Enterbung Überblick (Grundfall)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E hat seit Jahren keinen Kontakt zu seiner Tochter T, die sich auf Weltreise befindet. Sein Sohn S kümmert sich hingegen liebevoll um ihn. Enttäuscht über das Verhalten der T bestimmt E deshalb in seinem Testament, dass S sein alleiniger Erbe sein soll. Zudem bestimmt er, dass T auch den Pflichtteil nicht erhalten soll.

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Einordnung des Falls

Enterbung Überblick (Grundfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Liegt eine Enterbung der T vor?

Genau, so ist das!

Eine Enterbung kann neben dem Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge (negatives Testament) auch durch die anderweitige Verteilung des vollen Nachlass durch Erbeinsetzung einer anderen Person erfolgen (positives Testament). E hat in seinem Testament den S als alleinigen Erben bestimmt und die T somit enterbt. E gibt hier auch durch den gewollten Entzug des Pflichtteils zu erkennen, dass T aus der Erbschaft nichts erhalten soll. Auch hierin ist bereits eine Enterbung zu sehen.
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2. S ist alleiniger Erbe des E.

Ja, in der Tat!

Als Folge der Enterbung wird der Enterbte nicht Erbe. Entsprechend der testamentarischen Bestimmung des E ist S somit alleiniger Erbe des E.

3. Hat T Anspruch auf Zahlung des Pflichtteils?

Ja!

Die Enterbung lässt Pflichtteilsansprüche grundsätzlich unberührt. Diese können nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 2333 BGB entzogen werden. Da die Voraussetzungen des § 2333 BGB nicht vorliegen, hat T gegen S einen Anspruch auf Zahlung des Pflichtteils.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MAR

Marius

18.4.2023, 13:46:53

Das mag jetzt eine sprachliche Spitzfindigkeit sein, aber wenn T der Pflichtanteil zusteht, ist S doch nicht alleiniger Erbe, oder?

SE.

se.si.sc

18.4.2023, 14:17:25

Doch, ist er. Ein Pflichtteilsnehmer ist nämlich kein Erbe, denn er tritt nicht umfassend in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein (vgl §§ 1922 und zB auch 1967 BGB), erhält also unter anderem keinerlei Gegenstände des Erblassers, sondern hat nur einen ganz normalen Anspruch auf Zahlung von Geld. Sprachlich muss man beide also klar auseinander halten, denn der Pflichtteilsberechtigte zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er enterbt ist und deshalb eben nicht Erbe wird, § 2303 I 1 BGB.

MAR

Marius

18.4.2023, 14:19:42

Aaah, vielen Dank! :) Diese Frage nach dem Unterschied bzw der sprachlichen Trennung kam beim Lesen auf, mein blödes Skript stellt das so nämlich nicht dar und packt das alles unter den Begriff „Erbe“.

SE.

se.si.sc

18.4.2023, 14:43:08

Um die Verwirrung zu vervollständigen: Es gibt auch noch einen "pflichtteilsberechtigten Erben", also einen Erben, der einen Anspruch auf einen Pflichtteil HÄTTE (vgl zB §§ 2319, 2328 BGB). Da geht es dann aber schon sehr ins Detail, das braucht man im Examen idR nicht zu wissen. Evtl könnte man also den Pflichtteils"berechtigten" als denjenigen bezeichnen, der theoretisch ein Pflichtteilsrecht hat, den Pflichtteils"nehmer" als denjenigen, der dieses Recht auch tatsächlich wahrnimmt. Auch das Gesetz scheint diese Differenzierung aber nicht zu kennen. Fürs Examen sollte die grobe Unterscheidung Erbe - Pflichtteilsberechtiger genügen. Schlag dazu vielleicht aber zur Sicherheit noch mal im Lehrbuch nach, da hörts langsam bei mir auch auf mit Erbrecht... ;)

MAR

Marius

18.4.2023, 15:10:19

Hat mir sehr geholfen, danke! :)

DAV

David.

13.7.2023, 10:36:10

Liebes Jurafuchs-Team, das gesamte Erbrechtskapitel finde ich inhaltlich echt super, nur fehlt mir bei den meisten Fällen ein konkreter Normbezug. Das abstrakte Wissen bringt mir in der Klausur nicht besonders viel, wenn ich nicht weiß, wo ich im Gesetz den entsprechenden Paragraphen finde. Hier hätte man zB auch noch unter anderem § 2303 aufführen können.


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