Referendariat: Prozessrecht & Klausurtypen

Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Begründetheit I: Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen

Eröffnungsbeschluss - Wirksamkeit trotz fehlender Unterschrift einer Richterin (Amtsgericht)

Eröffnungsbeschluss - Wirksamkeit trotz fehlender Unterschrift einer Richterin (Amtsgericht)

1. Juni 2025

4 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird vor dem Amtsgericht Bad Homburg - Strafrichterin - verurteilt. Ihr wird ein mit “Eröffnungsbeschluss” überschriebenes und ausgefülltes, aber nicht unterschriebenes Formularblatt zugestellt. In der Sprungrevision rügt sie das Fehlen eines Eröffnungsbeschlusses.

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Einordnung des Falls

Eröffnungsbeschluss - Wirksamkeit trotz fehlender Unterschrift einer Richterin (Amtsgericht)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die h.M. hält vor den Amtsgerichten die Unterschrift für eine zwingende Voraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses.

Nein, das trifft nicht zu!

Die h.M. differenziert nicht zwischen Amts- und Landgerichten und sieht eine fehlende Unterschrift lediglich als Indiz dafür an, dass das Gericht mit dem Schriftstück nicht abschließend die Eröffnung der Hauptverhandlung erklärt. Ergibt sich dieser Wille des Gerichts allerdings aus den Umständen, sei der Eröffnungsbeschluss sowohl vor dem Amts- als auch dem Landgericht wirksam ergangen.Für diese Auffassung spricht vor allem, dass das Gesetz zwischen der Schriftlichkeit und der Unterschrift unterscheidet, indem es in verschiedenen Regelungen eine Unterschrift besonders vorschreibt (vgl. § 275 Abs. 2, § 172 Abs. 3 StPO).
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2. Nach einer teilweise vertretenen Ansicht ist vor dem Amtsgericht der Eröffnungsbeschluss immer unwirksam, wenn er nicht unterschrieben ist.

Ja!

Das OLG Frankfurt hatte in dem hier zugrundeliegenden Fall die Ansicht vertreten, dass das Fehlen der Unterschrift vor dem Amtsgericht immer zur Unwirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses führe und erachtete die Revision deshalb als begründet. Erst mit der Unterschrift stehe fest, dass der Inhalt vom Aussteller autorisiert sei. Bis dahin befinde sich das Schriftstück noch in der Phase des Entwurfs. Ohne die Unterschrift könne - auch anhand der Umstände - nicht sicher festgestellt werden, dass das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zulassen wolle.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

HAMD

Hamdi

10.5.2024, 09:52:44

Und das ist beim LG anders?

EN

Entenpulli

29.7.2024, 08:42:55

"Diese Differenzierung zwischen amtsgerichtlichen und landgerichtlichen Eröffnungsbeschlüssen überzeugt nicht" (OLG Frankfurt,

Beschluss

vom 28. Mai 1991 – 1 Ss 43/91 –, Rn. 18, juris) Das zu Grunde liegende Urteil hätte demnach wohl auch bei einem LG so entschieden

SPA

sparfüchsin

27.5.2025, 15:46:27

Ich würde die Differenzierung danach machen, ob festgestellt werden kann, dass der

Eröffnungsbeschluss

trotz fehlender Unterschrift mit Wissen und Wollen des Richters in die Welt gelangt ist. Wenn die Richter das bestätigen (egal ob einer oder drei), dann ist die fehlende Unterschrift egal. Wenn man das nicht feststellen kann, dann muss man von der Unwirksamkeit ausgehen.

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

3.5.2025, 07:27:13

Heißt das im Umkehrschluss, dass das Schriftformerfordernis im Zivilrecht "strenger" ist als im Strafrecht, weil im Zivilrecht Schriftform immer eine "eigenhändige Namensunterschrift" erfordert, § 126 BGB?


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