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Haftungsmaßstab für unterlassene Hilfeleistung beim Tischtennis-Training
Haftungsmaßstab für unterlassene Hilfeleistung beim Tischtennis-Training
19. April 2025
9 Kommentare
4,7 ★ (16.861 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der 15-jährige K besucht ein vom TT e.V. veranstaltetes Tischtennistraining, zu dem der TT e.V. den K über dessen Tischtennisclub eingeladen hatte. Beim Training kollabiert K und läuft blau an. Der vom TT e.V. engagierte Trainer T ruft erst nach 20 Minuten den Notarzt. K trägt deshalb bleibende Schäden davon.
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Einordnung des Falls
Haftungsmaßstab für unterlassene Hilfeleistung beim Tischtennis-Training
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 11 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld. Am günstigen ist es für ihn, wenn er vertragliche Ansprüche hat.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. K hat einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen den TT e.V., wenn die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB erfüllt sind.
Ja!
3. Da der TT e.V. den K nur indirekt über dessen Tischtennisclub eingeladen hat, scheidet ein vertragliches Schuldverhältnis zwischen dem TT e.V. und K aus.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Der TT e.V. war kraft des Trainingsvertrages verpflichtet, K schnellstmöglich Notfallhilfe zukommen zu lassen.
Ja, in der Tat!
5. Der TT e.V. hat seine Pflicht, Erste Hilfe für K zu gewährleisten, verletzt und die Pflichtverletzung auch zu vertreten.
Ja!
6. K hat gegen den TT e.V. einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
Genau, so ist das!
7. K hat auch gegen T einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
8. In Betracht kommt aber ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB. T hat die Gesundheit des K verletzt.
Ja!
9. Hinsichtlich des Verschuldens gilt für T aber das Haftungsprivileg des § 680 BGB. Er müsste also grob fahrlässig gehandelt haben.
Nein, das ist nicht der Fall!
10. § 680 BGB ist aber analog auf den deliktischen Verschuldensmaßstab des T anwendbar.
Nein, das trifft nicht zu!
11. K kann auch von T Schadensersatz verlangen.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Der Paragraf
26.11.2021, 12:52:32
Liebes Team, man könnte noch präzisieren, dass über den Wortlaut des § 278 S. 1 BGB dem Verein hier nicht nur das Verschulden des T, sondern auch schon die
Pflichtverletzungzuzurechnen ist, da „Verschulden“ insofern nicht im technischen Sinne zu verstehen ist. LG
Der Paragraf
26.11.2021, 12:54:14
* hinaus

Lukas_Mengestu
26.11.2021, 13:44:04
Danke Paragraf, das haben wir mit aufgenommen :)
Daaz
16.12.2021, 19:46:53
Kann K ggü T einen Schadenersatzanspruch aus 280 I, 241 II BGB iVm Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter geltend machen? Zwischen T und e.V kann ja ein SV angenommen werden, in das K eingezogen wird oder? Danke im Voraus

Lukas_Mengestu
17.12.2021, 08:52:39
Hallo Daaz, vielen Dank für die Frage :-) Die Voraussetzungen für die Anwendung des Vertrages für Schutzwirkung Dritter sind: (1)
LEistungsnähe, (2)
Gläubigernähe, (3)Erkennbarkeit und (4) Schutzbedürftigkeit (Merkhilfe: LEGES). Die Schutzbedürftigkeit besteht indes nur, wenn keine anderen gleichwertigen vertraglichen Ansprüche bestehen. Jedenfalls diese Voraussetzung fehlt hier, da K ja gegen den TT e.V. einen vertraglichen Anspruch hat. Deswegen ist der
Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritterhier nicht anwendbar. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Jdhdheue
16.5.2023, 10:02:25
Der Fall lief übrigens im Oktober 2022 in Niedersachsen. :)

Lukas_Mengestu
16.5.2023, 10:51:06
Super, lieben Dank für den Hinweis! Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
David.
31.8.2023, 20:53:40
T müsste doch eigentlich auch
Verrichtungsgehilfesein oder? Dann müsste § 831 ja auch zumindest angeprüft werden
Speckner
2.3.2025, 11:16:37
Hallo David, die Prüfung von §
831 BGBist eine gute Idee. §
831 BGBist (anders als
§ 278 BGB) ein eigene Anspruchsgrundlage.
Verrichtungsgehilfeist derjenige, der mit Wissen und Wollen für den Geschäftsherrn in dessen Interesse tätig wird und weisungsgebunden ist. Kennzeichnend für den
Verrichtungsgehilfen ist dabei, dass er in den Organisationsbereich des Geschäftsherrn eingegliedert ist. Bereits das könnte nach dem SV fraglich sein, da nicht ganz klar ist, inwiefern der T den Weisungen des V unterliegt (würde ich hier aber wohl noch bejahen) und ob er in den Organisationsbereich eingegliedert ist, da es sich nur um eine (einmalige) Veranstaltung handelt. Der Verein könnte sich ggf. aber auch exkulpieren indem er vorträgt, bei der Auswahl und der Überwachung des
Verrichtungsgehilfen
die im Verkehr erforderliche Sorgfalt(§ 276 Abs. 2 BGB) angewandt zu haben. Zumindest dazu finden sich im SV derzeit keine genaueren Angaben. LG