Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Der Verwaltungsakt

Mehrstufiger Verwaltungsakt: Erforderliches Einvernehmen, Zustimmung oder Genehmigung

Mehrstufiger Verwaltungsakt: Erforderliches Einvernehmen, Zustimmung oder Genehmigung

4. Juli 2025

17 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

C will auf einem unbeplanten Gebiet der Gemeinde G bauen und beantragt beim zuständigen Landkreis L die Erteilung einer Baugenehmigung. L lehnt die Erteilung ab mit Verweis darauf, dass G das nach § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB benötigte Einverständnis verweigert hat.

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Einordnung des Falls

Mehrstufiger Verwaltungsakt: Erforderliches Einvernehmen, Zustimmung oder Genehmigung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Ablehnung der Erteilung der Baugenehmigung ist ein Verwaltungsakt.

Ja, in der Tat!

Die Merkmale eines Verwaltungsakts ergeben sich aus § 35 S. 1 VwVfG. Ein Verwaltungsakt ist danach eine (1) hoheitliche Maßnahme einer (2) Behörde (3) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur (4) Regelung eines (5) Einzelfalls mit (6) Außenwirkung. L ist eine Behörde (§ 1 Abs. 4 VwVfG). Das Baugenehmigungsverfahren richtet sich nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Bauordnungen der Länder). Die Versagung der Erteilung einer Baugenehmigung ist eine hoheitliche Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Sie soll hier den konkreten Einzelfall der C dahingehend regeln, dass C keine Bauerlaubnis erhält und somit auch ein weiterer Antrag auf Erteilung ins Leere liefe. Die Regelung ist nicht nur verwaltungsintern und entfaltet Außenwirkung. Die Ablehnung ist ein Verwaltungsakt.
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2. Der Ablehnungsbescheid ist in Form eines sog. mehrstufigen Verwaltungsakt ergangen.

Ja!

Sieht das Gesetz eine Beteiligung einer anderen Behörde am Verwaltungsverfahren vor, spricht man von einem „mehrstufigen Verwaltungsakt“. Sieht das Gesetz das „Einvernehmen“, die „Zustimmung“ oder die „Genehmigung“ einer anderen Behörde vor, darf die Entscheidungsbehörde den Verwaltungsakt nur erlassen, wenn dieser erforderliche Mitwirkungsakt der Drittbehörde vorliegt. Hier war die Zustimmung der Gemeinde zur Erteilung der Baugenehmigung gem. § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB erforderlich. Der Ablehnungsbescheid ist ein mehrstufiger Verwaltungsakt.

3. Beteiligungsakte von Drittbehörden sind immer Verwaltungsakte.

Nein, das ist nicht der Fall!

Im mehrstufigen Verwaltungsverfahren stellt sich die Frage, ob die Beteiligungsakte von Drittbehörden selbstständige Verwaltungsakte sind. Der Mitwirkungsakt kann nur dann eine außenwirksame Regelung enthalten, wenn dieser einen eigenständigen Regelungsinhalt im Vergleich zum Verwaltungsakt der gegenüber dem Bürger handelnden Behörde enthält. Davon ist immer dann auszugehen, wenn der mitwirkungsberechtigten Drittbehörde die alleinige oder überwiegende Entscheidungsbefugnis zugewiesen ist. Hat die Drittbehörde hingegen lediglich dieselben Gesichtspunkte zu prüfen wie die Entscheidungsbehörde, ist der Mitwirkungsakt kein Verwaltungsakt. Die Ablehnung der Zustimmung der G ist nur dann ein eigenständiger Verwaltungsakt, wenn er eine weitergehende Regelung enthält als die Ablehnung des Antrags durch L.

4. Die verweigerte Zustimmung der G ist ein (isoliert angreifbarer) Verwaltungsakt.

Nein, das trifft nicht zu!

Mitwirkungsakte von Drittbehörden sind eigenständige Verwaltungsakte, wenn sie einen eigenständigen Regelungsgehalt enthalten. Davon ist auszugehen, wenn der mitwirkungsberechtigten Drittbehörde die alleinige oder überwiegende Entscheidungsbefugnis zugewiesen ist. Hat die Drittbehörde hingegen lediglich dieselben Gesichtspunkte zu prüfen wie die Entscheidungsbehörde, ist der Mitwirkungsakt kein Verwaltungsakt. Nach Rspr. des BVerwG hat die Gemeinde im Rahmen von § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB dieselben Gesichtspunkte zu prüfen, wie die Entscheidungsbehörde. G hatte dieselben Gesichtspunkte zu prüfen wie L. Daher enthält die fehlende Zustimmung durch G keine eigenständige Regelung im Vergleich zur Ablehnung durch L. Die fehlende Zustimmung der G ist kein Verwaltungsakt. C müsste Verpflichtungsklage gegen L auf Erlass der Baugenehmigung erheben. Verpflichtet das Gericht L, die Genehmigung zu erlassen, ersetzt das Urteil den Mitwirkungsakt der Gemeinde G.
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