Blutentnahme
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
X wird nachts von der Polizei angehalten. Er sei mit dem Auto Schlangenlinien gefahren. Die Polizei will deshalb eine Blutentnahme vornehmen lassen. X verweigert dies unter Berufung auf sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.
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Einordnung des Falls
Blutentnahme
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der sachliche Schutzbereich des Rechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG) ist eröffnet.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Blutentnahme stellt einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des X dar.
Ja!
3. Der Eingriff ist durch § 81a StPO gerechtfertigt.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ri
18.7.2021, 01:42:01
Warum greift hier nicht die Erheblichkeitsschwelle? Bei dem Abschneiden der Haare wurde ein Eingriff mit diesem Argument abgelehnt. Ich weiß nicht genau, wie viel Blut entnommen werden muss, aber die Integrität dürfte dabei nur in Einzelfällen zB Synkopen erheblich beeinträchtigt sein.
seffm
19.12.2021, 12:37:07
Meines Erachtens reichen schon wenige ml zur Feststellung der Alkoholkonzentration im Blut aus. Darauf kommt es aber im vorliegenden Fall gar nicht an. Der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen resultiert schon allein daraus, dass man zur Blutabnahme mit einer Spritze in eine Vene (oder ähnliches) stechen muss. Und dieses Eindringen in den Körper ist beim Abschneiden von Haaren gerade nicht gegeben.
QuiGonTim
23.1.2022, 13:16:25
Der moderne
Eingriffsbegriffstellt auf ein Verhalten ab. An welches Verhalten ist hier anzuknüpfen? Das bloße Sein ohne Blutentnahme? Wie könnte eine möglichst saubere Subsumtion aussehen?
Lukas_Mengestu
28.1.2022, 18:45:51
Hallo QuiGonTim, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) schützt die körperliche Integrität und damit auch das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht. Durch die Blutentnahme wird dieses Selbstbestimmungsrecht teilweise unmöglich gemacht, weswegen nach dem modernen
Eingriffsbegriffein Eingriff vorliegt (sofern der Blutentnahme eine vorherige Anordnung vorausging, liegt bereits nach dem klassischen
Eingriffsbegriffein Eingriff vor, da dann auch rechtsförmig und nicht nur durch
Realaktgehandelt wird). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
DeliktusMaximus
9.8.2022, 12:21:40
Kann sich jeder Polizist abseits einer staatsanwaltlichen Ermittlung auf die besagte StPO Norm berufen?
Lukas_Mengestu
10.8.2022, 16:32:55
Hallo DeliktusMaximus, bei den in §81a Abs. 2 S. 2 StPO geregelten Verkehrsstraftaten kann in der Tat jeder Polizist die Entnahme der Blutprobe anordnen (BeckOK StPO/Goers, 44. Ed. 1.7.2022, StPO § 81a Rn. 20). EIne vorherige Befassung des Staatsanwaltes damit bedarf es nicht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Im🍑nderabilie
15.10.2022, 20:30:23
Die letzte Antwortmöglichkeit irritiert hier etwas. Wer die betreffende StPO Norm liest, sieht ja, dass zusätzlich noch die richterliche Anordnung erforderlich ist, von der weder auf dem Bild, noch im SV die Rede ist..
Lukas_Mengestu
28.10.2022, 18:26:55
Hallo Imonderabilie, schau Dir hierzu gerne noch einmal den letzten Vertiefungshinweis an :-) Seit 2017 bedarf es für bestimmte Verkehrsstraftaten (zB Trunkenheit im Verkehr nach
§ 316 StGB) für die Blutuntersuchung gerade keine richterliche Anordnung mehr (§ 81a Abs. 2 S. 2 StPO). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Claroushka
26.8.2024, 16:12:27
Verwirrend finde ich hier, dass die Rede davon ist, die “Polizei” wolle ihm Blut entnehmen. Besagt die genannte StPO Norm nicht gerade, dass dies gegen den Willen des Betroffenen nur durch einen Arzt durchgeführt werden darf? (Unabhängig davon ob eine richterliche Anordnung im konkreten Fall notwendig ist oder nicht).
kartoffelkapitän
7.2.2024, 05:13:37
Aber weigern könnte er sich ja noch trotzdem oder 🤔 dann müssten sie ihn halt mitnehmen aber hat er ja schon im Prinzip noch dass Recht sich zu weigern oder ?
David
16.2.2024, 18:28:49
Dachte ich ursprünglich auch, aber aus § 81a Abs. 2 S. 2 StPO folgt ja, dass eine Blutentnahme keiner richterlichen Anordnung bedarf, wenn der Verdacht einer Begehung der dort genannten Verkehrsstraftaten besteht. Das würde ich in dem Fall als gegeben ansehen, sodass m.E. ein Verweigerungsrecht hier nicht greift. Allerhöchstens könnte er sich im Hinblick auf § 81a Abs. 1 S. 2 StPO weigern, wenn die Polizisten die Blutentnahme persönlich vornehmen wollen würden oder dem Fahrer ein gesundheitlicher Nachteil durch die Untersuchung entstünde.
kartoffelkapitän
24.9.2024, 20:02:01
Vielen Dank für die Erklärung dass leuchtet ein 😊