"Körperfremde" Teile 1b
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
In einsamer Gegend überfällt T den hochbetagten Senior O. Mit Hilfe eines Elektro-Schockers zerstört er bewusst den Herzschrittmacher von O.
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Einordnung des Falls
"Körperfremde" Teile 1b
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat den Tatbestand der Körperverletzung (§223 Abs. 1 StGB) erfüllt, wenn er vorsätzlich eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt hat.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Frage, wann Implantate bzw. Hilfsmittel als Sachen und wann als Teil des Körpers anzusehen sind, ist umstritten.
Genau, so ist das!
3. Ein Teil der Literatur differenziert im Hinblick auf die Sacheigenschaft bei fest verbauten Implantaten danach, ob die Implantate als Ersatz eines Körperteils oder bloß zur Unterstützung dienen.
Ja, in der Tat!
4. Nach der wohl überwiegenden Ansicht ist der Herzschrittmacher Bestandteil "einer anderen Person" (§ 223 Abs. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
5. Nach der anderen Auffassung, die zwischen Supportiv- und Substitutiv-Implantat differenziert, ist der Herzschrittmacher Bestandteil "einer anderen Person" (§ 223 Abs. 1 StGB).
Nein!
6. Sofern man den Herzschrittmacher als Sache und nicht als Teil "einer anderen Person" ansieht, bleibt T straffrei.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Lenny
19.6.2021, 08:19:30
Verstehe ich richtig, dass es bei der Aufgabe unter anderem um die Sachqualität von Implantaten geht? Wenn ja, wieso macht man hier nicht die Unterscheidung zwischen Supportiv- und Substitutiv-Implantaten? Erstere hätten, wenn ich mich richtig erinnere, nach dem Einsetzen ihre Sachqualität behalten. Als Beispiel wurde dabei auch der Herzschrittmacher genannt.
Lukas_Mengestu
23.6.2021, 16:39:15
Hallo Lenny, vielen Dank für Deinen Hinweis. Tatsächlich wird die Unterscheidung nach der Funktionsweise des Implantats von der herrschenden Auffassung nicht vorgenommen, sondern vielmehr auf die Dauerhaftigkeit der Implantation abgestellt (vgl. MüKo-StGB/Schmitz, 4. A. 2021, § 242 Rn. 29 mwN). Wir haben den Fall aber nun entsprechend überarbeitet, so dass nun beide Auffassungen vermittelt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Lenny
23.6.2021, 18:14:10
Hallo Lukas, danke für deine Erklärung und das Überarbeiten des Falles. Ich finde es toll, dass ihr als Jurafuchs-Team in ständigem Austausch mit den Benutzer*innen steht. Hut ab und vielen Dank 😊.
Lea
26.6.2023, 10:09:54
Hallo, ich verstehe nicht ganz, warum ein Herzschrittmacher nur supportiv ist. Manche Herzen können doch tatsächlich nur noch mit einem Herzschrittmacher zusammen wirklich funktionieren. Ist der dann nicht schon wie ein Teil des Körpers zu behandeln, weil der in dem Fall notwendig für das Herz ist?
Nora Mommsen
26.6.2023, 12:22:52
Hallo Lea, folgt man dieser Ansicht ist entscheidend, ob das Hilfsmittel ein Körperteil ersetzt oder unterstützt. Und wie du selber schon geschildert hast, bleibt das Herz im Körper und übernimmt weiterhin die Blutversorgung des Körpers. Lediglich wird der Herzmuskel in der Rhythmusgebung unterstützt. Somit ist er supportiv und nicht substitutiv. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Robb
11.12.2023, 12:35:27
Man könnte allerdings aus medizinischer Sicht vorbringen, der Herzschrittmacher ersetze den sogenannten Sinusknoten, der beim gesunden Menschen den Herzschlag reguliert.
phoenix2404
10.4.2024, 00:50:11
Könnte man in dem vorliegenden Fall eine Körperverletzung nicht bereits daran festmachen, dass man mit einem Elektro-Schocker auf den Körper einer anderen Person einwirkt? Alleine darin dürfte doch bereits eine üble und unangemessene Behandlung zu erblicken sein, unabhängig davon, ob durch die Behandlung der Herzschrittmacher in Mitleidenschaft gezogen wird oder nicht.
Annika
23.10.2024, 10:44:37
Hallo, inwiefern ist ein Herzschrittmacher wiederverwendbar? Den bekommt doch nach dem Tod keine andere Person, oder doch?