Öffentliches Recht

Grundrechte

Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 GG)

Kombination aller Kunstbegriffe: Nicht alles ist Kunst

Kombination aller Kunstbegriffe: Nicht alles ist Kunst

5. Juli 2025

12 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

A möchte in der Fußgängerzone der Stadt F interessierten Passanten Tarotkarten legen. Er meint, seine Tätigkeit sei erlaubnisfrei, weil seine Tätigkeit durch die Kunstfreiheit geschützte „Straßenkunst“ darstelle.

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Einordnung des Falls

Kombination aller Kunstbegriffe: Nicht alles ist Kunst

Dieser Fall lief bereits im 1./2. Juristischen Staatsexamen in folgenden Kampagnen
Examenstreffer NRW 2024

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. „Kunst“ (Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG) liegt nur vor, wenn sich das Werk bzw. die Tätigkeit einem traditionellen Werktyp (z.B. Malerei, Theater) zuordnen lässt.

Nein, das trifft nicht zu!

Um dem Kunstbegriff hinreichend klare Konturen zu geben, hat das BVerfG drei unterschiedliche Kunstbegriffe entwickelt: - materieller Kunstbegriff: Kunst ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden - formaler Kunstbegriff: Kunst ist, was einem bestimmten Werktyp (z.B. Malerei, Theater) zugeordnet werden kann - offener Kunstbegriff: Kunst ist, was wegen der Mannigfaltigkeit des Aussagegehalts eine unerschöpfliche, vielstufige Informationsvermittlung ergibt
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2. Die von A beabsichtigte Tätigkeit ist Kunst im Sinne des formalen Kunstbegriffs.

Nein!

Die Gattungsmerkmale eines formalen Werktyps sind ersichtlich nicht erfüllt. Die Wahrsagerei mit Tarotkarten ist keine klassische Kunstform. Insbesondere handelt es sich auch nicht um „Schauspiel“ oder „Theater“, nur weil die geplante Tätigkeit Aufmerksamkeit erzielen und Zuschauer anziehen soll.

3. Die Tätigkeit ist Kunst im Sinne des materiellen Kunstbegriffs.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Tätigkeit stellt auch keine freie schöpferische Gestaltung dar, durch die Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des A in einer bestimmten Form anschaulich gemacht werden. In erster Linie geht es um die Lebenssituation der Klienten und es ist gerade nicht die Persönlichkeit des A, die zur Anschauung gelangt. Nicht jede Äußerung, die auf einer irrationalen kognitiven Leistung beruht, ist Kunst. Das Handeln des A ist ein schlichter Kommunikationsakt.

4. Die Tätigkeit ist nach dem offenen Kunstbegriff als Kunst anzusehen.

Nein, das trifft nicht zu!

Auch das Vorliegen von Kunst nach dem offenen Kunstbegriff ist hier zu verneinen. Aus einem tiefgründigen Gespräch können sich zwar verschiedene Denkansätze ergeben. Diese sind jedoch in der Regel auf konkrete Personen und Situationen bezogen. Eine fortgesetzte Interpretation des Gesprächs mit weiterreichenden Bedeutungen ist nicht gegeben. Vielmehr spricht hier alles dafür, dass A im öffentlichen Straßenraum lediglich eine Dienstleistung anbieten will.

5. Damit fällt die von A beabsichtigte Tätigkeit unter keinen der drei Kunstbegriffe.

Ja!

So hat es der VGH Mannheim - überzeugend - in der diesem Fall zugrunde liegenden Entscheidung gesehen. Das von A beabsichtigte Kartenlegen erfüllt damit keinen der drei Kunstbegriffe, sodass A keine Kunst im Sinne der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG) ausübt. Somit kann es sich auch nicht um Straßenkunst handeln. Die von A beabsichtigte Nutzung der öffentlichen Straße ist eine erlaubnispflichtige Sondernutzung (§ 16 Abs. 1 S. 1 BWStrG).Es handelt sich hierbei letztlich um einen Grenzfall. Mit entsprechender Argumentation kann im Ergebnis auch angenommen werden, dass es sich um Kunst handele.
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