Landesrecht (im Aufbau)

Polizei- und Ordnungsrecht NRW

Polizeiliche Standardmaßnahmen

Fall: Verhältnis mehrere Standardermächtigungen zueinander

Fall: Verhältnis mehrere Standardermächtigungen zueinander

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bauarbeiter B fährt nach seinem Feierabendbier leicht betrunken, aber noch Herr seiner Dinge, auf einem E-Scooter. Polizistin P verlangt, dass B sich ausweisen soll. B weigert sich. Daraufhin durchsucht P ihn, um B's Personalausweis zur Feststellung seiner Identität zu finden.

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Einordnung des Falls

Fall: Verhältnis mehrere Standardermächtigungen zueinander

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das PolG NRW beinhaltet verschiedene Standardermächtigungen, die zur Durchsuchung von Personen ermächtigen. Stellt die polizeiliche Generalklausel die richtige Ermächtigungsgrundlage für das Durchsuchen durch P dar?

Nein, das trifft nicht zu!

Fällt eine polizeiliche Maßnahme unter den Anwendungsbereich einer Standardermächtigung, stellt diese Standardermächtigung die richtige Ermächtigungsgrundlage für die Maßnahme dar. Nur wenn der Regelungsgehalt einer Standardermächtigung nicht eröffnet ist, kommt ein Rückgriff auf die Generalklausel in Betracht. Eine Durchsuchung von Personen ist das gezielte Suchen nach etwas am menschlichen Körper. P sucht zielgerichtet am Körper des B nach B's Personalausweis. Es liegt eine Durchsuchung vor. Die polizeiliche Generalklausel (§ 8 Abs. 1 PolG NRW) ist nicht die richtige Ermächtigungsgrundlage. Du solltest Du in der Klausur gedanklich zuerst überprüfen, ob die Maßnahme unter eine Standardermächtigung fällt, anstatt vorschnell auf die Generalklausel zu springen.
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2. § 39 PolG NRW ermächtigt die Polizei zur Durchsuchung von Personen, die festgehalten werden. Ist § 39 Abs. 1 Nr. 1 PolG NRW die richtige Ermächtigungsgrundlage?

Nein!

Auch die Anwendungsbereiche der einzelnen Standardmaßnahmen müssen von einander abgegrenzt werden, um die richtige Ermächtigungsgrundlage zu identifizieren. Verschiedene Standardermächtigungen können der Polizei die gleichen Handlungsbefugnissen einräumen, sie verfolgen aber unterschiedliche Zielrichtungen und haben damit unterschiedliche Anwendungsbereiche. B ist keine festgehaltene Person. Es liegt keine Durchsuchung mit der Zielrichtung vor, eine festgehaltene Person zu durchsuchen. § 39 PolG NRW ist nicht die richtige Ermächtigungsgrundlage. Nachdem Du gedanklich festgestellt hast, dass eine Standardermächtigung einschlägig sein könnte, solltest Du in einem zweiten Schritt alle potentiell einschlägigen Standardmaßnahmen nennen und diese von einander abgrenzen.

3. § 39 PolG Abs. 1 Nr. 2 NRW ermächtigt die Polizei zur Durchsuchung von Personen, wenn diese Sachen mitführt, die sichergestellt werden dürfen. Ist § 39 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW NRW die richtige Ermächtigungsgrundlage?

Nein, das ist nicht der Fall!

Auch die Anwendungsbereiche der einzelnen Standardmaßnahmen müssen von einander abgegrenzt werden, um die richtige Ermächtigungsgrundlage zu identifizieren. Verschiedene Standardermächtigungen können der Polizei die gleichen Handlungsbefugnissen einräumen, sie verfolgen aber unterschiedliche Zielrichtungen und haben damit unterschiedliche Anwendungsbereiche. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass B Sachen bei sich führt, die sichergestellt werden könnten. Es liegt keine Durchsuchung mit der Zielrichtung vor, Sachen zu finden, die sichergestellt werden können. § 39 PolG Abs. 1 Nr. 2 NRW stellt nicht die richtige Ermächtigungsgrundlage dar. § 39 PolG NRW ermächtigt die Polizei noch bei Verfolgung weiteren Ziele (z.B. bei Vorliegen einer hilflosen Lage) zur Durchsuchung von Personen. Im vorliegenden Fall wird keine der weiteren Zielrichtungen von § 39 PolG NRW durch P verfolgt. Der Anwendungsbereich einer Standardmaßnahme bestimmt sich im Wesentlichen durch ihre Tatbestandsmerkmale. Es kann in der Klausur durchaus passieren, dass Du schon auf Ebene der Ermächtigungsgrundlage unter die Tatbestandsmerkmale subsumieren musst. Nur so ist eine klare Abgrenzung zwischen Standardermächtigungen möglich.

4. § 12 Abs. 2 S. 4 PolG NRW ermächtigt die Polizei zur Durchsuchung von Personen zum Zwecke der Identitätsfeststellung. Ist § 12 Abs. 2 S. 4 PolG NRW die richtige Ermächtigungsgrundlage?

Ja, in der Tat!

Auch die Anwendungsbereiche der einzelnen Standardmaßnahmen müssen von einander abgegrenzt werden, um die richtige Ermächtigungsgrundlage zu identifizieren. Verschiedene Standardermächtigungen können der Polizei die gleichen Handlungsbefugnissen einräumen, sie verfolgen aber unterschiedliche Zielrichtungen und haben damit unterschiedliche Anwendungsbereiche. P durchsucht den B mit dem Ziel, B's Personalausweis zu finden, um seine Identität feststellen zu können. Es liegt eine Durchsuchung zum Zweck der Identitätsfeststellung vor. § 12 Abs. 2 S. 4 PolG NRW ist die richtige Ermächtigungsgrundlage. Der Fall zeigt, dass für eine polizeiliche Maßnahmen wie etwa das Durchsuchen von Personen mehrere Standardermächtigungen bestehen können. Deine Aufgabe ist es, die potentiell einschlägigen Standardermächtigungen von einandern abgrenzen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AI

Aioo

22.10.2024, 18:13:37

Ich verstehe nicht ganz warum die Maßnahme des P nicht unter § 39 I Nr.1 jedoch unter § 12 II 4 PolG NRW subsumiert wird. Zur Begründung wurde angeführt, dass es sich bei B ja nicht um eine festgehaltene Person handele. Daher der Anwendungsbereich des § 39 I Nr. 1 PolG NRW ausscheide. Vielmehr soll § 12 II 4 PolG NRW greifen. Dieser kann seinem Wortlaut nach doch nur i.V.m. 12 II 3 PolG NRW zur Anwendung kommen, der seinerseits ebenfalls ein Festhalten voraussetzt. Besteht der Unterschied zwischen § 39 und § 12 PolG NRW nicht eher in der Zielrichtung der jeweiligen Maßnahme, also bei § 39 PolG in der Durchsuchung einer Person im Allgemeinen und bei § 12 PolG in der Identitätsfeststellung. Wenn ich bei meinen Ausführungen richtig liege, dann ist Eure Begründung zumindest bei § 39 I Nr. 1 PolG NRW nicht ganz korrekt und eher verwirrend.

HAGE

hagenhubl

30.10.2024, 13:28:06

Ihr habt einen Druckfehler in der Aufgabe. Dort heißt es der Bauarbeiter ist Herr seiner Dinge. Es muss aber heißen der Bauarbeiter ist Herr seiner Sinne.


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