Deliktische Handlung 2

11. Juli 2025

9 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Nachbar N vergiftet aus Wut auf das ständige Kläffen den „Köter“ des K. Dieser stirbt. K steht eine Schadensersatzforderung i.H.v. €400 zu. Aus Rache zerschlägt K Ns heißgeliebte und seltene Gartenzwerge im Wert von ebenfalls €400. K erklärt N, nun seinen die quitt.

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Einordnung des Falls

Deliktische Handlung 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Aufrechnungslage liegt vor und K hat die Aufrechnung erklärt.

Ja, in der Tat!

Eine Aufrechnungslage liegt vor, wenn der Aufrechnende eine gegenseitige, gleichartige, fällige und durchsetzbare Gegenforderung besitzt, und die Hauptforderung wirksam und erfüllbar ist. Bei der Aufrechnungserklärung handelt es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. K und N stehen gegenseitig Geldforderungen zu. Ks Forderung ist sofort (§ 271 Abs. 1 BGB) fällig und einredefrei. Ns Schadensersatzforderung ist wirksam und erfüllbar. Ks Erklärung, dass beide nun „quitt“ seien, ist als Aufrechnungserklärung zu verstehen (vgl. §§ 133, 157 BGB).
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2. Da beide Forderungen deliktischer Natur sind, findet das Aufrechnungsverbot des § 393 BGB keine Anwendung.

Nein!

Bei der Prüfung der Aufrechnung ist zum Schluss immer an den Ausschluss der Aufrechnung zu denken!§ 393 BGB schließt die Aufrechnung gegen eine Forderung aus vorsätzlicher, unerlaubter Handlung aus. Tatsächlich argumentiert ein Teil der Literatur dafür, dass das Aufrechnungsverbot hier nicht greift. Dagegen spricht jedoch nach der herrschenden Meinung zum einen der klare Wortlaut der Vorschrift und auch der Sinn und Zweck des Aufrechnungsverbots, Akte der „Privatvollstreckung“ oder – wie hier – der „Privatrache“ zu verhindern. Eine Aufrechnung kommt hier also nicht in Betracht.Allerdings macht auch die herrschende Meinung dann eine Ausnahme, wenn die beidseitigen Forderungen einem einheitlichen Lebenssachverhalt entstammen und eng miteinander zusammenhängen. So wird es bspw. möglich sein, dass zwei Personen, die sich prügeln, die Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB gegenseitig aufrechnen können.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Sambajamba10

Sambajamba10

4.6.2023, 21:01:26

Der klare Wortlaut ist natürlich ein gutes Argument. Jedoch habe ich zumindest Sympathien mit der Ansicht, die in diesen Konstellationen eine geologische Reduktion des

§ 393

vornimmt, wenn diese Forderungen aus einem einheitlichen Lebensvorgang stammen, da hier das Telos der Norm auch nicht wirklich missachtet wird. Wie seht ihr das?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

7.6.2023, 18:12:15

Hallo Sambajamba, der klare Wortlaut ist hier letztlich das entscheidende Argument der Rspr. und weiten Teilen der Literatur. Aber wie so oft, ist ein anderes Ergebnis natürlich vertretbar. Deutlich wird dies insbesondere in den Fällen, in denen verschiedene deliktische Ansprüche innerhalb derselben Ausseinandersetzung entstehen (zB bei einer tätlichen Auseinandersetzung, bei der beide Seiten gegenseitig Eigentum

beschädigen

/zerstören). Denn da steht der Zweck des

§ 393 BGB

die Privatrache zu verbieten, nur bedingt entgegen (mehr dazu bei BeckOGK/Skamel, 1.4.2023, BGB

§ 393

Rn. 21BeckOGK/Skamel, 1.4.2023, BGB

§ 393

Rn. 21). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

SN

Sniter

2.11.2023, 11:44:23

Liebes Jurafuchsteam, wie die tvA hier dargestellt ist, stimmt mE nicht: Die tvA sagt, dass

§ 393

teleologisch zu reduzieren ist, wenn die Forderungen beider Beteiligten aus §§ 823 ff kommen, aber aus einem einheitlichen Lebensverhältis / Lebenssachverhalt resultieren, also einer Prügelei beispielsweise. Im vorliegenden Fall würde mE auch die tvA

§ 393

voll anwenden.

LELEE

Leo Lee

4.11.2023, 11:40:58

Hallo Sniter, vielen Dank für den Hinweis! Du hast natürlich völlig recht mit dem Ausnahmefall des einheitlichen Lebenssachverhalts. Wir haben diese Information als Vertiefung ergänzt :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

BEN

benjaminmeister

19.12.2024, 08:28:01

Die Darstellung/Erklärungstexte sind immer noch falsch: Die hM hält eine Einschränkung von

§ 393

nie für angemessen. Ein Teil der Literatur schränkt

§ 393

bei einheitlichen Lebenssachverhalten ein (nicht die hM!).

Mr. X

Mr. X

10.6.2025, 17:42:54

Liebes Jurafuchsteam, bitte korrigiert den Fehler bei Darstellung des Streitstandes! Allein die Literatur fordert bei einem einheitlichen Lebensvorgang (zB Prügelei) die teleologische Reduktion des

§ 393 BGB

. Der BGH hält dem entgegen, dass die geforderte Notwendigkeit der Prüfung eines solchen einheitlichen Lebensvorgangs die Rechtssicherheit erheblich beeinträchtigt. Natürlich lässt sich auch der klare Wortlaut des

§ 393

entgegenhalten. Bitte behebt diesen Fehler. Jurafuchs ist großartig, lebt aber auch von fehlerfreien Darstellungen. Die Community kann als „Hüterin“ nur darauf hinweisen; ihr müsstet jetzt noch umsetzen. LG

DI

Dini2010

26.6.2025, 13:55:51

Wo genau soll hier DER Fehler sein? Es wird korrekt angemerkt, dass es einen Streitstand zu der Frage gibt, ob

§ 393 BGB

Anwendung findet, wenn beide Forderungen deliktischer Natur sind. Und es wird korrekt angemerkt, dass dieser im Regelfall Anwendung findet, jedoch bei einheitlichem Lebenssachverhalt eine Ausnahme gemacht werden kann. Und ebenso wird korrekt angemerkt, dass dies von der herrschenden Meinung so gesehen wird. Es wird an keiner Stelle behauptet, dass auch der BGH sich dieser Meinung angeschlossen hätte. "Herrschende Meinung" bedeutet nicht "Meinung des BGH", sondern stellt die Meinung dar, die von der Mehrheit der Juristen eingenommen wird. Übrigens gibt es auch in der Literatur diverse Stimmen, die sich, ebenso wie der BGH, grundsätzlich

§ 393

anwenden, eben wegen des Wortlauts und der fraglichen Rechtssicherheit. Ich sehe somit keinen Fehler in der Aufgabe, man könnte allenfalls im Vertiefungshinweis ergänzen, dass sich der BGH dieser Meinung nicht angeschlossen hat, Ich muss sagen, ich finde die Art der Kritik einigermaßen v

ermessen

und unschön. Vielleicht ist es nur mein persönliches Empfinden, aber mich stört zum einen diese in einer Bitte versteckte Forderung (samt Ausrufezeichen) nach der Korrektur des Fehlers, den es mE nicht einmal gibt. Zum anderen die forsche Unterstellung des Fehlers an sich. Bei Jurafuchs arbeiten auch nur Menschen, und klar, wo Menschen arbeiten, passieren auch mal Fehler. Die meisten Moderatoren (kenne ja nicht alle) sind aber den meisten hier sachlich und fachlich weit voraus und ich vermute auch mal stark, dass wohl niemand hier arbeitet, der sein Examen oder seine Examina mit ach und krach im zweiten Anlauf bestanden hat. Natürlich erfolgen Hinweise, wenn jemand glaubt, eine Sache sei falsch oder fraglich dargestellt. Dies habe ich aber in dieser fordernden Form bislang nicht gesehen. Die Community dann als "Hüterin" der Korrektheit der Inhalte hinzustellen und Jurafuchs "muss" umsetzen, hat für mich ein bisschen was von "die Studenten sind die Hüter der Korrektheit der Skripte der Professoren". Sorry, einfach mein persönliches Empfinden. Und bei der Gelegenheit nochmal großen Dank an das ganze Team, das uns unser Lernleben soviel einfacher macht durch seine großartige Arbeit! Und bei der wirkliche Fehler dankenswerter Weise extrem selten sind.


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