Zivilrecht

Examensrelevante Rechtsprechung ZR

Entscheidungen von 2020

Einzuhaltende Frist zur Leistung vor Rücktritt vom Kaufvertrag

Einzuhaltende Frist zur Leistung vor Rücktritt vom Kaufvertrag

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

V verkauft K einen Pkw für €9.000. K leistet eine Anzahlung (€2.000). Den Abholtermin am 08.07. will K verlegen. V setzt K eine Frist bis zum 11.07. K reagiert nicht. Am 13.07. erklärt V den Rücktritt. Am 18.07. verkauft V den Pkw für €7.000 an D. V verlangt Schadensersatz. K klagt auf Rückzahlung der Anzahlung.

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Einordnung des Falls

Einzuhaltende Frist zur Leistung vor Rücktritt vom Kaufvertrag

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V könnte wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten sein.

Ja, in der Tat!

Für einen wirksamen Rücktritt nach § 323 BGB müssen folgende Voraussetzungen vorliegen: (1) Zustandekommen eines wirksamen Vertrages; (2) Rücktrittserklärung (§ 349 BGB); (3) Pflichtverletzung; (4) erfolgslose angemessene Fristsetzung zur Leistung oder Nacherfüllung, § 323 Abs. 1 BGB, oder Entbehrlichkeit der Fristsetzung, § 323 Abs. 2 BGB; (5) keine unerhebliche Pflichtverletzung, § 323 Abs. 5 S. 2 BGB; (6) kein Ausschluss des Rücktritts, §§ 323 Abs. 6, 218 BGB.
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2. Es liegt eine Pflichtverletzung der K vor.

Ja!

§ 323 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt. Nach § 433 Abs. 2 BGB ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen. K hat der V nicht den vollen Kaufpreis gezahlt, auch den Pkw holte sie nicht ab. Damit hat sie ihre kaufvertraglichen Pflichten verletzt.

3. V hat K für den Rücktritt eine angemessene Frist gesetzt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Für einen wirksamen Rücktritt bedarf es der erfolglosen angemessenen Fristsetzung zur Leistung, § 323 Abs. 1 BGB. Die Angemessenheit bestimmt sich nach dem jeweiligen Einzelfall. Die Frist ist angemessen in diesem Sinne,wenn sie so bemessen ist, dass der Schuldner seine Pflicht erfüllen kann. Erweist sich die Fristsetzung als zu kurz, setzt sie eine angemessene Frist in Gang. V hat K nur eine 3-tägige Frist gesetzt. Dies ist unangemessen kurz, weil nicht zu erwarten ist, dass K die Leistung innerhalb von drei Tagen bewirken kann. Vs Fristsetzung hat allerdings eine angemessene Frist in Gang gesetzt. Im zugrunde liegenden Fall hatte der BGH auch eine zehntägige Frist noch als zu kurz erachtet. Eine Frist von 14 Tagen wäre allerdings wohl angemessen gewesen.

4. Vs Rücktrittserklärung erfolgte vor Ablauf der angemessenen Frist. Ihre Rücktrittserklärung war daher unwirksam.

Ja, in der Tat!

Für einen wirksamen Rücktritt bedarf es der erfolglosen angemessenen Fristsetzung zur Leistung (§ 323 Abs. 1 BGB). V hat K eine unangemessen kurze Frist gesetzt. Damit wurde zwar eine angemessene Frist in Gang gesetzt. Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der V am 13.07.16 war diese (neue) Frist jedoch noch nicht abgelaufen. Die Fristsetzung war auch nicht entbehrlich (§ 323 Abs. 2 BGB). Es lag auch keine Ausnahme nach § 323 Abs. 4 BGB vor. Damit ist V nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.

5. V fordert von K zudem Schadensersatz (§§ 280 Abs. 1, 3, 281). Deshalb steht K ein Anspruch auf Rückforderung ihrer Anzahlung aus §§ 346, 281 Abs. 5 BGB zu, ohne dass es darauf ankäme, dass Vs Schadensersatzforderung berechtigt ist.

Nein!

BGH: Ein auf Schadensersatz gerichtetes Verlangen führe nach § 281 Abs. 4 und 5 BGB nicht für sich genommen zum Erlöschen des Erfüllungsanspruchs (§ 281 Abs. 4 BGB) sowie zum Entstehen eines Rückforderungsrechts des Schuldners (§ 281 Abs. 5 BGB). Nach Systematik und Telos regele § 281 Abs. 4 und 5 BGB Rechtsfolgen eines Schadenersatzverlangens. Die Rechtswirkungen von § 281 Abs. 4 und 5 träten nur ein, wenn die Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 bis 3 BGB vorliegen. Damit setzen § 281 Abs. 4 und 5 BGB die Berechtigung des Schadensersatzverlangens voraus. V hat von K Schadensersatz verlangt. Dies berechtigt K aber nur dann sich auf einen Rückforderungsanspruch bzgl. der geleisteten Anzahlung aus §§ 346, 281 Abs. 5 BGB zu berufen, wenn Vs Schadensersatzforderung berechtigt war.

6. Die materiellen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des V (§§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB) liegen vor und ein berechtigtes Schadensersatzverlangen des V ist damit gegeben.

Nein, das ist nicht der Fall!

Schadenersatz statt der Leistung kann verlangt werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: (1) Schuldverhältnis, (2) Nichtleistung/Schlechtleistung einer fälligen und durchsetzbaren Leistungspflicht, (3) erfolgslose angemessene Frist oder Entbehrlichkeit (§ 281 Abs. 2 BGB), (4) Vertretenmüssen. Es fehlt an dem fruchtlosen Ablauf einer angemessenen Frist zur Leistung. Die zu kurze Frist setzte zwar eine angemessene Frist in Gang. Den Ablauf der angemessenen Frist hat V aber nicht abgewartet, er verkaufte vielmehr den Pkw an D. K hat daher keinen Anspruch auf die Rückzahlung aus §§ 346 Abs. 1, 281 Abs. 5 BGB.

7. K kann die Anzahlung aus § 346 Abs. 1 BGB zurückverlangen, wenn sie ihrerseits wirksam zurückgetreten ist. Liegt in der Klage auf Rückgewähr der Anzahlung eine konkludente Rücktrittserklärung der K vor?

Ja, in der Tat!

Eine Rücktrittserklärung nach § 349 BGB kann auch konkludent erfolgen. Entscheidend ist, dass in der Erklärung der Wille zum Ausdruck kommt, dass die beiderseitigen Leistungspflichten gegenstandslos und das gegebenenfalls bereits Geleistete rückabgewickelt werden sollen. In der Rückforderung der bereits getätigten Anzahlung im Wege der Klage ist eine konkludente Rücktrittserklärung zu sehen. § 508 S. 5 BGB regelt explizit für den Unternehmer den konkludenten Rücktritt bei Teilzahlungsgeschäften. Hier erklärt aber nicht der Unternehmer konkludent den Rücktritt und es liegt auch kein Teilzahlungsgeschäft vor, sodass die Norm hier nicht zum tragen kommt.

8. Es fehlt an den Rücktrittsvoraussetzungen, da K dem V keine Frist zur Rückzahlung der Anzahlung gesetzt hat (§ 323 Abs. 1 BGB).

Nein!

Nach § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist die grundsätzlich erforderliche Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen werde. V verkaufte den Pkw an D und hat von K (unberechtigt) Schadensersatz statt der Leistung gefordert. Daraus ergibt sich, dass V unter keinen Umständen mehr bereit zur Übereignung und Übergabe des Pkw war und sich endgültig von ihren vertraglichen Pflichten lossagen wollte. V hat die Leistung damit endgültig und ernsthaft verweigert.

9. K hat einen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung (€2.000) aus §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1 und 2 BGB.

Genau, so ist das!

Voraussetzung für einen Anspruch aus §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1 und 2 BGB ist ein wirksamer Rücktritt. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1 und 2 BGB, da K (nicht V!) wirksam vom Vertrag zurückgetreten ist. Es lag eine (konkludente) Rücktrittserklärung der K vor. V hat die ihr obliegende Leistung (Übereignung und Übergabe des Pkw) trotz Fälligkeit nicht erbracht und eine Fristsetzung seitens K war entbehrlich. Die wesentliche Herausforderung dieses Falles liegt im Perspektivwechsel: Hier kommen für die Entstehung eines Rückgewährschuldverhältnisses zugunsten K verschiedene Anknüpfungspunkte in Betracht, und zwar sowohl von Seiten V als auch von Seiten K.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SAUFE

Saufen_Fetzt

7.1.2023, 15:08:15

Zwei kleine Anmerkungen: (1) so wie der Fall hier dargestellt ist, ist die Angemessenheit der Frist nicht bewertbar/nachvollziehbar. Wenn der BGH meinen sollte, dass eine

angemessene Frist

immer 2 Wochen beträgt, geht das mE contra legem. (2) wie würde man das dann bei der (wohl häufiger vorkommenden) Aufforderung, binnen 3 Tagen einen neuen Abholtermin vorzuschlagen (wann auch immer der dann sein mag), aussehen? mE wurde das dann eher nicht reichen, um eine

Fristsetzung

anzunehmen, da *die Kommunikation hinsichtlich der Abholung* eher eine Nebenpflicht ist?

ASA

asanzseg

26.2.2023, 14:39:25

@[Saufen_Fetzt](393) ich glaube man kann schon (auch bei diesen knappen Sachverhaltsangaben) sagen dass 3 Tage um einer Haupt!!leistungspflicht nachzukommen unangemessen kurz ist. Zu der Zweiten Frage würde ich dir zustimmen, die Aussage einen Abholtermin vorzuschlagen kann nicht so ausgelegt werden, dass nach Ablauf dieser Frist ein Rücktritt oder SE begehrt wird!

SAUFE

Saufen_Fetzt

26.2.2023, 15:03:17

@[asanzseg](206214) Das ist so pauschal auf jeden Fall immernoch falsch. Es kommt auf den Einzelfall an, die Interesse der Parteien und den Aufwand der für die Nacherfüllung zu veranstalten ist (dafür habe ich gerade keine Quelle zur Hand, aber denke mal das ist common sense; aufpassen, dass man argumentationstechnisch nicht ungewollt im

Fixgeschäft

landet!). Wenn ich meiner Nachbarin (Tür an Tür im selben Haus) eine Pfanne verkaufe und wir vereinbaren, ich bringe sie „heute Abend“, muss sie mir, wenn ich denn nicht liefere, keine 2 Wochen Frist setzen, obwohl ich eine Haupt!!!pflicht verletze. IE kann man bei dem Autofall hier bestimmt auch sagen, dass 3 Tage nach den (nach der Falldarstellung hier unbekannten) Umständen des Einzelfalles zu kurz sind; dennoch erscheint es mir kaum vorstellbar, dass bei einer Abwägung der Umstände, die im Fall eines Kfz Verkaufs *üblicherweise* (Ausnahmen vorbehalten!) so auftreten (—> hohes Interesse des Verkäufers an zeitiger Abholung [zB Platz in der Garage für seinen neuen Benz] vs regelmässig geringer Aufwand des Käufers für die Abholung [zB mit Taxi/Bahn hinfahren, Schlüssel entgegennehmen, einsteigen, losfahren]), die Angemessenheit einer 2 Wochen Frist rauskommt.

ASA

asanzseg

5.3.2023, 21:21:14

@[Saufen_Fetzt](393) gutes Beispiel und guter Punkt!

GI

GingerCharme

16.5.2023, 09:18:47

Ich stimme zu, dass eine Einzelfallentscheidung getroffen werden muss - da mir der BGH aber als "Weltmeister" der Einzelfallentscheidungen bekannt ist (es verbietet sich jede schematische Lösung als Standardformulierung), denke ich, dass dieser eher nicht pauschal auf bestimmte Tagesanzaglen festgelegt ist. Vorliegend sind 3 Tage jedoch mMn in jedem Falle zu kurz - K bat um Verlegung, zeigte also an, eine baldige Abholung sei nicht möglich. Je nachdem zu welcher Tageszeit und auf welchem Wege die Erklärungen erfolgten und ob es Werktage waren, sprechen wir vielleicht von noch weniger Zeit. Ich glaube ich würde es mir in der Klausur leichter machen und in einer etwas komplexeren Situation als in dem Pfannenbeispiel, hier klar die Unangemessenheit der Frist annehmen, diese wird zumindest vertretbar sein, wenn der Sachverhalt nicht nur eine Sichtweise durch Angaben indiziert.

JO

JohnDoer

6.3.2023, 12:16:48

Hätte man die

Entbehrlichkeit der Fristsetzung

auch über §

326 V

begründen können, da nach der Rechtsprechung die Veräußerung und

Übereignung

die Unmöglichkeit indiziert, soweit K einen Anspruch hierauf stützt?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

21.3.2023, 16:54:42

Hallo JohnDoer, danke für deine Frage. Dies ist richtig und entspricht der Rechtsprechung des BGH. Allerdings geht der Entbehrlichkeitsgrund dem der sich auf eine reine Indikation stützt vor. Zudem ist letztere davon abhängig, ob es sich um einen Gattungs- oder Stückkauf handelt. Zu dieser Frage enthält der Sachverhalt zu wenig Informationen um eine abschließende Beurteilung abgeben zu können. In der Klausur gäbe es wohl deutlichere Hinweise darauf, dass es auf diesen Entbehrlichkeitsgrund ankommen soll. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

LENS

LENS

25.10.2023, 16:22:57

Richtig habt ihr geschrieben, dass die Rücktrittserklärung auch konkludent erfolgen kann. Jedoch habt ihr leider den Bezug zu 508 S.5 BGB vergessen/übersehen. Auch wenn dieser hier im Ergebnis nicht passt (Der Verbraucher, nicht der Unternehmer wie bei 508 erklärt konkludent den Rücktritt), sollte dieser wichtige Verweis ggf. kurz angemerkt werden. LG

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.10.2023, 10:52:10

Hallo LENS, tatsächlich spielt der § 508 S. 5 BGB wie du auch ansprichst hier keine Rolle. Hier hat eben nicht der Unternehmer den Rücktritt konkludiert erklärt. Wir haben aber dennoch einen Vertiefungshinweis ergänzt. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

FJE

Friedrich-Schiller-Universität Jena

28.10.2023, 06:24:06

Liebes Jura-Fuchs Team, die

Fristsetzung

war doch für V entbehrlich gemäß § 323 II Nr. 2 BGB, da doch ein Abholtermin bestimmt war und K dadurch in Gläubigerverzug geriet!?

SE.

se.si.sc

28.10.2023, 08:01:46

Halte ich für kaum vertretbar. Nehmen wir einfach mal an, dass K tatsächlich in Gläubigerverzug gerät, weil er den Abholtermin verlegen will (halte ich nicht für offensichtlich, spielt hier aber keine Rolle): Das alleine reicht iRv § 323 II Nr 2 BGB nicht. Es muss vielmehr ein

relatives Fixgeschäft

vorliegen, dh V muss ein besonderes, über die "normale" Rechtzeitigkeit der Leistung hinausgehendes Interesse daran haben, dass pünktlich gezahlt wird (die Norm spricht von "wesentlich"). In der Praxis dürfte Kunden so gut wie immer eine Zahlungsfrist durch Mitteilung eines konkreten Datums gesetzt werden. Das allein kann für § 323 II Nr 2 BGB also nicht ausreichen, wie auch der insoweit eindeutige

Wortlaut

sagt, sonst wäre die

Fristsetzung

quasi durchgehend entbehrlich. Besondere Gründe dafür, warum wir hier einen Fall der "Wesentlichkeit" nach § 323 II Nr 2 BGB annehmen sollten, ergeben sich aus der Sachverhaltsdarstellung nicht (zu solchen Kriterien zB MüKo-BGB, § 323 Rn 122.

LELEE

Leo Lee

28.10.2023, 15:00:26

Hallo Friedrich-Schiller-Universität Jena, in der Tat könnte man zunächst meinen, die

Fristsetzung

sei entbehrlich, da ein Abholtermin immerhin vereinbart wurde und damit ein konkreter Zeitpunkt feststand. Beachte allerdings, dass es hier nicht nur um einen Schadensersatz wegen Verzögerung (gem. 286), sondern um einen Rücktritt bzw. SE statt der Leistung geht. Beide Varianten haben die endgültige Abstandnahme vom Vertrag als Resultat (d.h., der Vertrag wird zu Fall gebracht). Und für solch „krassen“ Maßnahmen ist es erforderlich, dass eine

angemessene Frist

gesetzt wird. Erst wenn diese Frist verstrichen ist (also der Gegner nicht leistet, obwohl er eine Chance zur zweiten Andienung erhalten hat), kann man endgültig sich vom Vertrag lösen und entweder zurücktreten oder den SE statt der Leistung fordern. Vorliegend wollte der V gerade den Rücktritt und nicht nur den Verzögerungsschaden (der in diesem Fall in der Tat gegeben wäre, da eine Mahnung – nicht verwechseln mit der Frist – in der Tat entbehrlich war gem. 286 II 2 Nr. 1, aus dem von dir genannten Grund). Deshalb muss er – um den Vertrag „zu Fall“ zu bringen – eine

angemessene Frist

setzen, GERADE weil der K hier den vereinbarten Zeitpunkt versäumt hat. Wenn jetzt der K nochmal die Frist versäumt (wir gehen mal davon aus, dass die

angemessene Frist

am 22. Endet), dann muss der V in der Tat diesmal nicht weiter eine Frist setzen, da in diesem Fall eine Frist tats. entbehrlich wäre. Summa summarum – beim „ersten Verschulden ist noch eine

Fristsetzung

nötig, soweit der Erklärende bezweckt, endgültig vom Vertrag zurückzutreten. Will er hingegen nur einen Verzögerungsschaden geltend machen (was hier nicht der Fall war), dann ist in der Tat nur der vereinbarte Zeitpunkt wichtig. § 323 II Nr. 2 BGB wäre jedoch dann gegeben – wie se.si.sc zutreffend anmerkt – wenn ein sog. rel.

Fixgeschäft

vorliegen würde. Dann müsste jedoch der V davor klargemacht haben, dass der Zeitpunkt der Leistung so wichtig ist, dass der Vertrag damit stehen und fallen soll. Eine solche Bedeutung ist allerdings dem Fall nicht zu entnehmen. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Ernst § 323 Rn. 117 ff. empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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