Nötigung gegenüber Amtsträger bei offensichtlich rechtswidriger Vornahme einer Diensthandlung
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Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Verkehrspolizist O hält T im Auto mit angepasster Geschwindigkeit in einer 50er Zone an. O behauptet wahrheitswidrig, T sei viel zu schnell gefahren und schreibt ihm einen Strafzettel. T droht dem O daraufhin, dass er die Affäre des O mit der Nachbarin auffliegen lasse, sollte O das Ticket nicht zurückziehen. O zerreißt den Strafzettel aus Angst vor den Konsequenzen.
Einordnung des Falls
Nötigung gegenüber Amtsträger bei offensichtlich rechtswidriger Vornahme einer Diensthandlung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Da O ein Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB) ist, scheidet eine Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) aus.
Nein, das ist nicht der Fall!
2. Der Nötigungserfolg (§ 240 Abs. 1 StGB) ist in Form einer Handlung eingetreten.
Ja, in der Tat!
3. T hat gerade mit der eingesetzten Drohung das Handeln des O kausal und objektiv zurechenbar herbeigeführt (nötigungsspezifischer Zusammenhang).
Ja!
4. Ob die Nötigung hier als verwerflich anzusehen ist (§ 240 Abs. 2 StGB), wird unterschiedlich beurteilt.
Genau, so ist das!
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Dogu
2.11.2023, 09:39:56
Das ist jetzt vielleicht spitzfindig, aber es ist ja Jura: Meines Erachtens hängt der Nötigungserfolg vom Vorsatz ab. Der Täter wollte hier aber keine Handlung herbeiführen (Zerstörung des Strafzettels), sondern ein Unterlassen (Absehen von der Einleitung eines OWi-Verfahrens). Somit ist der Nötigungserfolg hier nicht richtig.
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Nora Mommsen
2.11.2023, 17:46:58
Hallo Dogu, der Strafzettel ist aber Grundlage des Owi-Verfahrens. Durch den könnte auch eine andere Person mit hoheitlichen Befugnissen dieses Verfolgen und beispielsweise ein Bußgeld anordnen. Allein die Nichtdurchführung des Owi-Verfahrens durch O hätte T nicht geholfen, wenn O es bei Schichtende trotzdem an einen Kollegen weitergibt. Deswegen finde ich durchaus vertretbar, dass die Zerstörung des Papiers für T Mittel zum Zweck war und sich entsprechend auch darauf sein Vorsatz bezog. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team