat sie jedoch getan und kann sich damit nicht auf einen Vorbehalt berufen. K war es auch zuzumuten, sich über ihre Möglichkeiten zu erkundigen, den Eintritt der Wirksamkeit zu verhindern. Ks Ansprüche aus Mängelgewährleistung sind damit nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DAN

Daniel

24.2.2023, 18:43:17

Wenn K das Haus also trotz bekannt gewordener Mängel kaufen will, aber nicht auf den Mängelbeseitigungskosten usw. sitzen bleiben will, müsste sie einen neuen KV mit V aushandeln und dabei beispielsweise auf vorherige Mängelbeseitigung oder einen entsprechend niedrigeren Kaufpreis bestehen?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

25.2.2023, 09:15:59

Hallo Daniel, grundsätzlich entfaltet der Kaufvertrag Bindungswirkung. Aufgrund des § 442 Abs. 1 BGB ist genauso wie die Schadensersatzansprüche auch der Rücktritt ausgeschlossen mangels Mängelansprüchen. Ein Anfechtungsgrund liegt in diesem Fall ebenfalls nicht vor. Insbesondere liegt kein Fall des § 119 Abs. 1 BGB vor. Ein neuer Vertrag wäre daher einzig und allein von dem guten Willen des V abhängig. Es ist den Parteien natürlich unbenommen abweichend von den gesetzlichen Regeln einen neuen Vertrag zu schließen und den alten aufzuheben. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DAN

Daniel

26.2.2023, 22:44:42

Danke für die Antwort. Natürlich sind Verträge zu halten, aber ich meinte, wenn die Mängel vor Abschluss eines KV bekannt werden. Meinetwegen auch wie in diesem Fall vor der Genehmigung eines von einem vollmachtlosen Vertreter geschlossenen Vertrages, das läuft ja im Ergebnis auf das gleiche hinaus. Insofern war meine Formulierung "neuer KV" etwas missverständlich, damit meinte ich einen "neuen KV-Entwurf". Ist es dann so wie in meiner Frage?

DAN

Daniel

2.3.2024, 23:20:40

Liebes Jurafuchs-Team, auch mich würde dies interessieren. Würde das nicht bedeuten, dass der Vorbehalt von Mängelrechten immer nur eine leere Floskel ist? Stehen dem Käufer Mängelgewährleistungsrechte zu bekommt er sie auch ohne Vorbehalt. Stehen Sie ihm wie hier gem. § 442 I BGB grundsätzlich nicht zu, so ändert auch sein Vorbehalt nichts. Die vom anderen Daniel erwähnt Konstellation eines neu abzuschließenden Vertrages fände ich daher grundsätzlich interessant. Liebe Grüße, Daniel

BAR

baro

28.2.2023, 08:10:36

Muss die Genehmigungserklärung nicht notariell beurkundet sein?

SE.

se.si.sc

28.2.2023, 08:56:07

Nach § 182 II BGB muss sie das grundsätzlich nicht, wovon es nur einige wenige gesetzliche Ausnahmen gibt (z.B. §§ 182 III iVm 111 S. 2 BGB). Jedenfalls nach der Rspr. gilt die

Formfreiheit

sogar dann, wenn sich die Vollmacht explizit auf ein Geschäft bezieht, für das die Vollmachtserteilung selbst ausnahmsweise formbedürftig war (Grüneberg, § 177 Rn. 7; vgl. auch § 167 II BGB). Danach würde wegen des eindeutigen Gesetzeswortlauts sogar die Warnfunktion des § 311b I 1 BGB zum Schutz vor Übereilung hier also nicht dafür sorgen, dass die Genehmigung des Vertreterhandelns formpflichtig ist. Ein TdL sieht das anders und spricht sich in bestimmten Fällen für eine teleologische Reduktion für den Fall der Genehmigung aus - Einzelheiten lassen sich insbesondere den gängigen (Groß-)Kommentierungen zu § 182 BGB entnehmen.

BAR

baro

28.2.2023, 08:59:18

Vielen Dank! Ja, den § 182 Abs. 2 BGB hatte ich übersehen.

BAR

baro

28.2.2023, 09:00:50

Aber vorliegend handelt es sich doch um einen vollmachtlosen Vertreter? Laut Lösung, ich meine 2. oder 3. Antwort benötigt man bei diesem Fall doch eine notariell beurkundete Genehmigung? Oder verstehe ich die Lösung falsch?

SE.

se.si.sc

28.2.2023, 09:17:05

Genau, es handelt sich um einen vollmachtlosen Vertreter. Und für von diesem geschlossene Verträge kommt es eben nach § 177 I BGB auf eine Genehmigung an, die sich wiederum nach § 182 I, II BGB richtet. Und du verstehst die Lösung völlig richtig. Anscheinend vertritt sie hier (leider) eine recht deutliche Mindermeinung, ohne entsprechend hervorzuheben oder überhaupt kenntlich zu machen, dass es sich um eine Mindermeinung handelt. Zumindest der Hinweis auf § 182 II BGB müsste hier auf jeden Fall kommen. Schau dazu wie gesagt gerne mal in die Kommentierungen zu § 177 und § 182 BGB, da wird das alles haarklein aufgedröselt.

BAR

baro

28.2.2023, 09:20:05

Das werde ich tun, habe hier leider grad keine Kommentierung. Habe mir aber alles aufgeschrieben und werde es nacharbeiten. Dankeschön!

SE.

se.si.sc

28.2.2023, 10:42:41

Gerne! Und sorry für die Verwirrung mit vollmachtlosem Vertreter/Vollmacht, da bin ich kurz gedanklich bei § 167 II BGB gewesen - bei dem man übrigens deutlich eher zu teleologischen Reduktionen bereit ist, insbesondere bei unwiderruflichen Vollmachten und Grundstücksgeschäften.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

28.2.2023, 10:43:02

Hallo ihr Lieben, entschuldigt bitte die entstandene Verwirrung. Wir haben den Vertiefungshinweis an dieser Stelle rausgenommen! Wie se.si.sc. völlig zutreffend ausgeführt hat, bedarf es für die Genehmigung des Verpflichtungsgeschäfts nach hM grundsätzlich nicht der Form des Grundstückskaufvertrags! Der Grund dafür, dass in dem zugrundeliegenden Ausgangsfall die Genehmigung öffentlich hätte beglaubigt werden müssen, lag einzig darin, dass die Parteien dies vertraglich vereinbart hatten. Beste Grüße, Lukas -für das Jurafuchs-Team

BAR

baro

28.2.2023, 11:00:13

Gar kein Problem! Dafür ist der Austausch ja da ☺️

EI

Eike-Christian

4.1.2024, 21:19:54

In der Praxis wird insbesondere wegen des Grundbuchvollzugs notariell beglaubigt, oder? Die Genehmigung muss ja in Form des § 29 GBO dem Grundbuchamt nachgewiesen werden.

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

28.2.2023, 09:50:44

Wichtig wäre vielleicht noch zu erwähnen dass 442 seit dem 1.2.2022 nicht mehr für

Verbrauchsgüterkauf

V gilt nach 475 III 2, bei dem Fall liegt dann selbst bei positiver Kenntnis des Mangels kein Ausschluss vor

ASA

asanzseg

28.2.2023, 10:07:35

@[fahsai](197703) das stimmt! Aber ein Hauskauf kann aufgrund der Definition schon kein

Verbrauchsgüterkauf

sein (Kauf einer beweglichen Sache) es sind nur dann die Regeln der §475 anwendbar, wenn 1. Ein Unternehmer und ein Verbraucher sich verpflichten 2. Wenn teil des Hauskaufs auch bewegliche Sachen mitveräußert werden die dann wiederum unter die Regelung des §475 fallen. Also hier definitiv nicht anwendbar!

Radek

Radek

19.5.2023, 18:48:02

Die zweite Frage ist m. E. unrichtig beantwortet. Denn der Vertrag zwischen K und V "kommt" bereits mit der Erklärung des falsus procurator "zustande" (und danach war gefragt). Die andere Frage ist die Frage, ob der so zustande gekommene Vertrag wirksam ist. Dies ist zu verneinen, denn der Vertrag ist zunächst

schwebend unwirksam

. Man merkt bereits daran, dass der Vertrag zustande gekommen ist, dass man ja feststellen muss, dass "der Vertrag"

schwebend unwirksam

ist.

Carl Wagner

Carl Wagner

20.5.2023, 12:18:09

Vielen Dank für deine Anregung Radek! Ich verstehe, was du meinst: Erklärungen wurden ausgetauscht und sind bloß nicht wirksam. Tatsächlich verwendet der Gesetzgeber den Begriff des "zustandekommens" aber regelmäßig nur im Kontext des Wirksamwerdens, zB § 156 S. 1 BGB oder § 312j IV BGB. Wenn du dir § 177 BGB anschaust, siehst du auch, dass dort nicht von "zustandekommen" die Rede ist, sondern von "Vertragsschluss" (vgl. Überschrift § 177 BGB und dann auch Abs. 1). Da es oft nicht auf die Differenzierung ankommt, wird in der Literatur oft der "Vertragsschluss" und das "zustandekommen" vermengt. Die Differenzierung wird nur bei

schwebend unwirksam

en Verträgen relevant (vgl auch § 108 I BGB beim Minderjährigenrecht, der auch von "schließt... ab" redet). Da die Fallfrage nach dem zustandekommen fragt (Wirksamkeit), ist die Antwort korrekt. Viele Grüße - Carl für das Jurafuchs-Team

Radek

Radek

20.5.2023, 13:52:06

"Vertragsschluss" ist "Zustandekommen des Vertrags", davon ist abzugrenzen dessen Wirksamkeit. Grüße.

Radek

Radek

20.5.2023, 13:52:52

Welcher Vertrag soll also

schwebend unwirksam

sein, wenn er nicht zustande kam / geschlossen worden ist?

jeci

jeci

2.11.2023, 12:57:50

Könnte man im Allgemeinen

Prüfungsschemata

in den Maßstäben und Erklärungstexten durch das Setzen von Absätzen übersichtlicher gestalten? Momentan ist alles in einen Fließtext eingebettet.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

2.11.2023, 18:02:09

Hallo jeci, danke dir für die Rückmeldung! Das setzen wir gerne auch in Zukunft wieder schwerpunktmäßig um. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

GVE

gottloser Vernunftsjurist

4.12.2023, 11:32:49

Hallo, AGL ist hier ja mit § 281 I BGB. Hiernach bedarf es aber des erfolglosen Verstreichens einer angemessenen Frist. Davon gibt es freilich Ausnahmen wie in § 440 S. 1 BGB, aber das man dies im Rahmen der AGL grds prüfen müsste, wurde hier in der 1. Frage nicht berücksichtigt (?).

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

22.10.2024, 16:13:15

Hallo @[gottloser Vernunftsjurist](220959), ich bin nicht sicher, ob ich Deine Frage wirklich verstehe. Auf

§ 440 BGB

kommt es ja iR unseres kurzen Falls nicht an, wir sprechen daher mit keinem Wort darüber und müssen ihn demzufolge auch nicht erwähnen. Sollte es darauf ankommen, halte ich es für Geschmackssache, ob man ihn schon iRd AGL zitiert. Das ist sicherlich nicht falsch. Ich halte es aber nicht für zwingend, weil sich daraus nicht die Rechtsfolge ergibt und es sich "nur" um eine Ausnahme vom Fristerfordernis handelt. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

QUIG

QuiGonTim

28.2.2024, 16:10:47

Wird zu Begründung der Bedingungsfeindlichkeit der Genehmigung der Rechtsgedanke des § 388 S. 2 BGB - nämlich dass aus Gründen der Rechtssicherheit und aufgrund der erhöhten Rechtsmacht einseitiger Rechtsgeschäfte Gestaltungsrechte nicht mit einer Bedingung versehen ausgeübt werden können - herangezogen oder findet sich dazu ein eigenständiger Anknüpfungspunkt im Gesetz?

Simon

Simon

28.2.2024, 23:45:23

Könnte man anstatt einer teleologischen Reduktion des § 442 I 1 BGB nicht auch eine analoge Anwendung des § 166 II 1 iVm der Rückwirkung der Genehmigung (§ 184 I BGB) vornehmen? Nach § 442 I 1 BGB kommt es für die Kenntnis auf den Vertragsschluss an. Da hier ein Vertreter gehandelt hat, würde eigentlich analog § 166 I BGB die Kenntnis des Vertreters entscheiden. Eine Ausnahme hiervon statuiert § 166 II 1 BGB. Dessen Sinn und Zweck besteht darin, bei Kenntnis/Kennenmüssen auf denjenigen abzustellen, der letztlich für die Willensbildung verantwortlich ist. Da dies bei einer Genehmigung ebenso wie bei einer Weisung der Vertretene ist, kann die Norm hier analog angewandt werden. Damit entscheidet die Kenntnis des K. Da die Genehmigung nach § 184 I BGB ex tunc wirkt, lag die maßgebliche Kenntnis schon bei Vertragsschluss vor. Oder bedarf es zusätzlich einer teleologischen Reduktion des § 442 I 1 BGB, weil sich § 184 I BGB nur auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts bezieht, nicht aber auf eine etwaige Kenntnis?

Simon

Simon

28.2.2024, 23:56:41

Bzw. könnte man dann nicht an § 184 I aE anknüpfen ("soweit nicht ein anderes bestimmt ist")? Also bzgl. Kenntnis vom Mangel die Rückwirkung zu beschränken und insofern das Rechtsgeschäft (nur in Bezug auf die Kenntnis) als erst im Zeitpunkt der Abgabe der Genehmigungserklärung wirksam anzusehen?

AM

Anony Mous

25.3.2024, 16:23:50

Interessanter Ansatz. Was meint das Jurafuchsteam dazu?

MAS

Max S

31.5.2024, 00:07:34

§ 166 II 1 wird jedenfalls meiner Kenntnis nach auf Genehmigungen analog angewandt. Dies schwang mE unausgesprochen im Urteil mit, da sonst wie du richtig sagst mangels Anweisung die Kenntnis des Vordermanns gemäß § 166 I maßgeblich wäre, es auf die Kenntnis des Käufers gar nicht ankäme. § 166 II 1 und § 184 helfen nicht über die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts hinweg, die Rückwirkung des § 184 I führt nicht dazu, dass eine Kenntnis rückwirkend fingiert würde. Für die Frage des ZP setzt die teleologische Reduktion von § 442 an. § 442 spricht vom Vertragsschluss, dies wäre aufgrund § 184 I der ursprüngliche Zeitpunkt. Der BGH sagt, dass Sinn und Zweck der § 442 die Unterbindung widersprüchlichen Verhaltens ist, also knüpfen wir nicht am Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags an, sondern an den Zeitpunkt der Abgabe der maßgeblichen Willenserklärung, also das in Verkehr bringen der Genehmigung. Kenntnis über Mängel, die der Genehmigende bis zu diesem Zeitpunkt erlangt hat, wirkt daher gegen ihn.

MAS

Max S

31.5.2024, 00:22:57

Vgl. §§ 177 I, 182 I, die Rechtsfolge der Genehmigung erstreckt sich nur auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, daher kann sich auch § 184 I nur darauf beziehen.


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